Gastbeitrag Wie lokale Händler Online-Marktplätze optimal nutzen
Multichannel kann den lokalen Einzelhandel nachhaltig stärken. Stationäre Händler sollten beim Online-Einstieg aber auf einiges achten. Die Details erklärt eBay Deutschland-Chef Stephan Zoll anhand von "Mönchengladbach bei eBay".
Von Stephan Zoll, eBay Deutschland-Chef
Früher haben wir Haushaltsgeräte oder auch Unterhaltungselektronik im Ladengeschäft gekauft und uns vorher dort beraten lassen. Heute lassen wir uns auf Facebook oder Instagram inspirieren, recherchieren online nach Testergebnissen und treffen die Kaufentscheidung aufgrund von Kundenempfehlungen im Netz. Vielleicht schauen wir uns noch zuvor die Produkte im Laden an, kaufen sie dann aber doch lieber abends auf der Couch und lassen sie bequem nach Hause oder ins Büro liefern. Die Folge: Die Läden verlieren Laufkundschaft, Innenstädte werden leerer.
Ein Wachstum findet im Handel fast nur noch online statt. Und die Entwicklung bleibt nicht stehen. Das Konsumentenverhalten wird sich in den nächsten drei Jahren stärker verändern als in den zehn bis 15 Jahren zuvor. Schon bald unterscheiden wir weder zwischen offline, online oder mobile noch zwischen lokal und global. Die rasanten Veränderungen stellen vor allem den stationären Einzelhandel vor große Herausforderungen. Dabei bieten gerade Online-Marktplätze die Möglichkeit, mit geringem Aufwand und niedrigen Einstiegshürden in das Internet-Geschäft zu starten.
Kleinere Händler nachhaltig wettbewerbsfähig machen
Dass der Wandel auch neue Chancen für den Einzelhandel eröffnet, will das im Oktober 2015 gestartete Pilotprojekt "Mönchengladbach bei eBay" aufzeigen. Ziel des Gemeinschaftsprojekts von eBay und "mg.retail 2020" ist es, kleinere Händler nachhaltig wettbewerbsfähig zu machen. Einzelhändler aus Mönchengladbach werden aktiv dabei unterstützt, einen eigenen Shop bei eBay zu eröffnen. Für viele ist das der erste Einstieg in die Online-Welt.
100 Tage nach Projektstart zeigt sich deutlich, wie Multichannel den lokalen Handel nachhaltig stärken kann und was Händler brauchen, damit der Wandel gelingt. Aktuell nehmen 70 Händler an dem Projekt teil und bieten zusammen rund 200.000 Artikel bei eBay an. Im Rahmen von "Mönchengladbach bei eBay" wurden bereits mehr als 32.000 Artikel verkauft - etwa alle fünf Minuten wechselte ein Artikel den Besitzer. Insgesamt wurden schon mehr als eine Million Euro im Rahmen des Pilotprojekts umgesetzt und Produkte aus Mönchengladbach in 53 Länder geliefert. Anhand der ersten 100 Tage lässt sich hochrechnen, dass aktive Händler mit durchschnittlich 450 Angeboten einen zusätzlichen Jahresumsatz von im Schnitt 90.000 Euro erzielen können.
Das bedeutet: Durch die Präsenz auf einem Online-Marktplatz können Einzelhändler ohne viel technisches Knowhow und größere Investitionen neue Zielgruppen erreichen und zusätzliche Umsatzquellen erschließen - und damit wiederum die Attraktivität und Existenz des eigenen Ladengeschäfts sichern. E-Commerce-Neulinge erhalten Zugang zum Online-Handel, ohne viel Geld für den Aufbau und die Vermarktung eines eigenen Online-Shops in die Hand zu nehmen. Die Shops der Händler partizipieren außerdem am Mobile-Trend, weil sie automatisch in die plattformübergreifenden Apps von eBay integriert werden. Und sie profitieren von den Marketingaktivitäten der Plattform.
Tipps und Tricks
Basierend auf einer ersten Betrachtung des Pilotprojekts sind nachfolgend fünf zentrale Aspekte zusammengefasst:
1. Mit großem Sortiment ins Netz gehen
Ein Shop bei eBay allein ist allerdings noch kein Erfolgsgarant. "Mönchengladbach bei eBay" hat auch gezeigt: Die Strategie, zunächst nur einige wenige Artikel einzustellen und erst bei beginnendem Erfolg weitere hinzuzufügen, geht nicht auf. Der nachhaltige Verkaufserfolg der Pilothändler setzte in der Regel bei einer Artikelanzahl von mindestens 50 bis 100 ein. Ziel sollte es grundsätzlich sein, online direkt ein größeres Sortiment abzubilden.
2. Reichweite von Online-Marktplätzen nutzen
Im Pilotprojekt zeigt sich bereits, dass es für die Händler besonders erfolgversprechend ist, sowohl die Möglichkeit der Abholung von Artikeln im Ladengeschäft ("Click & Collect") als auch die Option des Versands anzubieten. So erreichen die Händler nicht nur die Bürger von Mönchengladbach mit ihrem Angebot, sondern können zusätzliche Umsätze durch Verkäufe in ganz Deutschland oder sogar in andere Länder erzielen. Die Kombination von beidem führt zu höheren Umsätzen.
3. Mit Warenwirtschaftssystem Effizienzvorteile gewinnen
Das wichtigste Servicemerkmal eines lokalen Online-Markplatzes ist die Information zur lokalen Warenverfügbarkeit. Vielfach fehlen aber noch Warenwirtschaftssysteme, die das Online- und Offline-Sortiment automatisch abgleichen. Im Pilotprojekt wird den Händlern dafür eine Kassensoftware von Inventorum angeboten. Dabei werden Lagerbestände der teilnehmenden Händler automatisch angepasst - egal ob der Verkauf online oder im Geschäft erfolgt. Doppelverkäufe sind somit ausgeschlossen.
4. Guten Service bieten
Tempo ist Trumpf: Händler sollten Bestellungen schnell versenden und Anfragen möglichst innerhalb von 24 Stunden beantworten. Denn guter Service zahlt sich aus: Wer verlässlich und schnell auf Kundenwünsche reagiert, kann mit weiteren Transaktionen des Kunden rechnen. Neben fairen Versandkosten und einfachen Rückgabeoptionen wird auch eine große Auswahl sicherer Zahlungsmethoden von Online-Käufern sehr geschätzt.
5. Die Sichtbarkeit optimieren
Händler sollten sich die Zeit nehmen, ihr Angebot zu optimieren: angefangen bei der sorgfältigen Formulierung von Titeln, Artikelmerkmalen und Produktbeschreibungen über die Zuordnung der Produkte in die richtigen Kategorien und die ständige Aktualisierung des Angebots bis hin zur sorgfältigen Bildauswahl. Auch die mobilen Nutzer sollte man nicht vergessen - ein Drittel aller Transaktionen auf dem eBay-Marktplatz erfolgt heute schon über Mobilgeräte. Kurze aber relevante Titel werden auf kleinen Displays besser wahrgenommen.