
Wir geben euch Einblicke in den Newsfeed-Algorithmus von Facebook
Wir geben euch Einblicke in den Newsfeed-Algorithmus von Facebook
Der Newsfeed-Algorithmus von Facebook - auch Edgerank genannt - entscheidet über die Zusammensetzung eurer Timeline. Wir zeigen euch, welche Faktoren Einfluss darauf haben.
Fundierte Informationen zum Facebook-Algorithmus "Edgerank" sind fast so spärlich gesät wie zum Google-Pendant. Nichtsdestotrotz ist das Interesse an Insights zum Ranking-Mechanismus des Sozialen Netzwerks ungebrochen groß. Das bewiesen zuletzt auch etliche Nutzerfragen, die im AMA zu Facebook-Werbung an Thomas Hutter gestellt worden sind.
Der Zweck des Newsfeed-Algorithmus
Vor dem Eintauchen in die Tiefen des Facebook-Algorithmus ist es wichtig, den Sinn und die Funktionsweise dahinter zu verstehen. Grundsätzlich geht es darum, jedem einzelnen User die interessantesten und besten Inhalte anzuzeigen. Da die Interessen eines jeden Facebook-Nutzers anders gelagert sind, braucht es den Algorithmus.
"Die Meldungen, die in deinen Neuigkeiten angezeigt werden, werden von deinen Verbindungen und Aktivitäten auf Facebook beeinflusst. Auf diese Weise siehst du mehr interessante Meldungen von Freunden, mit denen du am meisten interagierst", schreibt Facebook auf seiner Hilfsseite und fügt hinzu: "Außerdem kann die Anzahl der Kommentare und 'Gefällt mir'-Angaben bei einem Beitrag sowie die Art der Meldung (zum Beispiel: Foto, Video, Statusmeldung) dafür verantwortlich sein, welche Meldungen mit höherer Wahrscheinlichkeit in deinen Neuigkeiten angezeigt werden."
Ohne eine künstliche Vorsortierung würde der Nutzer vermutlich auch schnell den Überblick verlieren - ein Problem, mit dem auch Twitter derzeit zu kämpfen hat. Bei 400 Freunden und beispielsweise 30 gelikedten Unternehmensseiten würden Tag für Tag mehrere Tausend "Mitteilungen" im Newsstream erscheinen.
Die organische Reichweite eines Posts
Wer sich also bewusst macht, dass Nutzer nur "relevante" Inhalte sehen sollen - und das mit Faktoren wie Likes, Interaktionen oder Klick-Interaktions-Raten zusammenhängt - hat den ersten wichtigen Schritt gemacht.
Außerdem ist es wichtig zu wissen, dass die organische Reichweite von Facebook-Posts immer mehr zurückgeht. Schließlich verteilt jeder Nutzer ständig neue Likes und täglich werden weltweit Tausende neue Facebook-Seiten eröffnet, die um die Aufmerksamkeit im Newsfeed konkurrieren.
Wer also große Reichweite möchte, braucht entweder Glück oder muss aber, und das ist kein Geheimnis, ab und zu ein paar Euro in Facebook-Werbung investieren. Das erscheint auf den ersten Blick wie ein geschickter Trick von Facebook, um das eigene Werbegeschäft anzukurbeln, ist aber letztendlich ein Vorteil für den Seitenbetreiber. Wer investiert, wird eher gesehen und geht nicht unter - wie in ungefilterten Timelines auf anderen Sozialen Netzwerken.
Die Faktoren, auf denen der Algorithmus aufbaut
Das Grundgerüst des Facebook-Algorithmus fußt auf drei Faktoren, die das Soziale Netzwerk auf seiner Entwicklerkonferenz "F8" vor nun mehr sechs Jahren bekannt gegeben hatte.
1. Affinity (dt. Verbundenheit)
Unter dem "Affinity-Score" bündelt Facebook alle Faktoren, die die Beziehung zwischen euch und anderen "Subjekten" auf Facebook (zum Beispiel Freunde oder Unternehmensseiten) beschreiben. Je häufiger ein Nutzer die Beiträge von einem Freund liked, kommentiert oder teilt - kurz gesagt: je häufiger man miteinander interagiert -, desto stärker ist für Facebook eure Beziehung. Die Interaktion ist das Maß, an dem der blaue Riese festmacht, wie interessant eine Seite oder eine Person für dich und deine Timeline sind.
2. Weight (dt. Gewichtung)
Für die Bedeutung eines einzelnen Posts zieht Facebook ebenfalls die Interaktionen heran. Dabei werden grundlegende Fragen gewichtet: Wie oft wurde der Beitrag kommentiert? Wie oft wurde er geliked oder sogar geteilt? Nicht zu vergessen: Wie oft wurde der Beitrag geklickt und wie ist das Verhältnis zwischen Klicks und Likes.
