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Online-Lebensmittelhandel E-Food: Warum schaffen die Supermarkt-Konzerne den Durchbruch nicht?

shutterstock.com/Gts
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Klassische Supermärkte verstecken sich noch zu häufig hinter nicht funktionierenden Online Shops und hohen Investitionen in digitale Basisstrukturen. Es scheint, als ob sie den Online-Food-Trend verschlafen und Quick-Commerce-Start-ups nicht ernst genug nehmen.

Von Alex Mahr, Co-Founder beim Venture Builder Stryber

In Deutschland lag die Online-Penetration im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) vor Corona laut Statista bei deutlich unter zwei Prozent. Und das, obwohl es seit ca. 20 Jahren entsprechende Angebote gibt. Der heute größte Spieler Rewe.de startete bereits 2011 und über die Jahre sind viele neue Spieler an den Markt gekommen, etwa Amazon Fresh in 2017.

Eine Szenario-Analyse der Unternehmensberatung Bain schätzt, dass der Online-LEH durch die Corona-Krise profitiert. Demnach soll sich die Entwicklung um circa fünf Jahre beschleunigen, aber maximal bei dem 1,7-fachen der Vorkrisen-Schätzung für 2025 im selben Zeitraum landen. Das wären dann ca. 4 Prozent anstatt 2 Prozent. Gemessen an Vor-Corona-Branchenzahlen könnten sich also bis zu circa 3,5 Milliarden Euro Lebensmittelumsatz zusätzlich von physischen Verkaufsflächen hin zu Online verschieben. Das ist zwar ein großes Potenzial und erklärt auch den aktuellen Hype um entsprechende Food-Start-ups, ist aber in Deutschland immer noch deutlich weniger als zum Beispiel vor der Corona-Krise in Großbritannien mit 7 Prozent Online-Penetration.

Online-Handel aus Anbieter-und Nutzerperspektive

Positive Wirkung durch den Krisen-Trend hin oder her: Online-Supermärkte hierzulande funktionieren im Vergleich offensichtlich nicht gut. Ein Erklärungsversuch aus zwei Perspektiven, der Anbieter- und der Nutzerperspektive:

 

1. Aus Sicht der alteingesessenen LEH-Anbieter Edeka, Rewe, Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) etc. ist ein Online-Angebot offensichtlich eher eine Last. Kein Wunder: Online passt so gar nicht zu den über Jahrzehnte gewachsenen, lokalen Strukturen. Zumeist halbherzig wurden Online-Angebote auf diese Strukturen aufgepfropft. Das wiederum führte zu Wildwuchs wie regional begrenzte und unterschiedliche Abhol- und Lieferangebote (teilweise sogar mit Abholgebühr), unzureichenden Produktverfügbarkeiten in schlecht zu navigierenden Online Shops oder aber gar keinen Online Shops, sondern ausdruckbaren Einkaufszetteln.

Hinzu kommt, dass das Online-Angebot - da auf physische Lieferketten und Strukturen aufsetzend - so auch nicht profitabel zu betreiben ist. Dabei wäre ein Online-Angebot ein zusätzliches Geschäftsmodell in sich selbst, mit anderen Dynamiken. So muss zusätzlich zum attraktiv gelegenen physischen Supermarkt, auch im Netz für "Traffic" gesorgt werden. Entgegen der weitläufigen Meinung verirren sich Nutzer eben nicht zufällig auf Websites. Ebenso muss die Logistik entweder über eine eigene Flotte oder durch einen Logistikpartner gewährleistet werden. Dies zusätzlich zu und basierend auf dem Offline-Modell zu betreiben ist bei begrenztem Kundenerfolg einfach nicht wirtschaftlich. Das führte dann schon mal zu ambitionierten Ansätzen und ein jähes Einstellen, wie etwa bei der 2016 in Berlin gestarteten Lieferflotte von Kaufland mit rund 300 Mitarbeitern, die schon circa 15 Monate darauf wieder geschlossen wurde.

 

2. Aus Nutzerperspektive zeichnet sich auch kein besseres Bild ab. Unvorteilhafte Mindestbestellmengen, hohe Lieferkosten und unkomfortable Lieferfenster sind im Vergleich zum physischen Einkaufserlebnis keine besonders attraktive Proposition. Insbesondere dann nicht, wenn in Ballungsgebieten die Supermarkt-Infrastruktur eigentlich gut ausgebaut ist. Zusätzlich für die Lieferung bezahlen zu müssen, ist den Nutzern so nur sehr schwer zu vermitteln.

 

So ergibt sich eine Pattsituation zwischen Anbietern und Nutzern. Die einen stellen kein überzeugendes Angebot zur Verfügung, die anderen wollen es so auch nicht akzeptierten und nutzen. Auf diese Weise entsteht kein Wachstum, keine Aussicht auf Profitabilität und demnach auch keine Investitionsbereitschaft. Da könnte man ja eigentlich aus Anbieter-Sicht sagen: "Alles gut, es bleibt alles beim Alten." Doch das ist ein Fehler, denn es gibt Alternativen. 

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