
Auch 2018 wird sich eine Menge im Online-Handel tun: Worauf es im E-Commerce im neuen Jahr ankommen wird, erklären ausgewählte Experten aus der Branche.
Linus Glaser, Country Manager DACH bei Zalando SE
"Die Art und Weise wie Konsumenten einkaufen wird sich in den kommenden Jahren weiter verändern. Kunden sind heute zunehmend digital unterwegs. Für die Branche ergeben sich daraus im wesentlichen zwei Schwerpunkte: Der erste lautet 'Personalisierung', damit Kunden bei einem immer größer werdenden Angebot für sie relevante Produkte und Services finden. Ein weiterer Schwerpunkt ist 'Vernetzung'. Kunden differenzieren nicht zwischen online und stationär. Auch der Handel muss die Stärken beider Welten nutzen, um durch stärkere Vernetzung den Kunden das beste Angebot zu bieten. Das bedeutet auch die Kunden nicht nur über die eigenen Kanäle anzusprechen, sondern dort, wo sie die meiste Zeit verbringen: Social Media. Themen wie Conversational Commerce gewinnen daher weiter an Bedeutung."

Alexander Graf, CEO Spryker Systems
"Man könnte jetzt so etwas schreiben wie: Online Shops müssen einen konkreten Zusatznutzen bieten, über den bloßen Warenverkauf hinaus, aber das wäre ja langweilig. Oder vielleicht so etwas wie, dass man besser sein muss als Amazon. Aber dann weiß wieder keiner, wie das gehen soll. Dann bleibe ich lieber bei der Aufforderung nach mehr Experimenten: Mehr ausprobieren, besser messen, 100 Prozent Fokus auf die Probleme der Kunden. Dann wird auch 2018 cool!"

Thomas Schnieders, Direktor E-Commerce, Innovation & Plattform bei Otto
"In 2018 wird das Themenfeld 'Personalisierung' noch wichtiger. Inzwischen lässt sich die Intent Recognition sehr gut mit KI-basierter Analytik unterstützen, um in Echtzeit personalisierte Kampagnen auszusteuern. Dabei erwartet der User zunehmend, dass sein individueller Kontext bekannt ist und berücksichtigt wird, und dies über alle Kanäle und Touchpoints hinweg. Insbesondere Produktempfehlungen werden so noch relevanter."

Denis Burger, Senior Director Seller Growth bei eBay Deutschland
"Für Online Shops wird es 2018 entscheidend sein, dem individuellen Kunden jeweils das Inventar zu präsentieren, das für ihn auch wirklich relevant ist. Vor allem im mobilen Bereich stellt das eine große Herausforderung dar. Der Bildschirm ist kleiner und der Nutzer bewegt sich oft durch die Straßen, während er auf sein Smartphone schaut. In diesen Situationen ist es für den Shop-Betreiber noch wichtiger, auf einen Blick genau das passende Produkt anzubieten. Wir müssen uns daher weg bewegen von einer reinen Auflistung der Suchergebnisse hin zu einem individualisierten Erlebnis."

Kai Hudetz, Geschäftsführer des IFH Köln
"Wir werden 2018 kategorieübergreifend sehen, dass 'more of the same' nicht mehr funktioniert. Absolute Kundenzentrierung ist gefordert! Diese gelingt durch datengetriebene Aktivitäten, die eine passgenaue Kundenansprache ermöglichen, sowie individuellere, flexiblere Formate."

Thorben Fasching, Geschäftsführer Open Reply und Vizepräsident des BVDW
"E-Commerce steckt immer noch in den Kinderschuhen. Online Shops müssen sich endlich als zentralen Kontaktpunkt ihrer Kunden verstehen: raus aus der zu veralteten Positionierung als 'digitale Filiale' hin zum Startpunkt beim Aufbau des eigenen Ökosystems. Die Integration von künstlicher Intelligenz und learning patterns wird gleichzeitig zur Pflicht und architekturellen Herausforderung. Schließlich sollen personalisierte, konvertierende Inhalte angeboten werden sollen. Das Verständnis für Daten und Technologie wird nicht nur wichtiger, sondern auch komplexer und der entscheidende Erfolgsfaktor."

