
Die Fußball WM ist ein attraktives Umfeld für Werbung. Die Rechte dafür werden durch die FIFA strikt geregelt. Doch auch abseits davon gibt es Raum für Werbemaßnahmen.
Bundesliga, DFB-Pokal und Champions League steuern gerade ihrem Finale entgegen, da nimmt das nächste Fußball-Großereignis Konturen an. Am 14. Juni wird in Moskau das erste Spiel der Fußball-WM angepfiffen - mit der Partie Russland gegen Saudi-Arabien. Anschließend folgen über 60 Spiele, bis am 15. Juli das Finale ausgetragen wird.
Parallel zur steigenden Fußball-Fieberkurve starten die ersten Unternehmen ihre WM-Kampagnen. Soeben schob beispielsweise Otto eine Digital-Kampagne an, in der das Multimedia-Sortiment des Online-Händlers beworben wird. E-Commerce-Anbieter wie Notebooksbilliger.de fragen ihre Newsletter-Abonnenten, ob sie für die WM bereits gerüstet sind oder beispielsweise noch einen Beamer benötigen. Edeka zeigt in seiner Werbung Kunden in Deutschland-Trikots, die sich mit Grillfleisch eindecken. Und Samsung verspricht allen Kunden, die noch vor der WM einen neuen Fernseher kaufen, ein Sechs-Monate-Gratisticket für Sky.
WM bietet Werbungtreibenden eine große Bühne
Die Liste der Unternehmen, die in ihrer Werbung Bezug zur Fußball-WM nehmen, ist lang und wird mit jedem Tag länger. Ob Konzerne oder kleinere Mittelständler: Sie alle wollen vom Hype um das weltweit größte Sportspektakel profitieren. "Das Großereignis weckt die Emotionen von Milliarden Menschen", sagt Corc Uysal, Chef der Agentur Interactive One, Erlangen. "Dies bietet Werbungtreibenden eine große Bühne, die sie nutzen sollten."
Allerdings ist auch Vorsicht angebracht, wenn man im Windschatten der Fußball-WM seine Kampagnen fährt. Der Welt-Fußballverband, die FIFA, ist Ausrichter der WM in Russland und Inhaber aller Rechte, die einen offiziellen Bezug zu dem Großereignis aufweisen.
Geht es um Medien-, Marketing-, Lizenz- oder Ticketingrechte für die größte Teamsportveranstaltung der Welt, muss man diese bei der FIFA erwerben. Oder, anders ausgedrückt: Kein Unternehmen darf von der FIFA geschützte Begriffe, Zeichen oder Bilder wie beispielsweise das offizielle Maskottchen oder den Pokal benutzen, ohne die dafür notwendigen Rechte erworben zu haben. "Der Verkauf von T-Shirts mit dem Wolf Zabivaka ist nicht gestattet, wenn der Händler dafür keine Lizenz erworben hat", betont Svenja Hartmann, Expertin für Wettbewerbsrecht bei der IHK München und Oberbayern. "Ebenfalls darf der offizielle FIFA-Spielplan nicht nachgedruckt werden" (siehe Interview).
Die FIFA achtet genau auf Einhaltung der Rechte
Der Weltfußballverband hat mit rund einem Dutzend finanzstarken Unternehmen umfangreiche Rechtepakete ausgehandelt. Die Erwerber dürfen in ihrer Kommunikation als offizielle Partner und Sponsoren auftreten, unter ihnen Schwergewichte wie Adidas, Coca-Cola oder Mc Donald’s. Da sie Millionensummen an die FIFA überweisen, wacht diese auch mit Argusaugen darüber, dass ihre Rechte nicht verletzt werden. "Die Inhaberin der kommerziellen Rechte setzt ihre Spielregeln auch abseits des Rasens rigoros durch", sagt Corc Uysal. In einem 30-seitigen Papier der FIFA heißt es hierzu: "Unternehmen, die keine Geschäftspartner sind, dürfen keine Werbetätigkeiten ausüben, die zu einer unangemessenen wirtschaftlichen Assoziation mit der Veranstaltung bzw. der FIFA führen könnten."
Andererseits aber will auch die FIFA, dass möglichst viele Menschen das Event feiern. Und das gelingt nur, wenn auch möglichst viele Unternehmen und Markenartikler dem Fußballrausch verfallen. Es ist genau diese Lücke, in der Otto, Notebooksbilliger, Edeka, Samsung und zahllose andere ihre Werbeauftritte realisieren, indem sie mit der Fußballversessenheit der Deutschen arbeiten, ohne aber offizielle Symbole zu verwenden oder sich sonst irgendwie als offizieller Kooperationspartner aufzuspielen.
Fan-Grills verkaufen oder -Rabatte einräumen
Kommunikative Möglichkeiten für dieses sogenannte "Ambush-Marketing" gibt es reichlich. So kann angekündigt werden, für den Zeitraum der WM die Preise zu senken, oder für jedes geschossene Tor der Nationalelf können Rabatte gewährt, "Fan"-Grills verkauft sowie andere Party-Sets als Aktion beworben werden. Im E-Mail-Marketing kann zudem Bezug auf das Sportspektakel genommen werden. "Der Hype um die runde Kugel bietet zahlreiche Chancen", sagt Uysal. "Mit der Segmentierung einer Zielgruppe lässt sich für den Versand nahezu jedes Produkt im Kontext der Fußball-Weltmeisterschaft effektiv bewerben."
Die Frage ist nur, ob der Zug nicht längst abgefahren ist? Ob man als kleineres Unternehmen von der Faszination der WM noch profitieren kann, obwohl bislang noch nichts vorbereitet ist?
