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Medientage München

Medientage München "Nur der Mensch kann die Probleme der digitalen Gesellschaft lösen"

Klaas Heufer-Umlauf (li.) moderierte die Auftaktveranstaltung, hier mit Martin Ott, Managing Director Zentraleuropa bei Facebook

Medientage München

Klaas Heufer-Umlauf (li.) moderierte die Auftaktveranstaltung, hier mit Martin Ott, Managing Director Zentraleuropa bei Facebook

Medientage München

Internet-Kritiker Andrew Keen, Facebooks Zentraleuropa-Chef Martin Ott oder TV-Pionier Georg Kofler: Die Medientage München versammelten Vertreter aller Medienwelten um die Auswirkungen der digitalen Technisierung zu diskutieren.

In neuer Location gingen die Medientage München am 24. Oktober an den Start. Drei Tage lang will man den Brückenschlag zwischen traditionellen und neuen Medien schaffen und zeigen: Es gibt keinen Konkurrenzkampf, sondern eine Daseinsberechtigung für Offline und Online gleichermaßen. Auf der Auftaktveranstaltung des Events stand zudem folgende Frage im Raum: Wie lassen sich Auswirkungen der digitalen Technisierung sowohl wirtschaftlich erfolgreich als auch gesellschaftlich verantwortungsvoll von der Medien-Branche nutzen? Eine klare Antwort gab es im Rahmen des von Klaas Heufer-Umlauf moderierten Medientage Gipfels nicht, jedoch zahlreiche Lösungsansätze.

Der bayerische Staatsminister für Digitales, Medien und Europa, Georg Eisenreich, etwa, bezeichnete die digitale Transformation als "große Aufgabe", bei der Werte, Wohlstand und Demokratie ebenso zu sichern seien wie Meinungsvielfalt und -freiheit. Beim "Kampf um den Erhalt und die Entstehung von Geschäftsmodellen" seien angesichts der äußerst dynamischen technologischen Entwicklung Kooperationen und Vernetzung gefragt. Dazu solle auch die neue Medienstandort-Agentur für Bayern beitragen. "Wir müssen Tempo machen, um nicht von der Entwicklung überrannt zu werden", mahnte Eisenreich mit Blick auf die großen Online-Konzerne in den USA. Für den globalen Wettbewerb brauche es vergleichbare, transnationale Regeln für alle - gerade in den Bereichen Datenschutz, Steuerrecht und Vielfaltssicherung.

Leere Versprechen

Ein sehr dystopisches und kulturkritisches Bild der digitalen Zukunft zeichnete der britisch-amerikanische Internet-Kritiker und Autor Andrew Keen in seiner Keynote. Einst hätten zu den großen Versprechungen des Internets Chancengleichheit, mehr Arbeitsplätze, eine gerechtere Verteilung des Wohlstands und eine bessere Qualität von Kommunikation gehört. Das alles habe sich nicht bewahrheitet.
 
Medien wären als Kulturgut inzwischen durch große Plattformen, unsoziale Online-Netzwerke, das Primat großer Reichweiten und gefährliche Monopole geprägt. Hinzu kämen die "enormen, furchteinflößenden Kräfte" der Künstlichen Intelligenz. Umso wichtiger sei es, Mensch und Gesellschaft wieder handlungsfähig zu machen. Zu diesem Zweck müsse politische Regulierung die Privatsphäre, persönliche Daten und Verbraucherrechte schützen, müssten Bürger zur Wahrung ihrer Rechte aktiviert und das Bildungssystem zugunsten von Kreativität und Empathie umgebaut werden. Nur der Mensch, nicht die Technologie könne die Probleme der digitalen Gesellschaft lösen, so Keens Appell.

Facebooks "War Room"

Dass Algorithmen, soziale Online-Netzwerke und Künstliche Intelligenz die mediale Konstruktion von Wirklichkeit entscheidend prägen, wurde bei allen Gespräche n des Medientage-Gipfels deutlich. Martin Ott, der bei Facebook Managing Director für Zentraleuropa ist, versicherte, Facebook habe kein Interesse an Hate Speech oder Fake News. Inzwischen kümmerten sich mehr als 20.000 Mitarbeiter um die Inhalte der weltweit größten Social Community.

Um Wahlmanipulationen zu verhindern, arbeiteten etwa zwanzig Experten in einem "War Room" der Konzernzentrale in Menlo Park daran, Social Bots oder Falschmeldungen zu enttarnen. Kann nun eine so große Plattform wie Facebook wirklich neutral sein? Eine klare Antwort von Ott gab es dazu nicht, er versicherte aber, eigene Inhalte seien für das Unternehmen - mit Ausnahme kleinerer Pilotprojekte zu Erforschung von Geschäftsmodellen - kein Ziel.

"Falsch und dumm"

Georg Kofler indes, Pionier des deutschen Privatfernsehens, setzt immer noch große Stücke aufs traditionelle TV. "Ein Abgesang aufs Fernsehen ist falsch und dumm", sagte der Gründer des Fernsehsenders ProSieben.

Kofler ging einst mit ProSieben und später mit dem Abo-Anbieter Premiere an die Börse. Zudem betreibt er heute die Firma Social Chain Group, die Inhalten aus sozialen Medien breiten Zugang ins Netz verschafft und sie gleichzeitig bei der Werbewirtschaft vermarktet.

"Alte und neue Medien kombinieren sich ständig neu", erklärte Kofler weiter. "Und wenn man das richtige Format hat, funktioniert es auch im TV noch hervorragend." Kofler führte als Beispiel die Vox-Existenzgründer-Reihe "Die Höhle der Löwen" an, in der er selbst als Investor sitzt.

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