
Marc Bohnes, Director of Campaigns Strategy und Evangelist bei optivo
Marc Bohnes, Director of Campaigns Strategy und Evangelist bei optivo
Viele Marketer nutzen Künstliche Intelligenz (KI) aktuell noch falsch, weil sie nicht verstehen, was sie kann und was nicht. Richtig eingesetzt kann KI ihnen aber sehr gut bei der datengetriebenen Kommunikation helfen.
Unter deutschen Marketern ist mittlerweile angekommen, dass datengetriebene Kommunikation keine Zukunftsvision ist, sondern heute schon zu ihrem Standardrepertoire gehören sollte. Viele Marketingprofis verzweifeln aber immer noch an der Auswertung der großen Datenmengen, die dafür erforderlich sind. Dabei steht Hilfe bei der Auswertung von Big Data schon in Form von Künstlicher Intelligenz (KI) bereit - doch die muss richtig eingesetzt werden. Viele Marketer nutzen KI aktuell noch falsch, weil sie nicht verstehen, was sie kann und was nicht.
Roboter außer Rand und Band? KI kann nicht alleine arbeiten
Auffällig in der Diskussion über KI: Fast alle reden darüber, welche Chancen die neue Technologie bietet, nach ihren Grenzen fragt kaum jemand. Und auch Fehlerquellen im Umgang mit KI sind eher selten Gesprächsthema. Viele Unternehmen denken scheinbar beim Stichwort KI an Science Fiction, in der die künstliche Intelligenz im Grunde wie ein Mensch agiert, nur leistungsfähiger. Das erklärt im Umkehrschluss auch die Angst, die vor allem unter deutschen Marketern umgeht, dass KI-Lösungen sie ersetzen werden. Dabei ist das überhaupt nicht der Fall: KI ist ein Werkzeug, ein Mittel zum Zweck und funktioniert nur, wenn ein Mensch sie einsetzt.
Der größte Fehler den Marketer deswegen auch machen, ist: Sie richten sich die automatisierte Prozesse und Filterregeln in ihrer Marketing Suite ein und lassen die KI einfach laufen. Dabei ist es wichtig, dass der Marketer immer wieder überprüft: Stimmen die generierten Daten plausibel mit anderen Erkenntnissen überein? Wenn die KI zum Beispiel besonders viele Klicks auf rote Schuhe registriert und dafür entsprechend automatisiert Werbung und andere Inhalte ausspielt, sich aber die blauen viel besser verkaufen, dann sollte an den Filterregeln geschraubt werden. Vorstellbar ist, dass die Seitenarchitektur dazu führt, dass die User über die roten Schuhe in den Bereich Schuhe kommen, sie aber gar kein Interesse an dieser Farbauswahl haben.
Gute Marketing Suiten, die KI-Lösungen beinhalten, versetzen deswegen den Nutzer auch jederzeit, also in Echtzeit, in die Lage, seine Maßnahmen und KPIs zu überprüfen. Er sieht auf einen Blick, welche Filterregel sich auszahlt und welche nicht. Und steuert dann gegebenenfalls nach.
Kreativität ist (immer noch) menschlich
Was KI auch nicht kann: Sie kann nicht auf unvorhergesehene Ereignisse reagieren. Klingt logisch, wobei aber viele Marketer denken, sie müssten keine oder nur noch selten Maßnahmen selbst planen, wenn die KI-Lösung erst eingerichtet ist. Ein Geburtstagsangebot kann die KI automatisiert ausspielen, wenn der Nutzer sein Geburtsdatum hinterlässt. Auch Ostern und Weihnachten sind vorhersehbar. Aber was ist, wenn ein neues Produkt eingeführt wird? Oder wenn ein einmaliges Ereignis eintritt? Machine Learning, der Kern hinter der KI-Lösung, findet hier seine Grenze, weil es vorher nichts zu lernen gab. Marketer müssen also weiterhin kreativ ihre Kampagnen planen. Die KI nimmt ihnen dabei nur die wiederkehrenden Arbeiten ab.
KI kann nicht alles - aber trotzdem eine ganze Menge
Nachdem jetzt geklärt wäre, was KI im Marketing nicht leisten kann, wird es an der Zeit, zu erwähnen, was sie kann: eine ganze Menge. KI wird dafür eingesetzt, um Automatismen auszuführen. Anhand von Filterregeln kann zum Beispiel festgelegt werden, dass, wenn ein Kunde ein Produkt anschaut, das nicht mehr auf Lager ist, das nächstteurere vorgeschlagen wird. Oder wenn ein Seitenbesucher zum zehnten Mal ein Produkt ansieht, ohne es zu kaufen, eine E-Mail mit Werbung für genau dieses Produkt in seinem Postfach landet.
Diese Automatismen lassen sich mittlerweile von vielen Marketing-Lösungen mehr oder weniger einfach von Marketern einrichten, ganz ohne Programmierkenntnisse. Doch das ist eigentlich noch keine KI. Der Sinn von KI ist, dass die Lösung mitlernt. Das Machine Learning, das häufig als Synonym von KI genutzt wird. Je mehr Daten die KI-Lösung über einen User sammelt, desto mehr Gesetzmäßigkeiten leitet sie über ihn ab. So merkt sich zum Beispiel die KI-Lösung in einem Kinderbedarfs-Shop, welches Geschlecht das Kind des Kunden hat. Über die gekauften Produkte leitet es das Alter ab und schlägt rechtzeitig, bevor das Kind zum Beispiel anfängt zu krabbeln, Steckdosensicherungen oder einen Laufstall vor.
Datenvisualisierung: Mit Daten Bilder malen
Damit wird die KI zum mächtigen Marketinginstrument, welches die Treffsicherheit der Maßnahmen extrem vergrößert. Doch auch hier kommt es irgendwann zum Problem der Überprüfbarkeit. Je besser und umfangreicher der Erfahrungsschatz von KI ist, desto schwieriger wird es für Marketer, diese im Blick zu behalten. Eine besondere Rolle kommt deswegen der Datenvisualisierung zu. Jeder Datenpunkt wird darin zu einer Unit zusammengefasst, die visuell zum Beispiel in Form von Grafiken aufbereitet wird. So werden für den Marketer unwichtige Daten, die in endlosen Data-Sheets üblicherweise für Verwirrung sorgen, ausgeschlossen.
Viele Unternehmen haben für ihre Datenvisualisierung eine separate Lösung aufgesetzt. Sie haben neben einer Marketing Suite meistens noch eine Business-Intelligence-Lösung im Einsatz. Mittlerweile gibt es aber auch Marketing Suiten, die Datenvisualisierung bereits integriert haben.
Auch bei der Datenvisualisierung gibt es Fehlerquellen wie allgemein beim Einsatz der KI-Lösung. Daten müssen auf Plausibilität überprüft werden und Marketer sollten nicht zum Übergeneralisieren neigen. Denn personalisierte Kommunikation geht möglichst genau auf den Kunden ein, um eine erfolgreiche Bindung zu schaffen.
Marketer machen sich mit KI noch wertvoller
Marketer sollten keine Angst vor KI-Lösungen haben. Die Kommunikationsbranche gilt unter Experten als eine der zukunftssichersten angesichts der fortschreitenden Digitalisierung. Programme sind nicht kreativ, die Aufgaben in der Kommunikation erfordern aber genau das. Das heißt aber nicht, dass es nicht eine Menge an Arbeitsschritten gibt, die der Marketer an die KI abgeben kann. Damit wird er erfolgreicher und produktiver - und das ist das Gegenteil von überflüssig.