
Kommentar "Pinterests Kauf-Button wird das Online-Shopping nicht revolutionieren"
Erika Alonso, Chief Marketing Officer bei Piccing
Erika Alonso, Chief Marketing Officer bei Piccing
Mit den Buyable Pins von Pinterest lassen sich innerhalb der Ads Artikel kaufen. Erika Alonso von Piccing erklärt, warum sie das Konzept enttäuscht.
Von Erika Alonso, Chief Marketing Officer bei Piccing, einer visuell getriebenen sozialen Shopping-Plattform
Ich liebe Shopping. Aber ich bin auch Marketingfrau und Digital-Geek. Ich bin also genau die Zielgruppe des Pinterest Buy Button, der am 2. Juni dieses Jahres vorgestellt wurde. Viele von uns haben gespannt darauf gewartet, wie das gigantische soziale Netzwerk den Kauf-Button einbinden und nutzen würde, um das Einkaufen, wie wir es kennen, zu revolutionieren. Ich habe eigentlich erwartet, dass der Marktführer der interessenbasierten visuellen Inhalte etwas liefern würde, das uns den Weg aus der heutigen digitalen Einkaufswelt nach vorn zeigt - als Pionier voranschreitet. Ich muss sagen, dass ich enttäuscht bin. Die einzigen Profiteure des Buy Button sind die großen Händler.
Es bleibt alles beim Alten. Sicher, ein leckeres Rezept zu sehen und alle Zutaten sofort bestellen zu können, sieht auf den ersten Blick reizvoll aus. Die Art und Weise, wie Pinterest die Produkte platziert, ist jedoch glanzlos und bleibt hinter den Erwartungen zurück. Die Händler legen die Parameter, nach denen die Pinterest-Community einkaufen kann, fest und kontrollieren sie. Eine Abbildung steht für ein einzelnes Produkt und enthält alle relevanten Informationen dazu. Die Verbraucher können es kaufen - oder auch nicht. Das war's.
Die Shopping-Erfahrung als Einbahnstraße
Eine entscheidende Chance wurde verpasst: die Einbindung der engagierten, sachkundigen Community als Katalysator. War das nicht die Idee, die in dem "sozial" von soziale Netzwerke steckte? Kommunikation und Interaktion sollten etwas Wechselseitiges sein. Marken mussten auf Twitter und Facebook lernen loszulassen, indem sie den Nutzern ermöglicht haben, (etwa mit Hashtags) zu twittern, zu teilen oder zu posten - immer auch mit dem Risiko, das Image ihrer kostbaren Marke über Empfehlungen in den Netzwerken beeinflussen zu lassen - positiv oder negativ. Pinterest sollte die Zügel etwas lockern und Nutzern den Weg ebnen, Shopping auf Basis von selbstgewählten Bildern zu ermöglichen. Somit würde die Community aktiv eingebunden.
Was ist zum Beispiel mit Bildern, die wir selbst geschossen haben? Die Qualität ist kein Problem mehr. Die neuesten TV-Spots von Apple verwenden Material, das von Besitzern des iPhone 6 stammt. Die Filter bei Instagram sind so gut, dass es schwierig ist, Amateurbilder und professionelle Fotografie zu unterscheiden. Wenn ich ein Kleid auf renttherunway.com leihe, schaue ich mir erst einmal die hochgeladenen Bilder von Frauen an, die es vor mir getragen haben. Die Bilder sind nicht perfekt, aber ausreichend um einen Eindruck zu gewinnen, wenn keine Chance zur Anprobe besteht. Das gleiche gilt für TripAdvisor, wo nun neben den professionellen Fotos der Hotels und Ressorts auch die von Reisenden gezeigt werden. Auf der Seite des Waldorf Astoria in New York findet man 2.438 Schnappschüsse von Amateuren.
Das Bild muss stärker arbeiten. Menschen sind in hohem Maße visuell ausgerichtet. Fast die Hälfte des Nervengewebes im Gehirn beschäftigt sich auf irgendeine Weise mit dem Sehen. Wenn ein Foto tausend Worte sagt und tausend Botschaften transportiert, dann sollte eine Abbildung mehr als tausend Dinge tun können. Die Option, möglichst viele Produkte aus einer Abbildung kaufen zu können, sollte beispielsweise die logische Schlussfolgerung der heutigen Technologie sein. Die Schönheit liegt im Auge des Betrachters, richtig? Ein und dasselbe Bild kann für verschiedene Menschen unterschiedlichste Bedeutungen haben.
Nehmen wir ein trendiges Foto aus den redaktionellen Seiten der Vogue oder InStyle: Die eine Frau könnte angesichts der Christian Louboutin Heels hyperventilieren, während eine andere für den Flokati-Teppich schwärmt, auf dem sie stehen. Nach Angel.co arbeiten zurzeit 147 Start-up-Unternehmen an dieser großen Chance der bildgetriebenen Aktivierung. Firmen wie Slyce (die den "Snap.Find-Shop" von Neiman Marcus versorgen), Camfind, ThingLink und Stipple arbeiten daran, alltägliche Bilder und Fotos "shopping-geeignet" zu machen. Ich verstehe, dass die "käuflichen Pins" eine Erweiterung der "reichhaltigen Pins" sind, aber diese "reichhaltige" Information ist fest verdrahtet und von der Plattform-Technologie vorgegeben - nicht von jemandem, dessen Input ich schätze.
Pins sind zu teuer und nur etwas für große Händler
Shopping für Menschen von Menschen. Statt einer Online-Erfahrung, die das reale Leben widerspiegelt, vermitteln die meisten Unternehmen in der virtuellen Shoppingwelt den Verbrauchern eine Einkaufserfahrung, die schwerfällig und konzipiert daherkommt. Wie wäre es, sich eine virtuelle Verkäuferin oder einen Verkäufer zu erschaffen, der das Outfit, das zu einem passt, zusammenstellt? Vergleichbar mit dem Shoppen, zu dem auch die lokalen Boutiquen oder der aufstrebenden Designer gehören. Leider werden die dargestellten Pins vermutlich zu teuer sein und so nur Platz für große Händler lassen, die den Käufer auf Pinterest inspirieren.
"Die Anbieter sind sich im Klaren darüber, was sie als nächstes wollen", sagte der CEO von Pinterest, Ben Silberman. Ja, mit dem Hinzufügen des Buy-Button wird das Kästchen zum Einkaufen aktiviert, aber sollten Madison Avenue und Silicone Valley nicht zusammenarbeiten, um die Grenzen zu verschieben und ein neues Erlebnis zu kreieren? Ein Potpourri, das die Käufer zu ihrer eigenen virtuellen Shoppingwelt gestalten können?
Hier vollzieht sich ein Wandel, bei dem die Grenzen zwischen sozialem Netz und Handel verschmelzen.
Kommunikation ist heute eine visuell getriebene Wirtschaft. Die Menschen verwenden Bilder, um Bewusstsein zu schaffen, Handlungen auszulösen, Präferenzen auszudrücken und Loyalität zu zeigen. Sie möchten die virtuelle Welt entdecken und mit ihr in Kontakt treten. Im Internet Trends Report 2014 von Mary Meeker heißt es, die entscheidende Zutat für den Erfolg von E-Commerce sei das "Internet-Dreigestirn aus Inhalt, Community und Handel". Die besten Apps und Websites sollten die zwei Milliarden Nutzer sozialer Medien im Blick behalten und diese drei in eine ineinandergreifende Shopping-Erfahrung einbinden.