
Messe-Rundgang dmexco 2015: Bewegte Zeiten mit Programmatic Advertising
Bislang wurden vor allem Standard-Display-Formate automatisiert gehandelt. Als nächsten Schritt haben die Technologieanbieter "Programmatic Video" auserkoren.
Ein Blick auf den automatisierten Media-Handel offenbart zweierlei: Zum einen diskutiert die Branche immer noch - wie schon seit Jahren - über die gleichen Fragen: Nimmt der Anteil des automatisierten Inventars in Deutschland zu? Ist Real-Time Advertising nur etwas für die Restplatzvermarktung oder für Retargeting-Zwecke?
Wann werden auch Branding-Formate stärker automatisiert gehandelt? Zum anderen tut sich eben doch etwas, auch wenn es oft heißt, dass der deutsche Real-Time-Advertising-Markt den anderen europäischen Märkten hinterherhinke. Zum Beispiel beschäftigen sich viele Technologiedienstleister derzeit mit "Programmatic Video Advertising".
Programmatic lässt sich nicht einfach mit "programmatisch" übersetzen. Laut Duden ist die Bedeutung nämlich "richtungsweisend" oder "einem Grundsatz entsprechend". Die angemessene Bezeichnung auf Deutsch wäre "automatisierter Media-Handel". Real-Time Advertising (RTA) und Programmatic Advertising werden oft gleichgesetzt.
Die Begriffe stehen für die automatisierte Abwicklung der Kampagnenbuchung. Nicht immer ist dabei auch Real-Time Bidding (RTB) im Spiel. Nur wenn der Preis für eine Ad Impression in einem Bietverfahren in Echtzeit festgelegt wurde, stimmt auch die Bezeichnung "Real-Time Bidding".
So viel zu den sprachlichen Feinheiten und zurück zu "Programmatic Video". Gleich mehrere Werbemarktplätze stellen den automatisierten Handel mit Bewegtbildwerbung in den Mittelpunkt ihres dmexco-Auftritts.
Spotxchange (Halle 8 / D071 E070), ein Adserver mit integrierten Privat-Marketplace-Funktionen, bringt eine Studie zum Bewegtbildmarkt für elf europäische Länder mit, erstellt vom amerikanischen Marktforscher IHS. Vor Ort in Köln treffen die Besucher den Firmengründer und CEO Mike Shehan sowie vier neue Mitarbeiter für das deutsche Büro von Spotxchange. Wie und wann der automatisierte Handel auch auf das TV-Werbegeschäft "überschwappt", dürfte ein spannender Diskussionspunkt sein.
Mit einer Private Exchange können Publisher Regeln festlegen, wer auf ihr Inventar zu welchen Bedingungen Zugriff hat. Ein weiterer Software-Anbieter für eine Private Exchange im Bewegtbildbereich ist Stickyads.tv (Halle 7 / F040 F042). Greg Carroll, Country Manager für UK, und Massimo de Magistris, General Manager EMEA bei Stickyads.tv, beobachten, dass sich offene Marktplätze hin zu Private Exchanges entwickeln.
Das dürfte Nigel Gilbert, Vice President Strategic Development EMEA bei Appnexus, anders sehen. Er hält am ersten Messetag (13 Uhr, Seminar 5) den Vortrag "Open. Defined". Gilbert stellt die Frage, was die Bezeichnung "offen" für eine Plattform genau bedeutet. Es gebe kaum wirklich offene Plattformen im Ökosystem der digitalen Werbung, so die Ankündigung für den Vortrag. Appnexus (Halle 7 / C026 C028) lädt dazu ein, sich mit der Definition für eine offene Plattform auseinanderzusetzen und "eines der heißesten Themen der Branche" anzugehen. Weitere Aspekte, die nicht nur Appnexus beschäftigen, sind die Sichtbarkeit von Werbemitteln sowie deren Effizienz.
