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Carsten Brosda und Matthias Wahl
Sonstiges 29.01.2016
Sonstiges 29.01.2016

BVDW-Neujahrsempfang Saisonauftakt mit Bombe

BVDW-Präsident Matthias Wahl (r.) mit Carsten Brosda, Beauftragter des Hamburger Senats für Medien

BVDW

BVDW-Präsident Matthias Wahl (r.) mit Carsten Brosda, Beauftragter des Hamburger Senats für Medien

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Es sollte ein ganz normaler Neujahrsempfang werden, wie ihn der BVDW in jedem Jahr veranstaltet. Doch eine scharfe Fliegerbombe brachte das Programm durcheinander.

Der Termin hat Tradition. Bereits seit 2010 begrüßt der Bundesverband Digitale Wirtschaft im Januar seine Mitglieder und Freunde des Hauses im Business Club Hamburg zum Meinungsaustausch. Dass in diesem Jahr die Gäste deutlich schleppender in der schicken Villa an der Elbchaussee eintrudelten, hatte einen Grund: Eine 250-Kilo-Fliegerbombe aus dem 2. Weltkrieg war am Nachmittag im Stadtteil Eppendorf gefunden worden und drohte zu explodieren, ganze Straßenzüge mussten evakuiert werden. Die anschließende - letztlich erfolgreiche - Entschärfung stürzte die Hansestadt bis in den Abend in ein komplettes Verkehrschaos.

Nicht nur deshalb wurde allgemein positiv aufgenommen, dass BVDW-Präsident Matthias Wahl die Veranstaltung mit einer Rede eröffnete, die entschieden und dabei dennoch erfrischend kurz war. Wahl, im Hauptberuf Chef des Vermarkters OMS, stellte die gesellschaftlichen Aufgaben des Verbandes in den Vordergrund, vor allem bei der Gestaltung der Digitalisierung. Ein besonderes Anliegen ist dem Verband in diesem Zusammnehang die Gestaltung des Datenschutzes. Dieser "darf nicht zum Hemmschuh werden", forderte Wahl. Daten müsse man auch als Schatz sehen. Wahl forderte einen anderen Umgang mit diesem Thema. Allerdings sehen im Moment die Vorzeichen anders aus: Bei dem aktuell von der EU verabschiedeten Entwurf einer europäischen Datenschutzrichtlinie vermisst man Verfahren, die sich in Deutschland bewährt haben, an einigen Stellen vergeblich. Der Verband befürchtet eine Überregulierung der Branche.

Internet of Things ist wichtiges Thema

Ein weiteres wichtiges Thema des BVDW ist das Internet of Things. Auch hier will der Verband gesellschaftlich gestalten anstatt einfach auf Forderungen reagieren. Ob jedoch Themen wie Internet of Things und Industrie 4.0 vom BVDW vorangebracht werden oder ob hier nicht eher größere Verbände wie der Bitkom die Definitionshoheit erringen, wird die Zukunft zeigen.

Dieses Dilemma brachte der Gastredner des Abends, Carsten Brosda, spöttisch auf den Punkt. Brosda, der sich als Beauftragter des Hamburger Senats für Medien auch um Digitalisierungsprojekte der Hansestadt kümmert, bemerkte, dass man ja herkömmliche Industrieverbände wie den BDI auflösen könne, wenn der BVDW für alle Industrien sprechen wolle, die digital arbeiteten. Denn in Zukunft würde es kaum noch ein Unternehmen geben, das nicht digitalisiert sei.

"Digital first"

Anschließend gab der Jurist in einem Parforceritt durch alle möglichen Themen einen Überblick über die Herausforderungen, die sich öffentliche Verwaltungen bei der Digitalisierung stellen müssen. So würden heute in der Kommunikation mit dem Bürger oft analoge Prozesse digital nachgestellt - und damit viel zu kompliziert. Ein Beispiel: Wer in Hamburg einen Berechtigungsschein für eine Kinderbetreuung auf dem Amt abholt, der muss sich dort ausweisen. "Müssen wir wirklich im Netz dieselben Anforderung an eine Authentifizierung des Nutzers stellen?" fragte Brosda und gab zu bedenken, dass der Bürger nach Erhalt des Scheines ja irgendwann einmal mit seinem Kind in einer Betreuungseinrichtung erscheinen müsse. Ausweisen könne er sich dann ja immer noch. Bei der Gestaltung solcher Prozesse wolle die Verwaltung künftig "digital first" denken, versprach er.

Für die Probleme der Verbandsmitglieder aus der Internet-Wirtschaft signalisierte Brosda Verständnis. Gegen Dinge wie Adblocker müsse man gegebenenfalls gesetzgeberisch vorgehen, denn "man muss Inhalteproduktion auch finanzieren können."

In einem Punkt waren sich Politik und Verband zumindest an diesem Abend einig: Immer nur dagegen sein hilft nichts. Für seine Stadt wünschte sich Brosda, dass sie "nicht immer nur Technikfolgenabschätzung betreiben, sondern auch einfach mal an den Fortschrit glauben und sich auf ihn freuen sollte."

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