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Dennis Schmoltzi

Dennis Schmoltzi von Emma Matratzen "Ich würde am liebsten fünf Tage pro Woche Büropflicht verordnen"

Emma
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Für die Mitarbeiter von Emma Matratzen ist die Zeit im Homeoffice vorbei. Seit Juli arbeiten sie wieder vier Tage pro Woche im Frankfurter Büro. Mitgründer Dennis Schmoltzi ist überzeugt: Das ist nicht nur fürs Unternehmen besser, sondern auch für die Emmies.

Homeoffice forever oder back to normal - ergo ins Büro? Welcher Weg für Unternehmen der sinnvollere ist, wird aktuell wohl überall diskutiert. Bei der Matratzen-Brand Emma ist die Sache entschieden. Mitgründer Dennis Schmoltzi ist sich sicher: Das rasante Wachstum (im vergangenen Jahr stieg der Umsatz des Unternehmens gegenüber dem Vorjahr um 59 Prozent auf 645 Millionen Euro) ist nur möglich, wenn die Emmies eng zusammenarbeiten und unternehmerische Ideen beim informellen Plausch auf dem Gang oder beim Essen diskutieren können.

Machen wir erst einmal eine Standortbestimmung: Wie viele Mitarbeiter und Standorte gibt es bei Emma?
Dennis Schmoltzi: Aktuell gibt es bei uns mehr als 900 Emmies. Ungefähr die Hälfte davon sitzt in Frankfurt, dann haben wir noch 200 Mitarbeiter in Lissabon und weitere 200 in der philippinischen Hauptstadt Manila. Und dann gibt es nochmals jeweils 30 bis 40 Emmies in Shanghai und Mexiko City. Und pro Monat
kommen aktuell rund 40 weitere Mitarbeiter dazu, sonst könnten wir unser Wachstum gar nicht stemmen.

Und seit wann sind die Emmies wieder zurück aus dem Homeoffice an ihren alten Schreibtischen?
Schmoltzi: Das ist abhängig von den jeweiligen Corona-Auflagen in der Region. In Frankfurt haben wir die Vier-Tage-vor-Ort-Präsenz Anfang Juli eingeführt und hatten davor schon ein etwas flexibleres Modell. Gerade steht die Rückkehr in die Büros in Manila an.

"Die Entwicklung von Mitarbeitern funktioniert am besten in Person"

Aber warum? Was kann das Büro, was das Homeoffice nicht kann?
Schmoltzi: Ich habe mit vielen Leuten in der Organisation sehr intensiv diskutiert. Und da haben sich immer wieder zwei Dinge herauskristallisiert. Erstens: Die Entwicklung von Mitarbeitern funktioniert am besten in Person. Denn man lernt auch, indem man beobachtet, wie andere sich verhalten oder bestimmte Herausforderungen angehen. Darüber hinaus funktioniert auch das Onboarding deutlich besser, wenn viele Emmies im Büro sind und nicht nur ein oder zwei Leute aus dem Team. Wenn alle zusammensitzen, entwickelt sich einfach ein anderes Gefühl von Zugehörigkeit, eine andere Lerngeschwindigkeit und auch ein anderes unternehmerisches Denken. Und zweitens glaube ich, das Homeoffice eignet sich gut, um Dinge abzuarbeiten. Aber was fehlt, sind Kreativität und unternehmerische Momente. Und das unterschätzt man. Klar gibt es Strategie-Workshops & Co. Aber viel passiert auch informell beim Lunch oder einem Gespräch auf dem Flur. Gerade erst ist in so einem informellen Moment eine Idee entstanden, wie wir unsere Supply Chain optimieren werden. Die muss jetzt strukturiert angegangen werden, aber die Initiative entstand zufällig bei einem Gespräch.

Wie ist es denn mit Entwicklern, die kaum zu bekommen sind? Gelten für die Sonderregelungen?
Schmoltzi
: Die heuern wir tatsächlich von überall an und sind schon froh, wenn es wenigstens noch die gleiche Zeitzone ist. Wir haben beispielsweise ein ERP-System von Microsoft. Da findest du so wenige spezialisierte Talente, dass es egal sein muss, wo die sitzen. Gleichzeitig haben wir aber definiert, mehr Software-Engineers intern zu entwickeln. Der Standort Lissabon wird zum Engineering Hub ausgebaut werden, wo wir junge talentierte Leute an Bord holen und dann entwickeln. Denn wir glauben auch da, dass es hilft, wenn man irgendwo zusammensitzt. Aber es gibt Rollen, die deutlich mehr Interaktion brauchen, als wenn ich als Software-Entwickler "einfach" die nächsten Sprints durchführe und die nächsten Funktionen entwickle. Aber da die Grenze zu ziehen, ist nicht einfach.