Auch Yume (Halle 7 / B044) positioniert sich nun als Programmatic-Marktplatz für Bewegtbildwerbung. Dieser besteht aus zwei Produkten, "Yume für Advertisers" und "Yume für Publisher", und basiert auf der Datenmanagement-Plattform des Unternehmens. "Unser Angebot einer vollständigen Programmatic-Plattform wird über eine einfache Automatisierung von Mediatransaktionen hinausgehen. Wir bieten echte Multiscreen-Audiences und Brand Safety, die im Programmatic-Bewegtbildbereich bislang weitgehend fehlen", sagt Jayant Kadambi, Mitgründer und CEO von Yume.
Nutzerdaten zu sammeln, um Werbung an die gewünschten Zielgruppen auszuliefern, spielt gerade im automatisierten Mediahandel eine wichtige Rolle. Webseitenbesucher sollen möglichst geräteübergreifend wiedererkannt und eingeordnet werden können. "Cross-device" wird deshalb bei The Adex (Halle 8 / B048), Anbieter einer Data-Management-Lösung, ein wichtiges Thema sein. Ein Fokus wird auf "The Adex User ID" liegen, der Möglichkeit, anhand einer Kennung (ID) unabhängig von Cookies Nutzerprofile zu erstellen. The Adex teilt sich als Unternehmen der Virtual-Minds-Gruppe einen Stand mit der Demand-Side-Plattform Active Agent, der Supply-Side-Plattform Yieldlab, dem Adserver-Anbieter Adition und mit Batch Media, einem Dienstleister, der die Qualität der Werbeauslieferung kontrolliert. Dazu zählen Brand Safety, Sichtbarkeit und die Aufdeckung von Online-Werbebetrug.
Auch Meetrics (Halle 7 / B028) präsentiert in Köln eine Lösung für die Überprüfung der Werbemittelsichtbarkeit und für Brand Safety. Laut dem Ad-Viewability-Benchmark von Meetrics beträgt die durchschnittliche Sichtbarkeitsrate 64 Prozent über alle Formate.
Mit Ad Fraud (Online-Werbebetrug) und Tracking setzt sich auch das US-Unternehmen Ghostery (Halle 7 / F055) auseinander. An der Betrugserkennung hat auch Smaato, ein Adserver für mobile Publisher und App-Entwickler, gearbeitet. Smaato (Halle 8 / E021) hat eine Engine zur Betrugserkennung (Fraud Detection) in seine Plattform eingebaut, um Traffic-Fraud zu verhindern. "Ad Fraud stellt ein großes Problem für die mobile Werbebranche dar. Wir wollen sicherstellen, dass wir nur echte User und saubere Ads in unserem System haben", sagt Smaato-CEO Ragnar Kruse.
Die Demand-Side-Plattform Dataxu (Halle 8 / A021 A025) hat zu Beginn des Jahres 2015 eine "Fraud-Free-Garantie" eingeführt. Liegt die Betrugsrate über drei Prozent, erhalten Kunden eine Erstattung. Dataxu bietet ein Seminar an, in dem erklärt wird, wie mit automatisiertem Handel der Marketing-Return-on-Invest verbessert werden kann.
Video ist auch bei Supply-Side-Plattformen ein großes Thema. Improve Digital (Halle 8 / E040) stellt dazu einen Case des Kunden Tamedia vor. Smartclip (Halle 8 / C039 D038) hat eine Kooperation mit der Demand-Side-Plattform Mediamath (Halle 7 / D019 E018) angekündigt.
Dass Branding-Formate im Programmatic-Markt stark zulegen, beobachtet Adserver-Anbieter Adform (Halle 8 / C048). Die europaweiten Ausgaben dafür stiegen von April 2014 bis April 2015 um 333 Prozent, so der Report "RTB Trend Report Europe Q1 2015". "Branding-Formate sind dabei, dem Programmatic-Markt ein neues Gesicht zu verleihen. Die Diskussion rund um RTB als reine Restplatzvermarktung können wir also endlich hinter uns lassen", meint Holger Mews, Senior Vice President Europe bei Adform.
Daneben gibt es auch Messerundgänge zu den Themen E-Mail-Marketing, Daten und Analytics und Performance.