Eine geringe Klick-Like oder Klick-Share-Quote könnte beispielsweise ein Indiz dafür sein, dass die Überschrift eines Links mehr verspricht, als der Inhalt dahinter hergibt. Des Weiteren untersucht der Facebook-Bot, ob und wie viele Freunde mit einem Post einer anderen Seite interagiert haben.
Unabhängig von der Anzahl der Interaktionen analysiert der Facebook-Algorithmus aber auch das Verhalten jedes einzelnen Nutzers. Wenn User A) häufiger Bilder kommentiert, wird er auch öfters Bilder in seiner Timeline sehen, als beispielsweise User B), der sich nicht für Bilder interessiert aber dafür verstärkt mit Links interagiert. Ebenso zählt ein Kommentar einer Person, die einmal im Monat kommentiert, vermutlich stärker als der Kommentar einer Person, die jeden Tag 20 Kommentare schreibt.
3. Time Decay (dt. Verfallszeit)
Der dritte Einflussfaktor betrifft das Timing eines Postings. Erscheint es direkt nach dem Login eines Nutzers ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass es angezeigt wird. Deshalb ist die Analyse des Seitentraffics via Analytics für Betreiber extrem wichtig. Für eine Seite, deren Nutzer primär nach 22 Uhr aktiv sind, ist es folglich vermutlich kontraproduktiv, jeden Tag den Beitrag um 8 Uhr morgens zu teilen.
Ob ältere Beiträge in der Timeline eines Nutzers erscheinen, der länger offline war, wird vom Algorithmus über die oben beschriebenen und weitere geheime Faktoren berechnet. Trotzdem gibt es auch hier ein Limit. Facebook möchte wichtige und vor allem aktuelle Nachrichten präsentieren. Meldungen, die eine Woche oder älter sind, haben daher kaum Chancen.
Weitere Einflüsse mit Relevanz
Wer nun glaubt, dass der Newsfeed-Algorithmus von Facebook sich nur aus diesen drei Faktoren zusammensetzt, der täuscht sich. Vermutlich gibt es Hunderte oder gar Tausende weitere Dinge, die den Aufbau der Timeline beeinflussen.
Eine Auswahl:
- Bietet Inhalte an, die für eure Zielgruppe eine hohe Relevanz haben (Tipps für Facebook-Werbung sind für Kochschüler uninteressant).
- Achtet auf eine sinnvolle Verteilung der Inhalte. Es ist nicht schlimm, wenn auf einer Seite pro Woche nur fünf Beiträge erscheinen. Es ist allerdings sinnvoll und wichtig, diese fünf Inhalte auf fünf Tage zu verteilen, anstatt alles innerhalb von zwei Stunden in die Weiten von Facebook zu schießen.
- Analysiert die Zielgruppe und lernt ihre Verhaltensweisen kennen.
- Statistik-Auswertung und A/B-Testing: Überprüft in regelmäßigen Abständen die Wirksamkeit eurer Maßnahmen. Warum wurden die Links letzte Woche mehr geklickt als diese Woche?
- Seid variabel und sucht das richtige Format für die Inhalte, die zur Verfügung stehen. Ein Link-Post ist für eine Bildergalerie mit den Impressionen einer Veranstaltung womöglich die falsche Entscheidung. Vielleicht wäre ein Carousel Ad da sinnvoller ...
- Die Zeit, die ihr (vor allem mobil) auf einem Post verweilt.
Die No-Go's: Gründe für den Downvote eines Posts
Im bisherigen Verlauf des Textes wurden primär die Faktoren vorgestellt, die den Newsfeed-Algorithmus von Facebook im positiven Sinne beeinflussen können, deren Nicht-Beachtung aber keine allzu negativen Auswirkungen hat. Das zuletzt gewählte Beispiel mit dem passenden Beitragsformat ist ein gutes Beispiel dafür.
Wer für eine Bildergalerie einen simplen Link-Post anstelle eines Carousel Ads nimmt, wird vermutlich weniger Klicks generieren und weniger Aufmerksamkeit erhalten. Eine negative Bestrafung in Form einer Herabstufung muss der Nutzer oder das Unternehmen, das den Link teilt, allerdings nicht befürchten. Es gibt jedoch auch Verhaltensweisen, die Facebook konsequent abstraft und folglich negative Auswirkungen haben.
