
Booking.com und Expedia Diese zwei Player beherrschen den Online-Reisemarkt
Booking.com und Expedia sind die Platzhirsche in der digitalen Reisebranche. Für die etablierten Anbieter, aber auch für Online-Newcomer bleibt daneben nur wenig Raum.
Wenn in den nächsten Wochen deutschlandweit die Schulferien beginnen, fällt der Startschuss für die große Reisesaison dieses Jahres. Ein Großteil der Deutschen sucht dafür aber schon längst nicht mehr den Weg in die Reisebüros, sondern bucht seinen Urlaub bequem zu Hause am Computer - oder auch immer öfter mobil auf dem Handy. Die bevorzugte Anlaufadresse sind dabei allerdings nicht die Online-Auftritte der traditionellen Reiseveranstalter: Online Travel Agencies (OTAs) haben den Reisemarkt in den letzten zehn Jahren umgekrempelt und eine marktbeherrschende Stellung erobert.
Vorreiter war die 1995 von Microsoft gegründete Booking-Plattform Expedia. Seit 2005 ist das als Expedia Group firmierende Unternehmen börsennotiert und umfasst neben dem gleichnamigen Reiseportal die Schwesterseite Hotels.com, den Geschäftsreisespezialisten Egencia sowie den Ferienwohnungen-Vermittler Homeaway (in Deutschland bekannt als Fewo-direkt.de). Seit 2012 ist die Expedia Group auch mehrheitlich an der Reisesuchmaschine Trivago beteiligt. Der Anspruch des Unternehmens mit einem Jahresumsatz 2017 von mehr als 10 Milliarden US-Dollar geht inzwischen weit über die reine Vermittlung von Urlaubsreisen hinaus. Das Ziel von Expedia sei es, die gesamte Bandbreite seiner globalen Plattform zur Entfaltung zu bringen, gab CEO Mark Okerstrom unlängst zu Protokoll: "Wir wollen für Reisende und für unsere Partnerunternehmen die gesamte Welt in Reichweite bringen."
Das Online-Duopol kontrolliert den Markt
Überflügelt wurde Expedia dabei in den letzten Jahren nur von Booking.com. Das 1996 als Booking.nl in den Niederlanden gegründete Unternehmen hat es geschafft, zu einer Art Google der Reisebranche zu werden. Mit mehr als eineinhalb Millionen gelisteten Hotels und Webseiten in 43 Sprachen ist Booking.com der globale Marktführer auf dem Reisemarkt. Auf 12,68 Milliarden US-Dollar Umsatz brachten es die Booking Holdings im zurückliegenden Jahr. Zu der Unternehmensgruppe gehören auch das US-Portal Priceline, die Reisesuchmaschine Kayak, der Autovermieter Rentalcars und das Reservierungsportal Opentable.
Eine Schlüsselrolle für den Erfolg der Marken der Booking Holdings spielt Google: Volle 4,1 Milliarden US-Dollar investierte die Gruppe 2017 in überwiegend bei dem US-Giganten geschaltete Suchmaschinenwerbung. Für Urlaubssuchende in aller Welt gab es damit kaum ein Vorbeikommen an den Reiseangeboten von Booking.com und seinen Schwesterseiten.

"Die Online-Anbieter haben heute einen großen Technologievorsprung", sagt Digitalberater Markus Orth.
Nicht nur bei den Endkunden nehmen Booking.com, Expedia und Co inzwischen eine entscheidende Rolle ein, auch für die traditionellen Player der Reisebranche - Veranstalter, Airlines und Hotelanbieter - haben die OTAs eine übermächtige Stellung. "Die führenden Online Travel Agencies haben vor 20 Jahren angefangen und besitzen heute mit ihrer Technologie und ihrer globalen Ausrichtung einen großen Vorsprung gegenüber den traditionellen Anbietern", resümiert Markus Orth. Der 54-Jährige war bis 2016 Vorstandschef des Reiseveranstalters L’Tur und genießt heute in der Branche als Digitalberater großes Ansehen. Für ihn besitzen die OTAs ganz klar eine Gatekeeper-Funktion.
"Das Problem ist, dass diese Gatekeeper extrem teuer sind - und das in einer Branche mit einem sehr margenschwachen Produkt." Meist bewege sich die an die OTAs zu zahlende Provision zwischen 12 und 14 Prozent, was in vielen Fällen rund zwei Drittel der Marge ausmache. Die traditionellen Player der Reisebranche suchten deshalb fieberhaft nach Möglichkeiten, der Marktmacht der OTAs etwas entgegenzusetzen. Vieles, was Orth in diesem Kontext aufzählt - von neuen Webseiten-Features bis zu umfangreichen Info- und Content-Angeboten -, ähnelt den Rezepten, mit denen auch in anderen Branchen etablierte Anbieter meist erfolglos gegen den Online-Wettbewerb kämpfen.
