Ein neuer Internet-Auftritt bietet die Möglichkeit, die eigene Sichtbarkeit kostengünstig zu erhöhen - wenn einige Aspekte für die Suchmaschinenoptimierung beachtet werden.
Von Nils Sandfort, Managing Director der UDG United Digital Group in Köln
Von Zeit zu Zeit steht eine Überarbeitung des Webauftritts an. Berücksichtigt man dabei die Anforderungen der Suchmaschinen, kann ein Unternehmen sein Ranking deutlich verbessern. Und es muss Maßnahmen für die Suchmaschinenoptimierung (Search Engine Optimization, SEO) nicht nachträglich implementieren. Unter dem Begriff "Relaunch" wird die umfassende Überarbeitung oder Neugestaltung von Webauftritten verstanden. Unterschieden werden hier folgende Varianten, die häufig kombiniert werden:
- Redesign
- Neustrukturierung von Inhalten
- Technische Überarbeitung
- Umzug auf eine neue Domain
- Zusammenführung von Inhalten auf
- einer Domain
- Splitten von Inhalten auf mehrere
- Domains
Jede Relaunch-Variante bringt ihre eigenen unterschiedliche Chancen und Risiken in Bezug auf die Bewertung des Auftritts durch Suchmaschinen mit.
Redesign: Neue Optik
Einer der häufigsten Gründe für einen Relaunch ist, dass Design und Nutzerführung nicht mehr in die heutige Zeit und zu den aktuellen Bildschirmgrößen passen. Gleichzeitig überarbeitet Google seine Ranking-Kriterien laufend und bewertet inzwischen viel mehr als nur im Content verwendete Suchbegriffe, semantische Zusammenhänge oder die Anzahl an Backlinks. Auch die Zufriedenheit des Users mit der Handhabung der Webseite spielt beim Ranking eine wichtige Rolle.
Die Usability einer Seite erfasst Google unter anderem anhand der Back-to-SERP-Rate. SERP steht für Search Engine Results Page, die Back-to-SERP-Rate ist für den Webmaster als Absprungrate in Webanalyse-Tools nachvollziehbar. Doch auch andere Signale wie visuelle Analysen der gerenderten Seiten oder eine Analyse der im Webbrowser Chrome erhobenen Daten zum Nutzerverhalten liefern wertvolle Usability-Hinweise.
Eine Optimierung für die Smartphone-Nutzung ist inzwischen Pflicht. Im April 2015 und im Mai 2016 hat Google seinen Algorithmus verändert mit dem ausdrücklichen Ziel, bessere mobile Suchergebnisse zu liefern. Dennoch sind viele Webseiten bis heute noch nicht für mobile Endgeräte optimiert. Mit der Verwendung von Responsive Webdesign wird eine Seite auf allen (mobilen) Bildschirmen optimal dargestellt, das führt auch in der Google-Suche auf mobilen Geräten zu besseren Platzierungen.
Risiko: Bei einem Redesign gering, sofern SEO-Grundregeln beachtet werden.
Neue Inhalte und Navigation
Doch nicht nur ein veraltetes Layout und eine mäßige Usability können Antrieb für einen Relaunch sein. Auch der Inhalt in Form von Texten oder die Struktur von Inhalten sind häufig nicht mehr auf dem aktuellen Stand. Webseiten-Texte werden gestrichen, neu verfasst, erweitert oder anders strukturiert. Einzelne Seiten werden inhaltlich zusammengefasst, andere Inhalte werden auf mehrere Seiten verteilt, um den Content attraktiver zu präsentieren. Bestehende Inhalte finden in einer anderen Rubrik ihren neuen Platz. Die Nutzerführung wird überarbeitet.
Dabei entstehen neue Seiten oder es werden Seiten innerhalb der URL-Struktur verschoben. Kurz: Die Navigation zu den einzelnen Seiten verändert sich, weil Inhalte umgestaltet werden, aber auch weil Links wegfallen oder neu gesetzt werden. Dies birgt Chancen und Gefahren zugleich: Google stuft qualitativ überarbeitete Inhalte häufig als wertvoll ein, was zu positiven Effekten bei Sichtbarkeit und organischem Traffic führen kann. Es kann aber auch das Gegenteil eintreten. Wenn von der Suchmaschine zuvor geschätzte Inhalte sich stark verändern, kann die Neubewertung zu einer schlechteren Platzierung führen.
Auch aus technischer Sicht ist eine solche Überarbeitung kritisch. URLs, die Bekanntheit bei Google gewonnen haben und ein historisch gewachsenes und gefestigtes Vertrauen durch die Suchmaschine genießen, werden aufgelöst und durch neue URLs ersetzt, bei denen dieses Vertrauen erst erarbeitet werden muss. Weiterleitungen mit dem HTTP-Statuscode 301 ("Dauerhaft verschoben") können zwar dafür sorgen, dass ein Teil des alten Vertrauens übertragen wird, dennoch muss wegen der Neubewertung von URLs, des Contents und der internen Verlinkung auch bei fast identischen Textinhalten mit Veränderungen in den Rankings gerechnet werden.
Hingegen kann eine klare Optimierung der Nutzerführung - etwa durch barrierefreie Programmierung - ein Signal für Google sein, dass eine Webseite ihren Besuchern ein gutes Nutzererlebnis bietet.
