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Was stationäre Möbelhäuser online machen
Sonstiges 11.12.2013
Sonstiges 11.12.2013

Der Möbelmarkt im Internet Was stationäre Möbelhäuser online machen

Die Anzahl der stationären Möbelhändler ist schier unfassbar. Die Zahl derjenigen, die auch im Web Möbel und Einrichtungsgegenstände verkaufen, ist dagegen schon überschaubarer. Die Fachzeitschrift "Möbelkultur" hat 180 Online-Möbelhändler in Deutschland gezählt. Wer da als stationärer Anbieter keine Internet-Strategie hat, könnte bald den Anschluss verlieren. Doch die Händler werden zunehmend aktiv, allen voran Ikea.

Wer nach stationären Anbietern und Filialisten sucht, die im Online-Möbelhandel aktiv sind, kommt vermutlich schnell auf ein schwedisches Unternehmen. Nicht umsonst weist die Studie "Möbelhandel Online 2013" Ikea als Online Top Möbelhändler in Deutschland aus. Umso bemerkenswerter ist es, dass auch dieser vermeintliche Vorzeigemöbelverkäufer im Internet gerade mit dem Online-Kanal seine liebe Mühe hat - zumindest oder besser sogar nach eigener Ansicht.

Bei der Präsentation des vergangenen Jahresabschlusses (bis 31. August 2013) stellte Peter Betzel, Chef von Ikea Deutschland, in Aussicht: Der Online-Anteil solle "in den nächsten Jahren" auf bis zu zehn Prozent ansteigen. Derzeit bringt dieser Kanal lediglich 92 Millionen Euro - rund 2,5 Prozent des Umsatzes. Allerdings entspricht das einer Steigerung um 26,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, weshalb Betzel hervorhob: "Das ist ein wachsender Markt, an den wir glauben."

Ikeas Maßnahmen für den Online-Handel

Glauben allein genügt freilich nicht, Ikea versucht auch, den Online-Handel mit diversen Maßnahmen voranzutreiben. Unter anderem ist bereits das Online-Sortiment erweitert worden und enthalte nun 7.200 von 9.500 in den Häusern feilgebotenen Artikeln, so Betzel. Neben einem besseren Zugang zum Webshop habe man auch die Lieferpauschale gesenkt. Gleichwohl müsse es für die Kunden immer der billigste Weg bleiben, im Einrichtungshaus die Waren abzuholen und dann selbst aufzubauen: "Unsere Besucher sollen keine Nachteile haben." Ab Ende 2014 soll dann sogar das gesamte Sortiment im Netz erhältlich sein, so Betzel auf dem Handelskongress.

Bereits im Herbst 2013 testete Ikea in einer achtwöchigen Werbeaktion in Schweden eine Plattform, über die Kunden gebrauchte Ikea-Möbel verkaufen können. 50 ausgewählte Kunden durften ihre Waren dort vertreiben. Sie wurden von der schwedischen Werbeagentur SMFB gecastet. Ziel der Aktion war es, Kunden zum Weiterverkauf der Möbel zu aktivieren, statt sie zu entsorgen. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: Binnen kürzester Zeit waren alle Teile verkauft.

Und der Katalog ist tot, es lebe der Katalog, hieß es bei Ikea schon Mitte 2012: Während in Deutschland die klassischen Versender ihre Druckwerke reihenweise aus Kostengründen aufgaben, motzte Möbelhändler Ikea seinen neuesten Katalog mithilfe einer App und Augmented Reality auf. Kunden, die sich die Ikea-App aufs Smartphone oder Tablet laden, können sich damit im Katalog Videos auf die mobilen Bildschirme holen oder sich in dreidimensionalen Küchen- und Wohnzimmereinrichtungen verlieren. „Es wäre doch verrückt, ein Magazin mit einer Auflage von 211 Millionen Kopien einzustampfen“, argumentiert Linus Karlsson, der oberste Kreative bei der Agentur McCann, die Ikeas App-Ideen umsetzte.