Georg Müller, Head of Marketing bei Bruno
"Das Thema Sprachsuche wird mindestens seine Schatten voraus werfen. Bereits 2016 wurden je nach Quelle bis zu 20 Prozent aller Suchanfragen per Sprache gestellt. Der Trend ist steigend und befeuert den Shift zu Mobile, denn die meisten Sprachsuchanfragen werden aktuell noch per Smartphone gestellt. Doch auch Keywords ändern sich und Plattformen gewinnen weiter an Bedeutung, um nur ein paar Beispiele zu nennen."

Gerrit Heinemann, E-Commerce-Professor
"In 2018 kommt es in Online Shops auf innovative Beratungsformen und eine Professionalisierung von digitalen Services an. Abgesehen von realen Beratungsleistungen in Echtzeit - sei es per Instant Messaging oder im Live Chat, wird sich auch die automatisierte Beratung über Chatbots und Co. weiter professionalisieren müssen. Dieses dürfte sicherlich auch den Trend zum Curated Shopping weiter befeuern. Darüber hinaus bietet AI enorme Chancen, Services mit Digitalbezug zur Profilierung zu nutzen. Dieses betrifft vor allem auch die letzte Meile, also die Art und Weise der Zustellung zum Endverbraucher, wo es derzeit den größten Verbesserungsbedarf gibt."

Martin Groß-Albenhausen, stellv. Hauptgeschäftsführer des bevh
"2018 wird es mehr denn je darauf ankommen, im Online Shop - inzwischen zuallererst sogar auf dem Smartphone - eine überzeugende 'value proposition' zu bieten. Oder einfacher gesagt, die drei Kernfragen der Kunden zu beantworten: Warum ich? Warum hier? Warum jetzt? Dafür braucht es exzellente Produktdaten, mit denen sich konkrete, persönliche Nutzungsfragen der Kunden beantworten lassen. Hier zu investieren, ist zugleich die Basis, um neue Vertriebskanäle, zum Beispiel Bots, Voice, zu nutzen. Dafür braucht es kein gewaltiges Budget, sondern lediglich digitale Kompetenz und ein großes Kundenverständnis."

Ines Köhler, Director of Marketing bei Canto
"Semantic Web Technologies sind auf dem Vormarsch: Bilder und Videos werden im E-Commerce 2018 eine entscheidende Rolle spielen. Unternehmen investieren entsprechend viel Zeit und Geld in die Erstellung ihrer visuellen Inhalte. Um den Überblick zu behalten sowie die Inhalte mehrfach wieder verwenden zu können und damit optimal zu monetarisieren, müssen auch relevante Informationen wie Bildgegenstand, Kontext oder Lizenzen mit den Inhalten verknüpft werden. Diese Datenpflege ist angesichts der enormen Menge eingesetzter bewegter und unbewegter Inhalte nicht mehr von Hand zu schaffen. Künftig werden Anwendungen aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz die digitalen Assets mit Begriffen und Kontext zu verwendeten Farben, Formen und enthaltenen Text versehen. Die Anwendungen müssen in die bereits verwendeten Technologien und Systeme integriert werden, um ihre volle Wirkung zu entfalten."

Jens Drubel, Gründer, Geschäftsführer AllyouneedFresh
"Integrative Bestellmöglichkeiten werden 2018 ein wesentlicher Treiber. Wir werden uns zunehmend von konventionellen Internet-Plattformen und Apps entfernen hin zu Bestellmöglichkeiten, die enger in unseren Alltag integriert sind. Dazu gehören zum Beispiel Messenger wie SimsMe oder WhatsApp, über die so viel wie möglich abgewickelt werden, z. B. Bestellungen oder Kundenanfragen. Aber auch die Armbanduhr als Beispiel für ein technisches Device zählt dazu. Genauso wird vielleicht unsere Kaffeemaschine für uns bestellen können oder unser Mülleimer. Sprache wird dabei ein wesentlicher Treiber, zunehmend aber auch die antizipierende Vorausschau von Händlern für ihre Kunden, wie auch EAN Codes. Der Lebensmittel-Online-Handel ist hier ein wichtiger Innovator, da Lebensmittel deutlich öfter gekauft werden als zum Beispiel Fashion oder Technik."

