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Sonstiges 08.08.2012
Sonstiges 08.08.2012

Pro und Contra bargeldlose Bezahlung: Gerrit Heinemann gegen Robert A. Wieland Wird der Geldbeutel überflüssig?

Bildquelle: Elnur / Fotolia

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Zwei Experten, zwei Meinungen: Robert A. Wieland, Geschäftsführer der TNS Infratest GmbH, und Gerrit Heinemann, Professor für BWL, Management und Handel, und Leiter des eWeb-Research-Centers der Hochschule Niederrhein diskutieren, ob das Smartphone die Geldbörse ersetzen wird und Münzen bald nur noch Sammlerobjekte sind. 

Pro: Unsere mobilen Begleiter sind die Geldbörsen von morgen
Gerrit Heinemann, Professor für BWL, Management und Handel, Leiter eWeb-Research-Center Hochschule Niederrhein

Das Mobile Device kann nicht nur das Bargeld, sondern die ganze Geldbörse ersetzen. In ferner Zukunft werden wir den größten Teil der Zahlungen darüber tätigen, egal, ob wir im Ladengeschäft oder rein virtuell shoppen.

Die Art der digitalen Bezahlung wird sich in Zukunft radikal verändern. In Verbindung mit der NFC-Technologie werden Smartphones die Kreditkarten im großen Stil ersetzen. Bei jedem Einkauf wird der Kunde entscheiden können, welche Kredit-, Bank-, Kundenkarten oder Gutscheine er über sein Smartphone nutzen möchte - wie beim klassischen Portemonnaie, nur platzsparender. Damit wird die digitale Bezahlung Kunden einen schnelleren und flexibleren Einkauf ermöglichen. Dank weltweit einheitlicher Technologien werden Verbraucher auch im Ausland schnell und unkompliziert digital einkaufen können, ohne vorher eine Wechselstube aufsuchen zu müssen.

Die Weiterentwicklung biometrischer Systeme wird die digitale Bezahlung insgesamt sicherer machen. Kunden werden sich bei jeder Zahlung per Fingerabdruck identifizieren müssen und können damit gleichzeitig ihr Mobilfunkgerät vor fremden Zugriffen schützen. Die persönliche Identifikation mit dem Smartphone wird dadurch noch wachsen, es wird zu unserem wichtigsten Begleiter im Alltag werden.

Jüngere Zielgruppen und sogenannte Digital Natives werden schneller und umfassender neue digitale Zahlungssysteme nutzen. Proportional zu ihrem Heranwachsen wird sich der Anteil klassischer Bezahlungsarten kontinuierlich verringern. In ferner Zukunft wird niemand mehr wissen, was Bargeld ist.

Diese Entwicklung wird wirtschaftliche Auswirkungen haben. Eine spannende Frage ist in diesem Zusammenhang, wer in Zukunft die Rolle der Finanzdienstleister übernehmen wird. Momentan zeichnet sich ab, dass Mobilfunkanbieter in diesem Bereich an Bedeutung gewinnen werden – und damit auch unsere Smartphones.

Contra: Konsumenten werden auch in Zukunft noch bar zahlen wollen

Robert A. Wieland, Geschäftsführer TNS Infratest GmbH

Unsere Art zu bezahlen wird sich in den kommenden Jahren grundlegend verändern. Der Handel wird sich verstärkt dem Wunsch der Verbraucher nach zunehmender Flexibilität anpassen. Bereits heute ist die Bezahlung per Smartphone und kontaktlos per Karte möglich. In zehn Jahren wird es normal sein, im Einzelhandel und im Restaurant per Mobiltelefon mit weltweit einheitlicher Technologie zu bezahlen.

Dabei wird das Bargeld jedoch nicht gänzlich verschwinden, und zwar aus drei Gründen: Zum einen schätzen Verbraucher einen flexiblen und unkomplizierten Einkauf. Für viele ist das Bezahlen mit Münzen und Scheinen noch einfacher als mit Geldkarte oder Handy, vor allem ist der Käufer damit unabhängig von seinem Mobilfunkgerät. Zweitens spielen Spontaneität und Emotionen beim Einkauf eine große Rolle. Deshalb dominieren physische Zahlungsmittel wie Geld oder Kreditkarten sowohl beim Online- als auch beim Offlinekauf. Das wird auch in der Zukunft so sein, denn E- und Mobile-Commerce-Angebote bieten nur sehr eingeschränkte Sinneswahrnehmungen. Der Käufer aber wird auch in Zukunft Wert auf das reale Erleben des Einkaufs legen. 

Der dritte Grund ist der Sicherheitsaspekt: Das bargeldlose Bezahlen ist in Deutschland insgesamt noch viel weniger akzeptiert als in anderen Nationen. Dies hängt damit zusammen, dass die Deutschen technischen Neuerungen gegenüber zurückhaltender sind als andere Nationen. Das hat erst kürzlich wieder die „Zukunftsstudie Münchner Kreis“ belegt:  Schweden, Brasilianer, Chinesen oder Südkoreaner sind viel offener in Bezug auf unterschiedliche mobile Applikationen und auch eher bereit, für Sicherheit etwas zu bezahlen. Solange das nicht der Fall ist, ermöglicht Bargeld  einen anonymeren und sichereren Konsum.

Schrittweise wird sich die Bezahlweise verändern, aber eben nicht so radikal wie die Technik es erlauben würde. Das Tempo steuern die Verbraucher.

Weitere Ergebnisse zur Studie und der Frage, wie wir 2020 einkaufen werden, finden Sie hier.

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