
Marc Opelt, Otto "Retail Media ist ein integraler Bestandteil unseres Plattform-Geschäfts"
Marc Opelt, CEO & CMO von Otto
Marc Opelt, CEO & CMO von Otto
Otto wandelt sich vom Online-Händler zur E-Commerce-Plattform. Retail Media soll einen großen Schritt dazu beitragen. Wie das Unternehmen den Transformationsprozess angeht und warum Technologie dabei ein entscheidender Faktor ist, erklärt Otto-Chef Marc Opelt.
Mit der Transformation vom Online-Händler zur Plattform steckt der Hamburger E-Commerce-Anbieter Otto mitten im größten Umbruch seiner Unternehmensgeschichte. Dabei steht auch das Thema Retail Media im Fokus. Im Zuge der Transformation macht das Unternehmen daraus nun einen Direktionsbereich, dem als Neuzugang Sabine Jünger ab 1. August vorstehen soll.
Marc Opelt, Vorsitzender des Bereichsvorstands Otto und Bereichsvorstand Marketing, erläutert im Interview, wie der Versandhandels-Riese sich zukunftsfähig aufstellt - und warum gerade Retail Media dabei eine so große Rolle spielt:
Die Otto Retail Media kümmert sich bislang um das Vermarktungsgeschäft und das gleichnamige Business. Wie hängt diese nun konkret mit der neuen Einheit zusammen? Ist das "lediglich" eine Umbenennung und Ausgliederung oder ändert sich mehr?
Marc Opelt: Wir haben in den vergangenen Jahren eine starke Entwicklung des Retail-Media-Geschäfts gesehen und wir glauben, dass der Peek noch lange nicht erreicht ist. Im Gegenteil: Wir sehen in Retail Media eindeutig einen Wachstums-Case. Den packen wir mit einer neuen Struktur an. Im Plattform-Modell erwirtschaftet Otto seine Gewinne nicht länger nur aus Margen von Verkäufen, wie es im Händlermodell der Fall war, sondern steht auf drei Säulen: Eigengeschäft, Marktplatzerlöse und Werbe-Services, im Wesentlichen Retail Media. Wir setzen also voll auf Marketing-Angebote für Partner und andere Unternehmen und wollen diesen Bereich ausbauen.
Im April 2020 haben wir Otto Retail Media bei Otto eingegliedert, die Abteilung hat als eine Art eigenständige Unit agiert. Jetzt machen wir Retail Media zum Kerngeschäft, wandeln die ehemalige Abteilung in einen ganz eigenen Direktionsbereich und nennen ihn Advertising Services. Der Bereich ist unter dem Vorstand aufgehängt, berichtet in Zukunft also direkt an mich. Um den Ausbau dieses Geschäfts weiter voranzutreiben, holen wir Sabine Jünger an Bord. Ich freue mich riesig, dass Sabine zum 1.8. als Direktorin Advertising Services bei Otto anfängt. Dabei bleibt der Name Otto Retail Media nach extern erhalten.
"Das Retail-Media-Business steht und fällt mit der Qualität der Daten"
Unerlässlich für das Retail Media-Business sind CRM-Daten. Welche Datensegmente stellen Sie Kunden zur Verfügung?
Opelt: Das Retail-Media-Business steht und fällt mit der Qualität der Daten. Welche Daten tatsächlich relevant sind, unterscheidet sich je nach Anzeigeform: Für Sponsored Product Ads spielen Parameter wie Cost per Click oder Conversion eine entscheidende Rolle. Für Offsite-Werbung, also Anzeigen, die nicht direkt auf otto.de ausgespielt werden, sind zielgruppenspezifische Daten wie Alter, Geschlecht oder Interessen besonders wichtig. Dafür nutzt Otto Retail Media anonymisierte First-Party-Daten. Das wird besonders relevant, wenn Cookies in der heutigen Form nicht mehr nutzbar sind.
Auf welchen Kanälen wird die Werbung ausgesteuert?
