
Facebooks Nordeuropa-Chef "In ein paar Jahren ist das Cookie-Thema tot"
Zuständig für Facebooks Geschäftsentwicklung in Deutschland, Österreich, Schweiz und Skandinavien: Martin Ott
Zuständig für Facebooks Geschäftsentwicklung in Deutschland, Österreich, Schweiz und Skandinavien: Martin Ott
Mobile Werbung macht Facebook reich. INTERNET WORLD Business sprach mit Martin Ott, dem Managing Director für Nordeuropa, über effektive Anzeigenformate und die Erfassung der Customer Journey.
Facebook erwirtschaftet weltweit bereits 62 Prozent seiner Werbeeinahmen mit Anzeigen auf mobilen Endgeräten. Ist Deutschland auch schon so weit?
Martin Ott: Was die mobile Nutzung der Menschen angeht auf jeden Fall. Mehr als drei Viertel der 26 Millionen Deutschen, die monatlich auf der Plattform aktiv sind, verwenden Facebook auch mobil. Bei der Buchung mobiler Werbung sind deutsche Werber keine Vorreiter. Da Anzeigen auf Facebook automatisch über alle Endgeräte hinweg ausgeliefert werden, müssen sie das aber auch gar nicht sein. Viele Kunden, die Anzeigen im News Feed buchen, sind überrascht, wenn Sie sehen, wie viel Prozent davon mobil ausgeliefert wurden.
Welche Anzeigen performen mobil besonders gut?
Ott: In erster Linie hängt das von der Zielsetzung und der Branche ab. Für E-Commerce-Unternehmen sind sogenannte Multi-Product-Ads besonders effektiv, die Fotos verschiedener Artikel in einem Bilder-Karussell anzeigen und auf Onlineshop-Conversion abzielen. Für App-Entwickler haben wir unsere App-Install Ads entwickelt. Wenn es jedoch um Markenbekanntheit und Reichweite geht, sind unsere Page Post Ads mit den großen Bildern ideal - und natürlich Bewegtbildwerbung. Videos, die auf Facebook selbst hochgeladen wurden, schneiden sogar noch besser ab als solche, die auf YouTube gehostet werden, da sie im News Feed größer präsentiert werden.
In den USA testen Sie in Anzeigen gerade einen "Kauf"-Button, bei dem der Nutzer Facebook für den Kauf nicht mehr verlassen muss. Wann bieten Sie diese Funktion auch in Deutschland an?
Ott: Wir testen viel - und untersuchen dann, wie die Funktion von den Menschen angenommen wird. In Deutschland haben wir schon Anzeigen, in die ein Handlungsaufruf integriert ist, also zum Beispiel der Hinweis "Jetzt kaufen". Die kommen sehr gut an. Mehr kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen.
Facebook hat kürzlich sein Frequency Capping gelockert. Das heißt: Werbekunden können jetzt ihre Zielgruppe mehrmals am Tag ansprechen. Vorher war das nur einmal erlaubt. War das ein Wunsch der Firmen?
Ott: Ja, denn wenn Unternehmen eine bestimmte Botschaft transportieren möchten, ist eine Anzeige am Tag oft nicht genug. Deshalb war vielen daran gelegen, das Storytelling zu intensivieren und ihre Zielgruppe mehrmals am Tag zu erreichen. Das ist jetzt möglich.
Die Gesamtzahl der Anzeigen pro Nutzer soll gleich bleiben. Wenn sich nun mehr Firmen um die gleiche Anzahl Ads bemühen, machen Sie dann aufgrund ihres Auktionsverfahrens mehr Umsatz?
Ott: Das kann sein, muss aber nicht. Anders als bei bekannten Suchmaschinen nutzt Facebook ein Zweitpreisauktionsverfahren. In dieser Auktion erhält der Höchstbietende den Zuschlag für einen bestimmten Werbekontakt. Das Maximalgebot und seine Anforderungen legt der Werbetreibende im Vorweg fest. Als Kaufpreis wird weder sein eigenes Gebot, noch - wie verbreitet - das Gebot des zweithöchsten Bieters plus ein Cent festgesetzt. Stattdessen bildet die bei Facebook umgesetzte Auktion eine Gewichtung der Folgegebote. Diese kann maximal den Wert des Zweithöchsten Gebotes annehmen, liegt aber in aller Regel darunter.
Lassen Sie uns über Targeting sprechen: In einem früheren Gespräch haben Sie bedauert, dass deutsche Firmen Facebook nicht verstehen und die Zielgruppen zu groß wählen. Hat sich das geändert?
Ott: Es hat sich einiges getan. In den USA setzen bereits 92 der hundert größten Werbekunden Customer Audiences ein. Das heißt, sie gleichen eigene Daten anonymisiert und verschlüsselt mit unseren ab, um so mögliche Überschneidungen zu finden und auf diesem Weg ihre bestehenden Kunden zu adressieren. Das sehen wir in Deutschland jetzt zunehmend auch.
Facebook reichert seine eigenen Daten noch mit denen externer Dienstleister sowie mit Browserinfos über das Surfverhalten an. Viele Menschen bekommen bei dem Gedanken daran ein mulmiges Gefühl.
Ott: Es ist seit Jahrzehnten Branchenstandard, Browserdaten als Basis für die Zielgruppenansprache zu verwenden. Suchmaschinen, Verlage und andere Publisher nutzen alle Cookies. Als alleiniges Kriterium halte ich dies für extrem verfälschend. Wir bei Facebook setzen diese Informationen nur ergänzend ein, um die Relevanz von Anzeigen zu steigern. Denn wir haben den Vorteil, dass wir nachvollziehen können, welcher Menschen wann mit welchen Geräten online ist.
Weil Facebook-Mitglieder eingeloggt sind.
Ott: Genau. Jeder Vierte fängt einen Kaufprozess auf einem Gerät an und schließt ihn auf einem anderen ab. Für Unternehmen, die bei der Erfassung der Customer Journey auf Cookies setzen, ist dies ein Problem. Für uns nicht. Ich sage: In ein paar Jahren ist das Cookie-Thema tot. Dann reden wir nur noch von Menschen.
Facebook hat im vergangenen Quartal mit Werbung 2,68 Milliarden US-Dollar erwirtschaftet - 1,66 Milliarden davon mit mobilen Anzeigen. Der Nettogewinn stieg im Vergleich zum Vorjahresquartal um 138 Prozent auf 791 Millionen US-Dollar.