Negatives Feedback und Interaktionsbettelei
Der schlimmste Fall, der eintreten kann, ist, dass sich der Nutzer aktiv dafür entscheidet, eure Inhalte aus seiner Timeline auszublenden. Dafür benötigt er lediglich zwei Klicks. In der rechten, oberen Ecke eines Beitrags befindet sich ein Dropdown-Menü. Der erste Punkt "Beitrag verbergen" bedeutet den Ausschluss aus dem Newsfeed des Nutzers.
Die letzte verbleibende Möglichkeit, um trotzdem die Aufmerksamkeit des Users zu erlangen, besteht im Schalten von Anzeigen. Dass der Facebook-Nutzer seine Meinung aufgrund einer Werbung wieder ändert, ist jedoch nicht sonderlich wahrscheinlich.
Ebenso mächtig sind die Auswirkungen von sogenannten Link- oder Like-Baites. Das heißt: Facebook will unterbinden, dass Seiten in Beiträgen (zum Beispiel Bilder oder Beschreibungstexte) aktiv zu Interaktionen aufrufen. "Klicke Like, wenn du auch um den Schauspieler XY trauerst", ist also kein sonderlich kluger Einfall, um mehr Aufmerksamkeit auf euren Post zu lenken. Eine solche Überschrift bewirkt das Gegenteil.
Falsche Versprechungen und übertriebene Werbung
Wie bereits beschrieben, untersucht das Gehirn hinter dem Algorithmus ebenfalls das Verhältnis von Klicks und anschließenden Interaktionen. Wenn ein Post viele Klicks generiert aber keine Likes bekommt, ist das ein Indiz für Betrug oder eine Falschmeldung (Hoax). Diese Klick-Baits werden seit August 2014 negativ bewertet.
Ein letzter Rat an dieser Stelle: Facebook-Werbung ist wichtig und bringt euch voran im Newsfeed. Allerdings gilt es auch hier, im gegebenen Rahmen zu agieren. Übermäßige Werbung, Spam oder die Zweitverwertung von Werbeinhalten in Form eines normalen Links werden ebenfalls radikal downgevotet.
Fazit und Penalty-Timeline
Da der Newsfeed-Algorithmus von Facebook eher einem lebenden Organismus gleicht, der sich ständig verändert und weiterentwickelt, als einer Maschine, die der immer gleichen Logik folgt, ist es schwer möglich, einen finalen Tipp zu geben.
So stupide es klingt: Achtet bei Beiträgen darauf, dass sie keine No-Go's enthalten (siehe vorherige Seite) und der Leserschaft einen Mehrwert bieten. Fragt euch immer: "Würdet ihr als Nutzer diesen Beitrag teilen und euren Freunden weiterempfehlen?" Und: "Will ich diesen Beitrag in meiner Timeline sehen?"
Die letzten Facebook-Algorithmus-Updates
- Februar 2016: Facebook gibt bekannt, dass das Soziale Netzwerk aktiv Nutzerbefragungen durchführt und die User darum bittet, Inhalte zu bewerten. Zur technischen Komponente (Wie viele Interaktionen hat ein Beitrag?) kommt eine persönliche hinzu (Will der Nutzer den Inhalt sehen?).
- Dezember 2015: Die Reichweiten von Falschmeldungen, betrügerischen Inhalten und Spam werden proaktiv beschränkt, sodass sich die Inhalte nicht weiter verbreiten.
- Oktober 2015: Aufgrund des großen Datenverbrauchs von Bewegtbildinhalten und beschränktem mobilen Datenvolumen wird die Netzwerkgeschwindigkeit zum Ranking-Faktor im (mobilen) Newsfeed.
- Juli 2015: Indirekte Videointeraktionen werden in die Bewertung von Bewegtbildinhalten mit aufgenommen. Das heißt, dass auch die Verweildauer oder das Anschalten des Tons positive Auswirkungen haben.
- Juni 2015: Je länger ein Nutzer an einem Beitrag hängen bleibt (immer im Verhältnis zu seinem normalen Nutzungsverhalten) desto "wertvoller" scheint der Inhalt des betrachteten Posts zu sein. Die Verweildauer gewinnt an Wichtigkeit.
- April 2015: Die Beiträge und Einschätzungen von privaten Nutzern werden von Facebook höher bewertet, als geteilte Links von Unternehmensseiten. Freundschaft zählt für Mark Zuckerberg und Co. mehr als Business-Inhalte.
- November 2014: Werbung, die als redaktioneller Content getarnt wird, wird von Facebook schlechter bewertet. Beiträge, die ausschließlich beispielsweise Downloads bewerben, erhalten weniger organische Reichweite.
- August 2014: Das offizielle Ende des Klick-Baits. Inhalte, die bei Nutzern falsche Erwartungen hervorrufen und lediglich auf Klicks aus sind, werden schlechter gerankt.