Als letztes Mittel bleiben Rabattstrategien, zu denen immer mehr Reiseanbieter greifen. Die traditionellen Veranstalter müssten zwar so auf ähnlich viel Marge verzichten wie bei der Zusammenarbeit mit den OTAs, doch behielten diese wenigstens die Hoheit über ihre Kunden, berichtet Orth. Zur großen Trendwende reichten die Maßnahmen der Reiseveranstalter jedenfalls nicht: "Der Online-Anteil der Traditionellen wächst, aber nur mit geringer Geschwindigkeit. Währenddessen sind Booking.com und Co schon bei neuen Themen wie KI und Voice."
Die Suche nach dem Weg aus der Google-Falle
Allerdings ist auch das Geschäft der OTAs nicht ohne Herausforderungen. Die Dominanz von Google und die damit verbundenen hohen Marketingkosten drücken auf die Bilanzen der Online-Anbieter. Das bekommen vor allem kleinere Player im Windschatten der Platzhirsche Booking.com und Expedia zu spüren: So schreibt das Reiseportal Holidaycheck seit Jahren rote Zahlen und schlitterte die Unister-Gruppe 2016 unter großem Aufsehen in die Insolvenz. "In diesem Segment der OTAs gibt es eine Befreiungsbewegung, selbst zum Veranstalter zu werden", berichtet Branchenexperte Orth. Dazu zählt beispielsweise Aurumtours, das der Portalbetreiber Check24 2015 gegründet hat. Und auch der Unister-Nachfolger Invia betreibt mit Tourini einen eigenen Online-Reiseveranstalter.

"Wir suchen nach 'Gold Nuggets' in den Reisedatenbanken und inspirieren damit unsere Nutzer", sagt David Armstrong, CEO Holidaypirates Group
Weiterer Druck auf die OTAs entsteht durch neue Geschäftsmodelle in der Online-Reisebranche. Dazu zählen zum einen Meta-Search-Engines, die Angebote der Reiseportale aggregieren und somit ihrerseits den Kundenzugang kontrollieren. Booking.com und Expedia entziehen sich dieser Entwicklung teilweise durch ihre Beteiligungen an den führenden Meta-Searchern Kayak und Trivago. Dass Google mit einer eigenen Travel-Rubrik selbst Ambitionen in dem Bereich zeigt, dürfte allerdings auch die OTA-Marktführer nicht kaltlassen. Das jüngste Online-Erfolgsmodell im Reisebereich sind Blogs, die Urlaubsangebote für jeden Geschmack auflisten.
Das Paradebeispiel ist hier Urlaubspiraten.de. 2011 gestartet, setzte der Reiseblog unter dem Namen Holidaypirates schnell auf die Internationalisierung und ist über den Teilhaber Fabian Spielberger auch mit dem Mydealz-Betreiber Pepper.com verbandelt. "Unser Ansatz ist ganz anders als bei den OTAs", erklärt Holidaypirates-CEO David Armstrong. "Wir gehen mit unseren Algorithmen in die Reisedatenbanken und suchen nach Gold Nuggets, die sonst keiner findet." Social Media waren von Anfang an der primäre Zugang zu Urlaubspiraten.de und auch heute gehören soziale Netzwerke zu den wichtigsten Kanälen - neben Instagram, Whatsapp und der eigenen Mobile App. "Wir sind über das 'Like' in einem regelmäßigen Kontakt mit unseren Nutzern und inspirieren sie bei ihren Reisewünschen", stellt Armstrong das Alleinstellungsmerkmal seines Unternehmens heraus. Die Folge: Holidaypirates könne im Gegensatz zu den OTAs weitgehend auf Google-Spendings verzichten.
B2B-Geschäft mit eigenen Regeln
Eine weitere Möglichkeit, um dem ruinösen Wettbewerb mit Booking.com und Expedia zu entgehen, ist die Fokussierung auf das Geschäftsreisensegment. Vorexerziert wird diese Strategie von HRS. Obwohl bereits 1972 gegründet, zählt das Unternehmen auch in der digitalen Reisebranche zu den großen Namen.
Unternehmenssprecher Björn Zimmer sieht dafür zwei wichtige Gründe: Zum einen habe HRS bereits 1996 ein eigenes Online-Portal an den Start gebracht. "Zum anderen geht es im B2B-Geschäft um mehr als die reine Buchung." Wichtig seien beispielsweise eine unternehmenskonforme Abrechnung oder Schnittstellen zu den EDV-Systemen der Kunden - Aspekte, die sich OTAs nicht so einfach aneignen könnten. Dennoch zieht das Geschäftsreisensegment auch Online-Neueinsteiger an.
Ein Beispiel dafür ist das Berliner Start-up Comtravo. "Die großen Corporates sind im Reisebereich meist gut versorgt. Für viele kleine und mittelständische Unternehmen sind Reisebuchungen aber ein notwendiges Übel. Darauf spezialisieren wir uns", beschreibt COO Jannik Neumann den Ansatz des Start-ups. Darüber hinaus sieht der Comtravo-Mitgründer auch im B2B-Bereich eine "Konsumerisierung" der Reisebuchungen: "Die Kunden fragen sich, warum Geschäftsreisen nicht so einfach und günstig zu buchen sind, wie der Familienurlaub - das eröffnet uns gute Chancen im Markt."