
Mathias Reinhardt, Managing Partner bei UDG United Digital Group
Mathias Reinhardt, Managing Partner bei UDG United Digital Group
Durch neue Methoden wie Scrum oder verzahnte Projektorganisationen ist die Zusammenarbeit zwischen Agentur und Kunden enger geworden, ohne dass sich die Teams deshalb am gleichen Ort befinden. Wie lassen sich solche Projekte effizient durchführen?
Die Zusammenarbeit zwischen Agentur und Kunden verändert sich. Agile Methoden wie zum Beispiel Scrum oder Design Thinking heben die traditionelle Rollenverteilung auf, kurze Entwicklungszyklen erfordern die Abstimmung in regelmäßigen Abständen. Im besten Fall verschmelzen ursprünglich getrennte Einheiten für ein Projekt zu einem Team, die Grenzen zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber verschwimmen.
Doch zur inhaltlichen Nähe kommt ein zweiter Faktor: die räumliche Entfernung. Nur selten arbeiten alle Beteiligten am gleichen Ort, da die Mitarbeiter an verschiedenen Standorten und/oder zu unterschiedlichen Zeiten arbeiten. Selbst wenn der Dienstleister in Form einer Co-Location vor Ort an einem Kunden-Standort im Einsatz ist, sind die Kundenteams oftmals über mehrere Standorte verteilt. Diese Lücke füllen technische Tools. Videokonferenzen, Chats, digitale Whiteboards, Wikis, Projekträume, Ticketsysteme sind nur einige der digitalen Möglichkeiten, um eine virtuelle Zusammenarbeit zu ermöglichen. In der Theorie ist damit das Problem gelöst. Für jede Situation wird das passende Werkzeug gewählt und die Kooperation funktioniert ebenso reibungslos, als säßen alle Teammitglieder im gleichen Raum.

Die Realität sieht anders aus. Telefonkonferenzen mit Störgeräuschen und unklarer Aufmerksamkeit der Teilnehmer, halbherzige Screensharings mit Verbindungsabbrüchen und instabile Video-Konferenzen machen Meetings zu Peepshows, bei denen die einen gesehen werden und die anderen nicht. Ein weiteres Problem besteht darin, dass stimmstarke Kollegen zu Wort kommen, während andere gar nicht gehört werden.
Die technischen Unzulänglichkeiten müssen nachhaltig geklärt werden, damit die Nutzung der Tools Spaß macht. Dazu gehört die Funktionsfähigkeit der Infrastruktur ebenso wie eine konsequente Behebung immer wieder auftretender "Bugs". Das ist der erste und einfachste Schritt.
Welche Kommunikations-Werkzeuge für welche Zwecke?
Aus organisatorischer Sicht muss zu Beginn des Projektes festgelegt werden, welche Kommunikations-Werkzeuge für welche Zwecke eingesetzt werden. Für die Nutzung der vermeintlich "intuitiven" Tools müssen alle Teilnehmer explizit geschult werden, um den gleichen professionellen Umgang zu erreichen.
Durch diese Tools ändert sich auch die Kommunikationskultur: Für Mitarbeiter aus Kundenorganisationen, die sich intern auf Mailverkehr fokussieren, stellt die Zusammenarbeit in einem interaktiven Tool wie zum Beispiel JIRA eine Herausforderung dar, die nicht zu unterschätzen ist. Die Umstellung der Arbeitsweise von einer Sender/Empfänger-Philosophie auf eine interaktive Zusammenarbeit in strukturierten Informationen muss konsequent gemeinsam eingeübt werden, denn eine halbherzige Nutzung verschenkt das Potenzial für eine effektivere Zusammenarbeit. Ein virtuelles Meeting stellt besondere Anforderungen an Vorbereitung, Moderation und Durchführung, um alle Teilnehmer einzubinden.
Videokonferenzlösungen
Und nicht nur bei Meetings ist Umdenken gefordert: Auch bei allen anderen Entscheidungen müssen Team-Mitglieder, die an anderen Standorten sitzen, aktiv einbezogen werden, damit "aus den Augen" nicht automatisch "aus dem Sinn" bedeutet. Videokonferenzlösungen - ob am einzelnen Arbeitsplatz mit Skype und Co oder als Installation im Meetingraum - erlauben allen Teilnehmern und dem Moderator eine visuelle Interaktion. Und die gegenseitige Kontrolle, ob die Teilnehmer bei der Sache sind, wie sie eine reine Telefonkonferenz nicht bietet.
Kann die virtuelle Zusammenarbeit, wenn sie denn nur richtig aufgesetzt ist, persönliche Treffen ersetzen? In keinem Fall! Sie kann diese nur ergänzen. Ein intensives Kennenlernen der Teammitglieder zu Beginn des Projekts macht eine effektive Zusammenarbeit erst möglich. Und auch während des Projekts müssen Präsenzmeetings stattfinden, um den persönlichen Draht zwischen den Mitarbeiter zu stärken. Denn wenn keine positive Verbindung im Team besteht, können die Tools so gut sein, wie sie möchten: Die Zusammenarbeit wird nicht funktionieren.