Auch andere Anbieter sind aktiv

Natürlich ist Ikea nicht der einzige Anbieter aus dem stationären Möbelhandel, der online präsent ist und seine Aktivitäten forciert - zumindest inzwischen. Im Oktober 2013 hat beispielsweise der Möbelhändler Kare24 einen eigenen Markenshop auf eBay eröffnet. Nutzer des Portals finden dort etwa 3.000 Artikel aus dem gesamten Sortiment, von Esstischen bis zu kristallverzierten Cocktailsesseln. Außerdem bietet Kare24 über den Markenshop eine Auswahl von beliebten Artikeln zeitlich begrenzt und in limitierter Auflage zu Sonderpreisen an.

Das Möbelunternehmen, das vor 31 Jahren als Regalladen in München gegründet wurde, hat sechs Läden in München und ist in über 50 Markenshops sowie mehreren Shop-in-Shops in deutschen Möbelhäusern und Designboutiquen vertreten. Zudem betreibt das Unternehmen einen eigenen Webshop. Um die eigene Reichweite zu erhöhen und noch bekannter zu werden, setzt Kare24 nun auch auf eBay: "Für Marken wird es immer wichtiger, sich dort zu präsentieren, wo ihre Hauptzielgruppe offen für Inspiration und Interaktion ist", erklärte Dominic Asche, Mitglied der Geschäftsleitung. "eBay hat sich zu einem Online-Marktplatz gewandelt, den Menschen nicht nur für Alltagseinkäufe nutzen, sondern vor allem auch, um sich inspirieren zu lassen. Daneben bietet die große Reichweite der Plattform uns besseren Zugang zu Home-and-Garden-affinen Nutzern."

Ihren ersten eigenen Webshop haben im Herbst 2013 zudem Segmüller und die XXXL Möbelhäuser gelauncht.

Immer mehr eigene Shops gehen online

Ebenfalls im Oktober 2013 haben auch die XXXL Möbelhäuser einen eigenen Webshop unter xxxlshop.de gestartet. Im Sortiment sind gut 20.000 Artikel zu den Themen Wohnen und Einrichten, die deutschlandweit ausgeliefert werden. Das Online-Angebot ist eng mit den 27 stationären Einrichtungshäusern verknüpft. Während der neue Webshop vor allem zur Orientierung und ersten Information für die Kunden geeignet sei, könnten Kunden in den stationären Einrichtungshäusern zusätzlich eine fachliche Beratung in Anspruch nehmen, so Helmut Götz, Mitglied der Geschäftsführung der XXXL Möbelhäuser Deutschland.

"Die Kunden können aber auch den umgekehrten Weg gehen: Sie schauen sich zuerst im Möbelhaus um, lassen sich dort beraten und schließen den Einkauf online ab", so Götz. Käufer können zwischen dem teureren XXXL-Service wählen, mit dem sie die gelieferte Ware auch montiert bekommen, und der preisgünstigeren Lieferung per Post oder Spedition. Das Online-Angebot solle künftig schrittweise ausgebaut werden. Die XXXL Unternehmensgruppe betreibt 206 Einrichtungshäuser in neun europäischen Ländern. Darunter sind Marken wie XXXLutz, XXXL Neubert oder XXXL Hiendl.

Einen ersten eigenen Webshop hat nun auch Segmüller zu bieten. Unter der Domain daheim.de eröffnete der Möbelhändler Anfang August 2013 einen Shop rund ums Wohnen und Einrichten. Zum Start waren 3.600 Produkte im Sortiment, das vom Bett bis zur Blumenvase reicht. Wartezeiten soll es nicht geben, alle gelisteten Artikel sind sofort lieferbar.

Für Segmüller verspricht die Domain des neuen Webshops neben dem Eindruck von Behaglichkeit noch einen weiteren Vorteil: "Unter einem neuen Namen können wir leichter etwas ausprobieren, ohne auf die Assoziationen zur Stamm-Marke festgelegt zu werden", sagte E-Commerce-Leiter Patrik Holtz. Allen, die den Möbelhändler kennen - und das sind vor allem jene Menschen, die südlich des Mains leben - soll der Zusatz "von Segmüller" Vertrautheit vermitteln.