Risiko: Bei einer inhaltlichen Neustrukturierung wird der Content von Google und anderen Suchmaschinen erst mit tieferen Crawls der geänderten Struktur neu erfasst und bewertet. Mit einer allgemeinen Sichtbarkeitsveränderung in den Suchmaschinen sollte daher auf jeden Fall gerechnet werden.
Technische Überarbeitung
Ein technischer Grund für einen Relaunch ist häufig der Wechsel des Content-Management- oder des Shop-Systems. Beides bringt oft massive Veränderungen der Struktur des HTML-Quelltextes, im Layout und in den Möglichkeiten der Content-Darstellung mit sich. Zudem ist eine Anpassung der URL-Struktur unausweichlich. Diese Art von Relaunch zählt zu den umfangreichsten, da nahezu gleichzeitig an allen Stellen gearbeitet wird. Der Wechsel der im Hintergrund arbeitenden Technik kommt einem totalen Abriss und kompletten Wiederaufbau der Webseite gleich.
Aus SEO-Sicht steckt hier viel Potenzial für generelle Verbesserungen der technischen Infrastruktur: wie eine verbesserte Server-Performance, die Beseitigung von veralteten oder überflüssigen Skripten und Datenbankaufrufen sowie ein insgesamt schlankerer Quellcode. Der Auftritt kann nun durch die Suchmaschinen-Bots einfacher gecrawlt werden.
Risiko: Ein wichtiger Aspekt, der vielfach vergessen wird, sind die Weiterleitungen der alten, nach dem Relaunch nicht mehr existierenden URLs auf die durch das neue System erzeugten URLs. Dies ist tatsächlich der häufigste Grund für massive Ranking-Verluste.
Umzug auf neue Domain
Veränderungen in Unternehmen können dazu führen, dass eine bestehende Webseite auf eine neue Domain überführt werden muss. Bleiben Inhalte und Struktur identisch, sind Aufwand und Auswirkungen bei einer optimalen Umsetzung gering. Google gibt Webseitenbetreibern über die Search Console die Möglichkeit, den Umzug anzukündigen und liefert zudem Hilfestellung. Die Einrichtung von passgenauen Weiterleitungen mit dem Statuscode 301 auf die neue Domain, gepaart mit der Ankündigung des Umzugs bei Google, sollte die Sichtbarkeit in den Suchdiensten nicht verändern.
Risiko: Bleibt es bei diesem Eins-zu-eins-Wechsel der Webseite unter Beibehaltung der Strukturen und aller Inhalte, sind die Risiken relativ gering, solange man an die korrekte Weiterleitung der alten Webseite per 301 denkt.
Domains zusammenführen
Sollen unterschiedliche Webseiten auf einer Domain zusammengeführt werden, hängt die Auswirkung auf das Ranking stark von den Inhalten ab.
Fügt man mehrere themenverwandte Webseiten zusammen, die bisher keine Relevanz bei den Suchdiensten sowie für die Besucherzahl erreicht haben, können die Inhalte auf der neuen Domain gepaart mit den weiteren Inhalten plötzlich für Google und Co durchaus eine höhere Ranking-Relevanz erreichen. Die gebündelten Kräfte ergänzen sich und können stärker in den Suchmaschinen punkten.
Die Ranking-Relevanz kann hingegen verwässert werden, wenn man Inhalte zusammenfügt, die ein sehr breites Spektrum abdecken und die ohne direkte Artverwandtschaft eine wesentlich breitere Zielgruppe ansprechen. Der Grund: Google kann das Hauptthema des Auftritts nicht mehr sauber erkennen und verwerten. Das Konzept einer Webseite muss also klar vor dem Relaunch geplant, irrelevante Inhalte müssen vor der Zusammenführung eliminiert werden.
Risiko: Werden Webseiten mit unterschiedlichen Inhalten auf einer Domain kombiniert, kann sich die Bewertung durch Google für die einzelnen Seiten verschlechtern. Bereits erreichte Rankings der zusammenzuführenden Domains werden nicht automatisch an die zukünftige Domain übertragen.
Splitten von Inhalten
Ob die Aufteilung von Inhalten auf mehrere Domains sinnvoll ist, hängt von deren Inhalten und Zielgruppen ab. So kann zum Beispiel eine Trennung von B2B- und B2C-Inhalten die Relevanz der jeweiligen Webseite für ihren Themenschwerpunkt erhöhen. Die Erwartungen der Zielgruppe werden besser erfüllt und die Absprungrate insgesamt gesenkt, was seitens der Suchdienste als Faktor berücksichtigt wird. Dennoch kann die Reduzierung - jede Domain bekommt ja insgesamt weniger Inhalte als zuvor auf einer Domain gebündelt waren - auch zu Sichtbarkeitsverlusten führen.
Riskant ist hingegen die pauschale Reduzierung von Inhalten. Zum einem ändert sich die von den Suchdiensten berechnete Ranking-Relevanz der wichtigsten Inhalte, zum anderen fallen Rankings im Longtail-Bereich weg, die vorher unter Umständen wertvolle Besucher auf den eigenen Auftritt aufmerksam gemacht haben.
Risiko: Eine Verringerung des Contents birgt immer die Gefahr von Sichtbarkeitsverlusten.
Im zweiten Teil der Serie dreht sich alles um Onpage- wie auch Offpage-Maßnahmen.