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Gastkommentar High-Tech-Aldi und QR-Codes: Die Trends der CES Asia 2019

Jenny Gruner, Digital Marketing Manager bei der Reederei Hapag Lloyd

Hapag Lloyd

Jenny Gruner, Digital Marketing Manager bei der Reederei Hapag Lloyd

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Gut 50.000 Besucher aus 75 Ländern und rund 550 Aussteller: Das war die CES Asia 2019. Der Fokus der Messe lag auf der Verzahnung von On- und Offline-Handel, etwa durch QR-Codes. Und: Die Verknüpfung von Gesichtserkennung und Shopping ist erstaunlich weit.

Von Jenny Gruner, Digital Marketing Manager von Hapag Lloyd

50.000 Besucher aus 75 Ländern, die die Ideen und verrückten Konzepte von rund 550 Ausstellern inklusive 115 Start-ups bestaunen und ausprobieren. Das Ganze in dem für China typischen Highspeed-Modus, der uns Europäer schon nach wenigen Stunden schwindelig werden lässt. Mehr Inspiration für Marketing-Profis in weniger Zeit geht kaum. Das war die CES Asia 2019 - zumindest in einer Kurzversion.

Tatsächlich lohnt bei diesem Event jedoch auch ein genauerer Blick. Denn im Vergleich zu vielen hiesigen Tech- und Digital-Messen wie der OMR und der dmexco, steht bei der CES das Praktische, Anfass- und Erlebbare weit stärker im Mittelpunkt. So verwundert es auch nicht, dass über unzählige Stände diverse Roboter flitzen, rollen und sogar schwimmen und allen Besuchern mit freundlicher Automatenstimme ihre Hilfe anbieten.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die zuvorkommenden Maschinen noch immer relativ wenig können. Ähnlich wie die Künstliche Intelligenz (KI) steckt auch diese Technik noch in den Kinderschuhen. Unsere Science-Fiction-Visionen entsprechen eben noch nicht der Realität.

Ein Grund dafür ist - und das ist auch schon eines der ersten Learnings, die ich aus Shanghai mitgebracht habe -, dass die vermeintlich intelligenten Maschinen nicht miteinander oder mit anderen Computern sprechen können. Die Mikrochips entwickeln sich derzeit rasant weiter und auch die KI-Anwendungen werden immer besser. Allerdings kommunizieren die meisten Systeme und Geräte derzeit noch nicht einmal ansatzweise mittels einer gemeinsamen Sprache. Hier liegt ein wichtiger Schlüssel für die nächsten technischen Entwicklungsschritte.

Verknüpfung von Gesichtserkennung und Shopping

Die beherrschenden Themen der CES waren in diesem Jahr Autonomes Fahren, Virtual- und Augmented-Reality, 5G und Künstliche Intelligenz. Allein bei Letzterem gab es unheimlich viel zu entdecken.

So ist es erstaunlich, wie weit mittlerweile die Verknüpfung von Gesichtserkennung und Shopping ist. Ein Anbieter zeigte ein System, das die Gesichter der Kunden scannt, das Alter schätzte und mithilfe einer KI dann personalisierte Kaufempfehlungen ausspricht. Diese Systeme können sogar größere Menschenmengen analysieren und sagen, wie viele Männer/Frauen darunter sind, wie alt sie sind oder auch, ob sie gut oder schlecht gelaunt scheinen. Allein aus diesen Informationen können findige Marketing-Profis erheblichen Nutzen schlagen.

Aldi als Vorreiter

Überhaupt ist die Verzahnung von On- und Offline-Handel derzeit das beherrschende Element im chinesischen Handel. QR-Codes sind omnipräsent. An jedem Produkt, jedem Display oder auch an jedem Ladeneingang finden sich die quadratischen Strichzeichnungen. Sie sind meistens der Einstieg in die gigantische chinesische WeChat-Welt. Die App hat sich längst zu einem riesigen, geschlossenen Ecosystem zum Kommunizieren, Einkaufen und Informieren entwickelt. Der zweite große Online-Gigant in China ist Alibaba, der ebenfalls auf ein umfassendes Plattform-Konzept setzt. Beide Big-Player bieten eigene Mobile-Payment-Angebote, mit denen - zumindest gefühlt - längst alle Menschen in Shanghai bezahlen.

Wie in diesem Fall die Zukunft des Einkaufens aussehen könnte, führt uns ausgerechnet der hierzulande - vermeintlich - doch so bodenständige Discounter Aldi vor. In der chinesischen Metropole eröffneten die Essener vor wenigen Tagen erst einen neuen Hightech-Laden.

Dieser setzt auf eine qualitativ hochwertige Präsentation der Produkte, Selbstbedienungskassen und unzählige Displays. Das inoffizielle Motto des Stores lautet Global/Lokal. So gibt es Bier aus Deutschland (Karlskrone mit einem abgefahrenen chinesischen Comic-Etikett), Milch aus Australien und Kaviar-Creme für die Haut. Verkauft wird alles mit dem Smartphone via Mobile Payment. Auf Wunsch liefert Aldi die Einkäufe dann sogar schnell nach Hause. 

Learnings für Marketing-Profis

Die Learnings für Marketing-Profis sind vielfältig. Durch die extrem hohe Durchdringung mit QR-Codes gelingt im Reich der Mitte ein höchst spannender Online/Offline-Mix. Die Produkte lassen sich anfassen und bekommen so auch einen haptischen Wert. Bezahlt oder bestellt wird dann allerdings sofort via Smartphone. Gleichzeitig kümmern sich die Geschäfte um eine zeitige Lieferung der Einkäufe. Wir reden hier nicht von Stunden oder Tagen, sondern bei einigen Läden bereits von Minuten.

Die Logistik-Vision von Cainiao, der Logistik Platform von Alibaba, lautet beispielsweise, dass man alles in 24 Stunden innerhalb Chinas ausliefern kann, während man jeden anderen Ort dieser Welt innerhalb von 72 Stunden erreichen will.

China, wie auch einige andere Länder Asiens erleben gerade eine immense Beschleunigung - auch weil die Regierungen bei diesen Entwicklungen aktiver Treiber, statt interessierter Beobachter sind.

Die kommenden Herausforderungen für die Werbeindustrie lassen sich in China allerdings auch schon beobachten. So ist in Shanghai gefühlt jede freie Fläche mit Werbedisplays zugebaut. Papierplakate sieht man kaum noch. Immer und überall blinkt es. Allerdings scheint ein Verbraucher diese bunte Werbeüberflutung so gut wie gar nicht mehr wahrzunehmen, weil deren Blick stets auf das Smartphone-Display gerichtet ist.

Denn das ist das wichtigste Learning: Mobile first. Alles, aber auch wirklich alles, wird mobil und wandert ins Smartphone - und das mit einer rasenden Geschwindigkeit, die uns Europäer noch zu überfordern scheint. Vor allem auf diese beiden Punkte müssen sich Marketing-Profis künftig einstellen und überzeugende Lösungen präsentieren.

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