Tatsächlich gibt es zahlreiche Anbieter, die Kommunikationstools mit WM-Bezug entwickelt haben, die man noch kurzfristig einsetzen kann. Die Agentur Trendview in Koblenz etwa hat einen interaktiven Chatbot entwickelt, der sich als Plug-in auf der Website oder im Chat des Facebook-Auftritts einbinden lässt. Darüber werden die User zur Interaktion aufgefordert, wobei verschiedene Anwendungen möglich sind: ein WM-Quiz, ein Elfmeterschießen, eine Freundecouch, Matchinfos oder die Fußball-Weisheit des Tages. "Für die Implementierung einer dieser Standardvarianten ist noch genügend Zeit", sagt Geschäftsführer Dennis Mittelmann. "Auch eine dazugehörige Landing Page ist in drei bis vier Stunden erstellt."
Tipprunden rechtzeitig starten
Andere Anbieter wie Netzlabor, Kr3m.media, White Cube oder Kicktipp bieten Variationen von WM-Tippspielen an, mit denen sich Unternehmen werblich in Szene setzen können. Die Spiele sind bereits vorkonfiguriert, sodass die Firmen sofort loslegen können. Allzu viel Zeit sollte man sich damit dann allerdings auch nicht mehr lassen. "Starten Sie Ihre Tipprunde rechtzeitig, also mindestens drei Wochen vor dem ersten WM-Spiel", rät man beispielsweise bei Kicktipp.
Allerdings ist bei so einem Schnellschuss noch Aufklärungsarbeit nötig. "Gerade der Mittelstand ist sich manchmal nicht im Klaren, was rechtlich zulässig ist und was nicht", sagt Mittelmann. Dazu passt, dass die IHK München und Oberbayern rät, jede Werbemaßnahme zur Fußball WM im Vorfeld juristisch überprüfen zu lassen - so viel Zeit sollte auf jeden Fall sein.
"Die Fallstricke sind schwer zu erkennen"
Ein Interview mit Svenja Hartmann, Expertin für Wettbewerbsrecht bei der IHK München und Oberbayern. Sie warnt davor, Werbung mit Bezug auf die WM auf die leichte Schulter zu nehmen.
Wenn ein Unternehmen die kommende Fußball-WM werblich nutzen will: Auf was muss es in jedem Fall achten?
Svenja Hartmann: Drei Punkte sind wesentlich. Erstens darf es keine von der FIFA geschützten Begriffe, Zeichen, Bilder benutzen, sodass die Schutzrechte nicht verletzt werden. Zweitens darf das Unternehmen nicht wie ein offizieller Sponsor auftreten beziehungsweise handeln. Und drittens muss es sich beim Public Viewing an die Vorgaben der FIFA halten und - falls erforderlich - die nötige Lizenz dafür einholen.
Welche Werbung wäre zulässig?
Hartmann: Folgende Formulierungen sind gestattet:
"Das Fußballfieber steigt, die Preise fallen: 20 Prozent auf alles während der WM. "
"Russische Wochen: Für den Zeitraum der Fußballweltmeisterschaft senken wir die Preise für alle Sportartikel um 20 Prozent“"
"Für jedes geschossene Tor der deutschen Nationalelf erhalten Sie ein Prozent Rabatt auf unser gesamtes Sortiment"
"Fan-Wurst für 2,50 Euro"
"Fan-Rabatt auf alle Hosen"
"Weltmeister-Produkt"
"Während der WM gibt es bei dem Kauf von drei Paar Schuhen eines umsonst"
Ebenfalls erlaubt sind allgemein gehaltene Werbeaussagen, die das Thema Fußball aufgreifen wie zum Beispiel "Fußball in Russland", oder Schaufenstergestaltung mit der russischen Fahne, Fußball-Schaufensterpuppen, Bällen, Toren. Aber Achtung! Die Schaufensterdekoration muss immer ohne die offiziellen FIFA-Symbole erfolgen.
Welche Werbung stellt einen Verstoß dar?
Hartmann: Ein Fußball, auf dem der offizielle Pokal abgebildet ist oder FIFA-Merchandising-Produkte haben im Schaufenster nichts zu suchen und sind absolut tabu. Ebenfalls ist der Verkauf von T-Shirts mit dem Wolf "Zabivaka" nicht gestattet, wenn der Händler dafür keine Lizenz erworben hat. Auch die Formulierung eines Werbetextes wie zum Beispiel "Heute auf unseren FIFA Fußball-Weltmeisterschaft Russland 2018™- Fernseher 20 Prozent Rabatt!" ist untersagt. Ebenfalls darf der offizielle FIFA-Spielplan nicht nachgedruckt werden. Hinweise auf FIFA-Partner und -Sponsoren, zum Beispiel durch Verwendung des Logos von Coca-Cola oder McDonald’s, sind ebenfalls nicht zulässig.
Was meinen Sie, sollte vor dem Start einer Kampagne ein Jurist hinzugezogen werden?
Hartmann: Die Zulässigkeit jeder Werbekampagne ist eine Frage des Einzelfalls. Da die Fallstricke des Marken- und Urheberrechts mitunter schwer zu erkennen sind und die FIFA ihre Rechte rigoros verfolgt und durchsetzt, empfehlen wir grundsätzlich die juristische Überprüfung der Zulässigkeit einer geplanten Werbemaßnahme durch einen auf das Wettbewerbsrecht und Marken-/Kennzeichenrecht spezialisierten Rechtsanwalt. Andernfalls kann die Kampagne gegebenenfalls teuer werden, da Abmahnung oder Schadensersatzforderungen drohen.