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Sonstiges 28.06.2016
Sonstiges 28.06.2016

Expert Insights Smartwatches: Was ist da schiefgelaufen?

In der Theorie waren Smartwatches der ideale Begleiter für alle Aufgaben, für die man zuvor das Smartphone aus der Tasche ziehen musste. Doch was dann folgte, war eine große Ernüchterung.

Die Preise waren hoch, die Software unausgereift, die Funktionalitäten der Apps schwach und die Akkulaufzeit kurz - sehr kurz. Apple als Marktführer weigert sich bis heute beharrlich, Verkaufszahlen seiner Apple Watch zu veröffentlichen. Inzwischen kann man sogar schon beobachten, dass die Zahl neuer Apps für die Apple Watch und Android Wear Monat für Monat sinkt. Da ist also gehörig was schiefgelaufen.

Was antwortet man auf die Frage, ob die Anschaffung einer Smartwatch sinnvoll ist oder nicht? Die ehrlichste Antwort lautet wohl: Sie kann sinnvoll sein, wenn das Preis-/Leistungsverhältnis keine Bedeutung hat. Der Preis guter Smartwatches wie der Samsung Gear 2, Huawei Watch oder Apple Watch liegt oberhalb von 300 Euro und damit im Bereich eines guten Einsteiger-Smartphones.

Wirklich überzeugend?

Was also macht die Uhr besser als ein Smartphone, um einen solchen Preis zu rechtfertigen? Jetzt wird es schon knifflig. Klingen Features wie die Möglichkeit, häufig unwichtige Benachrichtigungen zu lesen, das Diktieren von SMS- und anderen Messenger-Nachrichten, die Steuerung des Musik-Players oder Schrittzählers wirklich so überzeugend?

Die zu erwartende Réplique wird eher lauten: Das kann das Smartphone doch auch. Aber kann es die Smartwatch besser? Eher nicht: Mit dem Smartphone lassen sich Messenger-Nachrichten auch direkt beantworten, umfangreichere Benachrichtigungen anzeigen und anhängige Apps direkt öffnen. Es können Web-Suchen angestoßen, Schritte gezählt und der Musik-Player gesteuert werden - und zwar deutlich komfortabler. Der einzige Nachteil ist die Tatsache, dass das Smartphone erst aus der Tasche gezogen werden muss.

Gibt es also gar keine Situationen, in denen sich eine Smartwatch als nützlich erweist? Doch, die gibt es. Es gibt die Momente, in denen Informationen am Handgelenk schneller und praktischer aufgenommen werden können. Aber solche Situationen entstehen eher zufällig und leider nicht mal jeden Tag. Und es handelt sich dann zumeist auch nicht um Funktionen, die für einen Großteil der Konsumenten interessant wäre.

Daher fällt es selbst Verfechtern von Smartwatches aktuell sichtlich schwer, einen allgemein gültigen Mehrwert zu benennen. Alle Versuche wirken recht konstruiert, was aber auch nicht schlimm ist. Smartwatches passen halt nicht zum Lifestyle und Workflow der Masse. Sie sind ein Nischenprodukt.

Allerdings befriedigt ein Nischenprodukt sicherlich nicht den Anspruch mit dem Apple und Google angetreten sind. Bei Smartphones lag der Mehrwert von Anfang an auf der Hand: Telefon, Multi-Plattform-Kommunikation, Online-Zugang und Video-Funktionalitäten wurden in nur einem Gerät vereinigt, das dazu noch in die Hosentasche passte. Zwar waren nicht alle Entwicklungen wie das Entstehen von Apps oder der Fokus auf Kameras absehbar, aber insgesamt hatte jeder eine Ahnung, was er da kaufen sollte.

Smartwatches hingegen bringen statt klaren Use Cases noch weiteren Verdruss: Sie sind ein weiteres Gerät, das tägliche Aufladung verlangt, ein weiteres Accessoire, das eine Smartphone-Verbindung fordert und eine weitere Quelle für fehlerhafte Software.

Keine Zukunft für intelligente Uhren?

Doch selbst wenn die Software fehlerfrei liefe, der Akku eine Woche hielte und die Bluetooth-Reichweite 100 Meter betrüge, fehlten Smartwatches weiterhin die Killer-Applikation. Wie könnte die überhaupt aussehen?

Der Funktionsumfang beider Geräte wird immer starke Überlappungen zeigen. Das Smartphone wird immer alle Funktionen ausführen, während Smartwatches nur Fragmente abbilden können. Kann es die Killer-Funktion überhaupt geben? Einige Leute setzen ihre Hoffnung auf Bezahlvorgänge mit der Smartwatch oder ganz neue Innovationen wie zum Beispiel die SkinTrack-Technologie, bei der die Haut zum Touchscreen wird. Aber kann so was ausreichen?

Wir werden es erleben. Der Markt steckt definitiv noch in den Kinderschuhen und es kann sich noch viel tun. Eventuell finden Google, Apple oder jemand anders noch die Killer-Applikation. Momentan darf man aber durchaus skeptisch sein.

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