
Falsche Eintragung in der Whois-Datenbank der Denic Anspruch auf Zustimmung zur Berichtigung
Unrichtige Eintragungen hinsichtlich des Inhabers eines Domainnamens in der von der Denic geführten "Whois-Datenbank“ stellen sicherlich nicht den Regelfall dar. Welche Rechtsgrundsätze kommen zur Anwendung, wenn es ausnahmsweise doch einmal zu einer solchen Fehleintragung kommt?
Mit dieser Frage hatte sich der unter anderem für das Domainrecht zuständige 1. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs zu befassen. Mit seinem Urteil vom 18.01.2012 (Aktenzeichen I ZR 187/10) hat er einige wichtige Grundsätze zur Rechtsnatur der Domain und dazu aufgestellt, wie Fehleintragungen hinsichtlich des Domaininhabers zu korrigieren sind.
Der Kläger hat in dem Rechtsstreit behauptet, in Bezug auf den Domainnamen „gewinn.de“ Vertragspartner der Denic zu sein. Unstreitig war der Kläger von 1996 bis zum 02.06.2005 als Inhaber dieses Domainnamens in der „Whois-Datenbank“ der Denic genannt. Danach erschien die Beklagte als Domaininhaber. Wie es dazu kam, ist ungeklärt.
Die Denic hat die Korrektur von der Zustimmung der Beklagten abhängig gemacht. Dementsprechend hat der Kläger die Beklagte mit seiner Klage auf Einwilligung in die Änderung der Whois-Datenbank der Denic dahingehend in Anspruch genommen, dass er als Inhaber und administrativer Ansprechpartner der Domain „gewinn.de“ eingetragen wird. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben; das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dabei hat der BGH folgende Grundsätze aufgestellt:
1. Nach den Denic-Domainbedingungen und -Richtlinien ist der „Domaininhaber“ der Vertragspartner der Denic und damit der an der Domain materiell Berechtigte. Der Eintragung in der „Whois-Datenbank“ kann deshalb nicht jede Bedeutung und Wirkung abgesprochen werden. Die Eintragung hat zumindest eine deklaratorische Wirkung für die Frage, wer nach außen als Vertragspartner der Denic hinsichtlich der Registrierung eines bestimmten Domainnamens – und damit als Inhaber des Domainnamens – angesehen wird. Ein am Erwerb eines Domainnamens Interessierter wird einem Erwerbsgeschäft mit einer Person, die nicht als Domaininhaber bei einer „Whois-Abfrage“ erscheint, skeptisch, wenn nicht ablehnend gegenüberstehen. Ungeachtet der materiellen Berechtigung ist es daher wahrscheinlich, dass die Namensangabe bei der „Whois-Abfrage“ maßgebliche Bedeutung für die Verwertbarkeit eines Domainnamens hat.
2. Dem Inhaber eines Domainnamens steht aus dem mit der Denic geschlossenen Registrierungsvertrag ein vertraglicher Berichtigungsanspruch zu, wenn ein Dritter in der „Whois-Datenbank“ der Denic zu Unrecht als Inhaber des Domainnamens geführt wird.
Domainregistrierung räumt vertragliches Nutzungrecht ein
3. Durch die Registrierung eines Domainnamens erwirbt der Inhaber der Internetadresse weder Eigentum am Domainnamen selbst noch ein sonstiges absolutes Recht, das ähnlich der Inhaberschaft an einem Immaterialgüterrecht verdinglicht wäre. Der Vertragsschluss mit der Registrierungsstelle begründet lediglich ein relativ wirkendes vertragliches Nutzungsrecht zugunsten des Domainnamensinhabers. Diesem Nutzungsrecht kommt zwar nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Kammerbeschluss vom 24.11.2004) eine eigentumsfähige Position i.S.v. Art. 14 Abs. 1 S. 1 Grundgesetz zu, denn zu dem nach der Verfassung geschützten Eigentum zählen grundsätzlich auch die aus dem Abschluss von Verträgen resultierenden obligatorischen Rechte. Diese relativen Rechte genießen aber gerade nicht den für absolute Rechte bestimmten Schutz des § 823 Abs. 1 BGB. Der Anspruch auf Zustimmung zur Umschreibung des Domaininhabers kann somit nicht auf die Verletzung eines sonstigen Rechts gem. § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB gestützt werden.
4. Ein Anspruch auf Zustimmung zur Umschreibung kann allerdings nach § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 2 BGB bestehen. Nach dieser Vorschrift muss derjenige, der etwas ohne rechtlichen Grund auf Kosten eines anderen erlangt hat, das Erlangte an den Berechtigten herausgeben. Als „erlangtes Etwas“ kommt jeder vermögensrechtlich nutzbare Vorteil in Betracht, der von der Rechtsordnung einer bestimmten Person zugewiesen sein kann. Hierzu gehören neben allen absoluten Rechten auch vorteilhafte Rechtsstellungen sonstiger Art, denen gewisse Rechtswirkungen zukommen oder aber unter ungünstigen Umständen zukommen können (z.B. falsche Eintragungen im Grundbuch). Eine solche Stellung nimmt auch derjenige ein, der, ohne materiell Berechtigter zu sein, als Inhaber eines Domainnamens in der „Whois-Datenbank“ der Denic eingetragen ist.
Unser Tipp:
Dem Vertragspartner der Denic steht nur ein vertragliches, relativ wirkendes Nutzungsrecht an dem Domainnamen zu. In den Zuweisungsgehalt dieses Rechtes wird eingegriffen, wenn ein Nichtberechtigter in der „Whois-Datenbank“ der Denic als Domaininhaber geführt wird.
Ihr
Stefan Michel
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