Wie sich jenseits von Venture Capital Geld beschaffen lässt

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Wer heutzutage Kapital für ein Unternehmen beschaffen möchte oder muss, hat deutlich mehr Optionen zur Auswahl als noch vor 20 Jahren. Damals blieb meist nur der Weg zur Hausbank, um dort einen Kreditantrag zu stellen. Bei den alternativen Finanzierungsmöglichkeiten muss das Geld nicht immer von Venture Capitalists stammen. Eine Vielzahl anderer Anbieter wartet mittlerweile mit speziellen Angeboten auf. Wir stellen eine Übersicht über die wichtigsten Optionen vor.
Firmenleasing:
Beim Firmenleasing werden Teile der Geschäftsausstattung wie Maschinen, Fuhrparks, Lagerausstattung oder Technik gemietet statt gekauft. Leasing eignet sich für Unternehmen aller Größen. Die monatlichen Nutzungskosten hängen von der Laufzeit, der Nutzungsintensität, der Bonität und dem Restwert nach Ende der Vertragslaufzeit ab. Teilweise fallen neben den Monatsraten Anzahlungen und Schlusszahlungen, Versicherungs- und Unterhaltungskosten an. Der Vorteil: Die Investitionskosten sind zeitlich gestaffelt, es sind keine Kredite nötig und die Liquidität bleibt erhalten. Zudem sind Leasing-Raten als Betriebsausgaben steuerlich absetzbar. Anbieter: Leaseback, Lenuva und Fimavo

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Factoring:
Um kurzfristig die Liquidität zu verbessern, können Unternehmen ihre offenen Forderungen verkaufen. Dieser Forderungsverkauf wird als Factoring bezeichnet. Der Factor zahlt dabei den offenen Betrag sofort ganz oder teilweise aus und kümmert sich selbsttätig um die Zahlung durch den Schuldner. Der Vorteil: Das gerade im Handel hohe Risiko von Forderungsausfällen sinkt, die liquiden Mittel steigen, die Unternehmensbilanz verbessert sich. Dadurch kann ein Unternehmen auch sein Rating für eine Kreditvergabe durch eine Bank verbessern. Die Kosten bestehen aus individuell vereinbarten Gebühren und Zinsen, die meist in zwei Raten bei Rechnungsstellung und nach Bezahlung der Gesamtsumme fällig werden. Anbieter: Billie, Crefo Factoring, FundFlow, Via Trade und Wolf Factoring

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Einkaufsfinanzierung:
Die Einkaufsfinanzierung, englisch Finetrading, dient - wie der Name schon sagt - der Zwischenfinanzierung von Einkäufen und ist daher gerade auch für den Handel interessant. Ein Zwischenhändler bezahlt sofort die Rechnung des Lieferanten und kann so eventuelle Skonti und Rabatte nutzen. Gegen eine Gebühr räumt er dem Unternehmen dann ein verlängerts Zahlungsziel ein. Der Vorteil: Vorfinanzierung der Ware, insbesondere zu saisonalen Spitzenzeiten, verbesserte Einkaufskonditionen und Skonti durch sofortige Rechnungszahlung. Die Kosten setzen sich meist aus einer einmaligen Einrichtungsgebühr und einer laufenden Gebühr zusammen. Die Höhe hängt unter anderem von der Art der Ware, den durchschnittlichen Rechnungsbeträgen, dem jährlichen Einkaufsvolumen, der Bonität und dem gewünschten Zahlungsziel ab. Anbieter: Ayfinio, Fulfin, Modifi, Myos, Tradico und Via Trade

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Lagerfinanzierung:
Die Lagerfinanzierung ist speziell für den Einzel- und Großhandel und Hersteller interessant, da sie die in der Lagerware gebundenen Mittel verfügbar macht. Vor allem kleinere und mittelständische Unternehmen mit mehr als einer Million Euro Jahresumsatz oder mit größeren Lagerbeständen ab 200.000 Euro Warenwert können so ihre Liquidität verbessern. Der Warenwert wird von neutralen Gutachtern geprüft. Der Vorteil: Gebundenes Kapital wird freigesetzt, die Kreditlinie bei der Hausbank wird entlastet, der Zinssatz fällt nur für das jeweils angerufene Kapital an. Die Kosten bestehen aus einem von Bonität, Lagerbestand und Laufzeit abhängigen Zinssatz sowie einer Verwaltungs- und Prüfgebühr. Die Konditionen sind häufig besser als bei einem Bankkredit. Anbieter: Labest, Myos und Fulfin

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Venture Debt:
Venture Debt ist eine in Europa noch recht junge Finanzierungsform. Das Unternehmen bekommt wie bei einem Bankkredit eine fixe Summe für einen festgelegten Zinssatz und eine festgelegte Laufzeit. Um das hohe Risiko abzusichern, sind die Zinsen deutlich höher als bei einem herkömmlichen Bankkredit und machen oft mehr als zehn Prozent der Kreditsumme aus. Zudem sichern sich die Geldgeber meist eine zusätzliche Erfolgsbeteiligung. Der Vorteil: Es ist keine aufwändige Unternehmensbewertung nötig, die Vergabe erfolgt schnell. Außerdem müssen die Gründer erst einmal keine weiteren Unternehmensanteile und damit Einfluss an Investoren abgeben. Es zählt zudem als Fremdkapital, verbessert also die Unternehmensbewertung für weitere Finanzierungsverhandlungen. Auf Venture Debt-Finanzierungen greifen meist Startups zurück, die die erste Gründungsphase bereits erfolgreich bestanden haben, um weiteres Wachstum zu finanzieren. Anbieter: Bootstrap Europe, Kreos Capital, Global Growth Cap, European Investment Bank, Boost & Co und Silicon Valley Bank Deutschland

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Revenue Based Financing:
Revenue Based Financing - zu Deutsch umsatzbasierte Finanzierung - ist ein weiteres neues Finanzierungsinstrument. Gewährt wird ein Darlehen, das zu einem vereinbarten Anteil - meist zwischen 5 und 15 Prozent vom Umsatz - monatsweise zurückgezahlt wird. Steigt der Umsatz, fließt mehr Geld an den Geldgeber zurück, sinkt er, ist es weniger. So können sowohl kurzfristig kleinere Summen als auch längerfristig bis zu achtstellige Summen beschafft werden. Als Sicherheit verlangen die Anbieter Zugriff auf die Unternehmens-Analytics, um sich unmittelbar ein Bild von der Kosten- und Ertragsstruktur des zu finanzierenden Unternehmens zu machen. Der Vorteil: Das Geld steht sehr schnell zur Verfügung, oft schon binnen 24 Stunden. Es ist zudem Fremdkapital, die Eigenkapitalquote wird nicht verwässert. Revenue Based Financing eignet sich gut zur Zwischenfinanzierung, um beispielsweise die Zeit zwischen zwei Finanzierungen zu überbrücken. Anbieter: Clearco, Capchase, Wayflyer, Uncapped, Recap und Banxware
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