Marius Licbarski, Marketing Manager Gourmetfleisch
"Mobile-Optimierung, Individualisierung und ein klares Alleinstellungsmerkmal werden im neuen Jahr für Onlineshops eine entscheidende Rolle einnehmen. Neben einer Verlagerung vom Desktop zur mobileoptimierten Kommunikation werden auch kundenorientierte Lösungen für individuelle Bedürfnisse stärker gefragt sein. Für einen langfristigen Erfolg benötigt ein Online Shop einen handfesten USP, um sich klar von der Vielzahl anderer Webshops abzuheben und um die Unternehmensziele zu erreichen."

Matthias Postel, Gründer und CEO von iCompetence
"Die Trends Mobile und AI werden sich 2018 noch verstärken. Das hat für Online Shops vor allem zwei Konsequenzen: Wer seinen Shop noch nicht mobil optimiert hat, hat schon verloren: Auch bei mäßiger Internetverbindung müssen Inhalte zügig geladen werden und sich auf der Bildschirmgröße eines Smartphones gut darstellen lassen. Und: Sie müssen multichannel denken: Daten aus allen Kanälen müssen in Echtzeit fehlerfrei ausgewertet werden, um die Kundeninteressen auch vor dem Login zu treffen. An Automatisierung - und somit einer gut geführten Datenbasis - führt kein Weg mehr vorbei."

Dominik Dreyer, Managing Director Groupon Germany
"Die wichtigsten Trends sind Personalisierung mit Location-based Services, also Kaufvorschlägen in Echtzeit und Push-Nachrichten, künstliche Intelligenz für den Kundenservice wird zur Norm und effektives Marketing-Kampagnen-Management wird noch wichtiger werden, um zu Konvertierungen zu führen. Der Wettbewerb nimmt massiv zu und ich möchte alle Marketingspezialisten ermutigen ihre Strategien - Mobile über Web - besser zu betrachten und noch mehr zu 'ownen'."

Daniel Heller, Online-Marketing-Experte bei Trusted Shops
"Marketing via Storytelling wird auch in 2018 immer präsenter und wichtiger werden. Aus einem guten Grund: Geschichten erzählen ist menschlich. Mit Hilfe von Stories können emotionale Verbindungen aufgebaut werden, die den Umsatz steigern und Kunden zu loyalen Fans machen. Besonders in Zeiten von Bannerblindheit werden starke Charaktere und Geschichten, die den Verbraucher emotional berühren, unverzichtbar, um als Unternehmen zu wachsen - nicht nur in 2018, sondern auch in ferner Zukunft."

Susanne Ullrich, Regional Marketing Lead bei Freshworks
"Online Shops müssen 'Customer Centricity' noch stärker leben, nur so können sie sich gegenüber Wettbewerbern behaupten. Kunden werden immer anspruchsvoller - sie erwarten individuelle Angebote, zeitnahe Antworten und ausgezeichneten Service. Laut Forrester werden 79 prozent aller Online-Shopper nicht mehr von einer Seite kaufen, wenn sie mit dem Erlebnis unzufrieden waren. E-Commerce-Anbieter müssen dem Kunden mehr denn je zuhören, auf Bedenken und Wünsche eingehen und mittels Analysen und Personas gezielt personalisierte Angebote und Inhalte erstellen."

Stephan Tromp, kaufmännischer Geschäftsführer beim Handelsverband Deutschland (HDE)
"Der Trend zum Multichannel-Handel wird sich weiter verstärken. Entscheidend ist die effektive und intelligente Nutzung der Informationen über die Kunden - egal ob on- oder offline. Mit einem ausgefeilten Datenmanagement können die Händler ihre Angebote zunehmend individualisieren. Die Kunden belohnen echte Erleichterungen, reine technische Spielereien dagegen nicht. Am wichtigsten sind dabei Individualität und Passgenauigkeit - wie dies technisch erreicht wird, das ist für die Verbraucher letztlich zweitrangig.
Immer wichtiger werden Sprachassistenten, die im direkten Austausch mit dem Kunden und durch die Vernetzung mit anderen Smart Devices die Einkaufsplanung sowie den Einkaufsprozess erleichtern können. Als 'Rundumbetreuer' liefern die intelligenten Helfer für den Handel wertvolle Einblicke in die Kundenbedürfnisse und werden zum Ausgangspunkt Nr. 1 der Customer Journey."