Ich kenne Unternehmen, bei denen ist die Pflicht zur Vor-Ort-Präsenz am massiven Widerstand der Mitarbeiter gescheitert. Wie waren denn die Reaktionen bei den Emmies?
Schmoltzi: Ein Beispiel war Apple, oder? Da hat die Ankündigung zur Büropflicht zu einem riesigen Backslash geführt und die Mitarbeiter sind auf die Barrikaden gegangen. Deswegen war ich auch darauf vorbereitet, dass es deutlich mehr negatives Feedback gibt. Tatsächlich war das aber gar nicht schlimm. Ich glaube, es war gut, dass wir im Vorfeld mit vielen Mitarbeitern gesprochen, uns eine klare Meinung gebildet und die im Team entsprechend kommuniziert haben. Wobei es durchaus kulturelle Unterschiede gab. Die Kollegen in Lissabon sahen die Rückkehr in die Büros kritischer als in Frankfurt oder in Manila. Da müssen wir allerdings andere Dinge lösen. Denn in Manila ist der öffentliche Nahverkehr ein riesiges Thema, sodass wir die Mitarbeiter inzwischen mit Bus-Shuttles ins Office bringen. In Deutschland gab es Nachfragen im Hinblick auf die Flexibilität von Vor-Ort-Präsenzen. Aber da waren wir auch vor Corona schon sehr entgegenkommend. Wenn jemand zum Arzt muss, einen Handwerker zu Hause hat oder wegen Menstruationsbeschwerden lieber von zu Hause aus arbeitet, ist das total okay.

Wie erklärst du dir, dass die Emmies eben nicht auf die Barrikaden gingen?
Schmoltzi: Zu uns kommen junge talentierte Leute mit ganz viel Drive, die sehr motiviert sind. Und warum kommen sie zu uns? Weil sie mit anderen talentierten Leuten zusammenarbeiten wollen. Weil sie selber Dinge bewegen wollen. Und weil sie selbst schnell wachsen und Teil einer Wachstumsstory sein wollen. Im Endeffekt ist es also in ihrem eigenen Interesse, im Office mit ihren Kollegen zusammenzuarbeiten und gemeinsam Cooles zu erreichen. Denn um Herausforderungen zu bewältigen, müssen unterschiedliche Fähigkeiten und Denkweisen kombiniert werden. Das geht ein Stück weit auch über Videokonferenzen. Aber persönlich ist die Qualität am besten.

"Für Leute, die unternehmerisch wirken wollen, sind wir der beste Platz"

Warum habt Ihr Euch für vier Tage Präsenz und einen Tag Homeoffice entschieden und nicht für drei Tage
Präsenz und zwei Tage Homeoffice? Und warum ist der Freitag der Homeoffice-Tag?

Schmoltzi: Wir haben im Vorfeld schon diskutiert, was das richtige Level ist. Und wenn ich es radikal betrachte, würde ich am liebsten fünf Tage pro Woche Büropflicht verordnen. Aber die Frage ist: Wann ist der Grenznutzen erreicht. Und da haben wir uns für vier Tage entschieden. Und warum der Freitag? Weil da bei uns "Recruiting Friday" ist. Wir interviewen jede Woche 40 Bewerber. In diese Gespräche sind in Summe bis zu 100 Emmies involviert, darunter viele Senior Manager. Das heißt, das Leadership ist vormittags oder nachmittags ohnehin komplett geblockt mit Recruiting-Aktivitäten. Und weil wir die ersten Gespräche virtuell führen, kann man das extrem gut und mit Ruhe von zu Hause aus machen. Aber: Bevor die Leute ihren Arbeitsvertrag dann wirklich unterschreiben, laden wir sie erst einmal in unser Office ein, damit sie begreifen, welche Kultur wir dort leben. Auch da ist das Office also wichtig.

Verliert Ihr Talente, weil es kein Homeoffice gibt?
Schmoltzi: Ja, das glaube ich schon. Aber das ist auch okay. Wir sind sehr klar darin, was wir sind und was wir Leuten bieten können. Wir haben hier Fälle, wo Leute sich innerhalb von zwei Jahren vom Praktikanten zum Country Manager entwickelt haben. Dafür suchen wir natürlich auch ein gewisses Profil. Emma ist im Zweifel nicht das Richtige für jeden. Aber für Leute, die unternehmerisch wirken wollen, sind wir der beste Platz.

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