Ein Mittelständler macht Online

Ein ganz ähnliches Konzept fährt seit Oktober 2013 das mittelständische Einrichtungshaus Opti Wohnwelt, das nun auch online mit dem Webshop ruumz vertreten ist. Die ruumz GmbH in Würzburg beschäftigte zum Start 15 Mitarbeiter, die sich um Shop- und Artikelpflege sowie das Service-Center und die Auftragsabwicklung kümmern. Das Lager für die rund 4.000 Artikel, die ruumz anbietet, befindet sich bei Opti Wohnwelt in Suhl und erstreckt sich über 5.000 Quadratmeter Fläche.

Mit dem neuen Webshop will der Möbelhändler Inspiration und Lifestyle für die verschiedensten Wohntrends liefern. Kunden können die aktuellen Möbeltrends sowohl bei Opti Wohnwelt in Schweinfurt und Backnang in extra eingerichteten Shops vor Ort, als auch online auf sich wirken lassen. Gekauft werden die Möbel ebenfalls wahlweise im Einrichtungshaus oder online.

Außerdem stellen die Möbeleinkäufer laufend aktuelle Trends rund ums Thema Einrichten in verschiedenen Stilrichtungen von "Natürlich" über "Puristisch" bis hin zu "Romantisch" in der integrierten Community vor."Alles in allem eine perfekte Verbindung zwischen stationärem Handel und Online-Welt, zwischen Opti Wohnwelt und ruumz", so Oliver Föst, Geschäftsführer von Opti und Initiator von ruumz.

Butlers arbeitet am Multichannel-Konzept

Der Möbel- und Wohnaccessoire-Händler Butlers hat in Berlin einen Showroom eröffnet, in dem die Produkte wie im Katalog inszeniert werden. Ziel ist es, den Online- und Offline-Kanal zu verbinden. Wenn ein Internet-Nutzer auf der Webseite des Shops eine Beratung wünscht, führt ihn seit Juli 2013 ein mit Headset und Videokamera ausgerüsteter Mitarbeiter durch den Laden - und zeigt ihm nicht nur das Möbelstück von allen Seiten, sondern präsentiert auch dessen Funktionen. Auch ein klassisches Verkaufsgespräch ist übers Web möglich. Eine clevere Idee, die dazu führen könnte, sowohl die Zahl der Bestellungen zu erhöhen als auch die Retourenquote zu verringern.

E-Commerce betreibt die Möbel- und Lifestyle-Kette bereits seit 2007. Im Webshop können Kunden seit März 2013 nicht nur Einrichtungsgegenstände, sondern auch Genussscheine von Butlers erwerben und sich so vier Prozent Zinsen pro Jahr sichern. Investitionen sind in 100-Euro-Schritten möglich, insgesamt zehn Millionen Euro will der Mittelständler so einsammeln. Die Einlagen sind Firmenangaben zufolge nur verloren, sollte das Unternehmen Insolvenz anmelden. Der Finanzdienstleister hinter der Aktion ist die European Bank for Fund Services.

Die Maxime hinter all den Aktivitäten: Künden dürften niemals spüren, wie komplex der Online-Möbelhandel ist, findet Butlers-Chef Jörg Arndt. Im Interview mit INTERNET WORLD Business erklärt er, weshalb ihm das wichtig ist und warin das Erfolgsrezept seines Online-Handels besteht.

Clevere Aktionen wie die von Butlers sind - neben einem eigenen Webshop - für stationäre Möbelhändler immer wichtiger. Denn nicht nur die Konkurrenz durch Online Pure Player im Möbelmarkt macht ihnen zu schaffen, auch die Handelskonzerne entdecken den Online-Möbelmarkt für sich. Tengelmann, Rewe und Plus beispielsweise sind bereits aktiv.

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