Opelt: Wir richten uns in der Aussteuerung immer nach Ziel und Zielgruppe der jeweiligen Kampagne. Dabei nutzen wir beides: otto.de und Drittseiten. Onsite-Promotion bedienen wir über Sponsored Product Ads, Sponsored Brand Ads und Skyscraper, also längliche, vertikale Display-Ads. Offsite steuern wir Display-Kampagnen im AGOF-Umfeld aus, dazu zählen Seiten wie t-online.de, spiegel.de oder web.de. Auch Print Promotion i.S.v. Paketbeilegern können wir über Otto Retail Media umsetzen.
Wenn wir von Retail Media sprechen, wie manifestiert sich das bildlich in der Praxis?
Opelt: Wir haben bei Otto Retail Media ganz unterschiedliche Formate in petto. Eines der meistgefragten sind Sponsored Product Ads (SPAs). Mit SPAs sorgen Partner dafür, dass ihre Produkte Kund*innen in der Suche als erstes oder besonders prominent angezeigt werden. Das hat etwa das Textilunternehmen Snocks in einer dreimonatigen Kampagne für sich genutzt. Ein anderes Produkt, das vor allem auf die optimierte Ausspielung von Anzeigen abzielt, ist Profile Environmental-Tagging (P.N.T.A.). Die inhouse entwickelte Targeting-Engine - ein Tool zur datenbasierten Aussteuerung von Kampagnen - ermöglicht es Otto, Zielgruppen noch optimaler und profilorientierter anzusprechen. So setzen wir beispielsweise Out-of-Home-Budget effizienter ein.
"International gesehen ist Retail Media längst ein Milliardengeschäft"
Otto ist auf dem Feld nicht der einzige Player. Wer sind die Wettbewerber - und welche Rolle spielen Technologieanbieter wie Criteo für Sie in dem Zusammenhang?
Opelt: International gesehen ist Retail Media längst ein Milliardengeschäft und auch in Deutschland wird das Thema immer größer. Im Vergleich zu den USA, stehen wir hier noch am Anfang der Entwicklung. Aber wir sehen schon jetzt, dass Marketer Budgets shiften und immer mehr in Retail Media investieren. Langfristig werden mehr und mehr Unternehmen versuchen, in diesem Feld Fuß zu fassen.
Grundlage für ein erfolgreiches Retail-Media-Geschäft ist meines Erachtens eine gut funktionierende, florierende Plattform. Mit unserer Transformation haben wir Otto dafür sehr gut in Position gebracht. Denn je mehr Marktplatz-Teilnehmende auf die Plattform kommen, desto mehr steigen Angebotsvielfalt und -relevanz für die Kund*innen. Das wiederum bedeutet eine noch höhere Reichweite und mehr aktive Shopper - in der Folge generiert Otto noch mehr Insights zu Kauf- und Nutzungsverhalten, die wiederum relevant für B2B-Partner sind. Technologie wird dabei ein entscheidender Faktor sein: Wir brauchen Standardisierung und Automatisierung des Geschäfts, die wir sowohl mit Dienstleistern als auch durch eigene Technologie aufbauen. Kurzum: Die Anforderungen sind hoch. Deshalb ist das Feld derer, die wirklich einen relevanten Anteil am Retail-Media-Business erwirtschaften werden, endlich. Wir haben uns mit Otto Retail Media in eine exzellente Ausgangsposition gebracht, jetzt bauen wir diese Position aus.
Wo möchten Sie mit der neuen Einheit hin und was steht für 2021/2022 auf dem Plan?
Opelt: Genaue Zahlen kann ich nicht nennen, aber so viel sei gesagt: Retail Media ist ein integraler Bestandteil unseres Plattform-Geschäfts und ein relevanter Wachstums-Case. Dafür investieren wir. Das kommende Jahr steht klar im Zeichen von Ausbau: Mit Sabine Jünger holen wir uns noch mehr Retail-Media-Expertise ins Haus und arbeiten konsequent an der Weiterentwicklung unserer Advertising Services.