
Sebastian Brede B2B-Marktplatz Expondo: "Wir brauchen Profis"
Sebastian Brede, Geschäftsführer von Expondo in Berlin
Sebastian Brede, Geschäftsführer von Expondo in Berlin
Mit Hilfe von eBay und Amazon sowie einem vertikalisierten Geschäftsmodell ist Expondo in den letzten zehn Jahren zum B2B-Online-Marktplatz für Gastronomiebedarf und Spezialwerkzeug gewachsen.
Werkzeughersteller Würth ist im Herbst online gegangen, mit Contorion widmet sich das erste Start-up dem Business-to-Business-Markt für Werkzeuge und im Dezember startete Amazon sein Programm Business für Geschäftskunden und spezialisierten Produkten: B2B gilt als lukratives Wachstumsfeld, das bislang allerdings nur weitgehend unbekannte Online-Händler beackerten.
Eines der Portale ist Expondo: Der Marktplatz mit Sitz in Berlin wuchs mit Hilfe von eBay, internationalisierte auf Amazon und setzt seit zehn Jahren auf ein vertikales Geschäftsmodell: Die Berliner lassen Werkzeug und Gastronomie-Technik nach eigenen Plänen herstellen und optimieren. Sie vertreiben ihre Geräte und Werkzeuge ausschließlich online in mittlerweile 16 europäischen Ländern. Jetzt will das Unternehmen auch Marken in sein Sortiment aufnehmen und plant außerdem an einem Showroom in Berlin. Geschäftsführer Sebastian Brede gibt Auskunft über einen speziellen Markt und eine anspruchsvolle Kundschaft in Unternehmen und Werkstätten.
Über Expondo wird nicht viel geschrieben, oder?
Sebastian Brede: Das ist richtig, Expondo ist relativ jung, wurde vor zehn Jahren von Piotr Stach und Waldemar Moss gegründet. Wir waren in den letzten Jahren vor allem auf das Geschäft und seine Herausforderungen konzentriert. Daher haben wir wenig von uns hören lassen. Die beiden Gründer sind heute Gesellschafter, arbeiten noch mit im operativen Geschäft und bringen hier ihren Spirit ein.
Was macht Expondo?
Brede: Wir verkaufen über das Portal Küchengeräte, Technik und Werkzeug für Gastronomie und Handwerk sowie Industriebedarf. Dabei lassen wir einen großen Teil unserer 1.700 Produkte nach eigenen Angaben und Qualitätsvorgaben in China und Polen fertigen. 95 Prozent des Geschäfts entfallen auf Eigenmarken.
Namen wie Royal Catering, Stamos, MSW oder Steinberg Systems sind nahezu unbekannt, brauchen Sie keine Marken, um Kunden auf Ihren Marktplatz zu ziehen?
Brede: In der Branche sind unsere Eigenmarken und ihre Produkte mittlerweile gut bekannt und wir haben ja durchaus bekannte Marken im Programm, etwa Bartscher im Bereich Gastronomiebedarf oder Fein und Rehm beim Werkzeug. Damit decken wir spezialisierte Wünsche unserer Kunden ab. In der Vergangenheit fremdelten viele Profi-Marken mit dem E-Commerce und wollten keine neue Konkurrenz zu ihren Vertriebsnetzen aufbauen. Andererseits startete Expondo mit dem Anspruch, ein breites, praktisches Sortiment günstig anzubieten. Daher konzentrieren wir uns weitgehend auf eigene Marken und können damit viel besser auf Kundenwünsche reagieren. Im Bereich Gastronomie, auf den die Hälfte unseres Umsatzes entfällt, werden wir aber in diesem Jahr den Verkauf von Markenware aus- und dafür einen spezialisierten Gastro-Shop aufbauen.

Popcornmaschine und dazu Präzisionswaagen, Schweißgeräte und Werkzeug: Der B2B-Marktplatz Expondo richtet sich an die Gastronomie, Werkstätten und Unternehmen.
Expondo
Kaufen Sie Ihre Produkte in China und Asien ein?
Brede: Wir lassen dort nach unseren Plänen fertigen. Zwar nicht in eigenen Fabriken, aber alles, was wir verkaufen, wird speziell für Expondo produziert. Von mehr als 200 Mitarbeitern sind knapp 20 unserer Leute in der eigenen Entwicklungsabteilung beschäftigt, hier konstruieren oder optimieren Ingenieure und Designer bestehende Werkzeuge und Geräte. In China haben wir eine eigene Qualitätssicherung eingerichtet.
Woher erhalten Sie den Input für diese Arbeit?
Brede: Vor allem von unseren Kunden. Wir analysieren dafür unsere Verkaufsdaten, das Feedback und die Anfragen. Die Mitarbeitenden im Service, Verkauf und in der Beratung sind geschult, Kundenfragen möglichst genau zu erfassen und zu sammeln. Diese Angaben bilden die Basis unserer Produkt- und Sortimentsentwicklung. Zusätzlich setzen wir auf Marktforschung, bilden Fokusgruppen, die wir befragen, um zu erfahren, welche Produkte und Services sie benötigen.
Wer sind Ihre Kunden?
Brede: Überwiegend kleine und mittelständische Unternehmen versorgen sich bei Expondo, dazu gehören auch junge Unternehmen, die zum Start sehr stark auf das Preis-Leistungs-Verhältnis ihrer Ausrüstung achten. Hinzu kommen Freiberufler oder Verbraucher. Spontan würde ich das Verhältnis Unternehmens- oder Gewerbe und Privatkunden oder Freiberufler auf 60 zu 40 schätzen.
Expondo ist in 16 Ländern Europas mit eigenen Plattformen aktiv, wie hoch ist der Auslandsanteil an Ihren Einnahmen?
Brede: Wir veröffentlichen den Umsatz nicht, aber er erreicht inzwischen einen deutlich zweistelligen Millionenbetrag. Im vergangenen Jahr sind wir um nahezu 50 Prozent gewachsen - auch weil wir gerade sehr stark internationalisieren. Die Hälfte der Erlöse generieren wir in Deutschland, die andere Hälfte verteilt sich auf inzwischen 15 europäische Länder, in denen wir mit Expondo präsent sind. In diesem Jahr wollen wir das Portal in weitere fünf Länder bringen, planen den Start in Norwegen, Dänemark, Slowenien, Bulgarien, Rumänien.
"Für das B2B-Geschäft empfehle ich eher Amazon als eBay"
Online-B2B-Marktplätze wie Contorion expandieren in der Fläche und eröffnen Filialen. Plant Expondo ebenfalls Läden?
Brede: Tatsächlich wollen wir Ende dieses Jahres einen Flagshipstore in Berlin eröffnen, planen aber kein Filialgeschäft. Wir sind zwar gut darin, Werkzeug und Geräte möglichst genau zu zeigen und zu beschreiben, wissen auch, was unsere Kunden für ihr Geschäft brauchen, aber viele wollen die Produkte doch noch in die Hand nehmen und ausprobieren. Diesen Kunden geben wir mit einem Showroom die Möglichkeit, unsere Produkte anzufassen und sich so von der Haptik und der Qualität zu überzeugen.
Wie sprechen Sie Kunden an?
Brede: Vor allem über Suchmaschinenwerbung, damit stärken wir unsere Portale, auch wenn wir Vertriebskanäle wie eBay, Amazon und andere Marktplätze nutzen.
Expondo ist vor zehn Jahren als Powerseller bei eBay gestartet und hat mit Hilfe von Amazon sein Geschäft internationalisiert. Wie wichtig sind diese Marktplätze heute bei Ihnen?
Brede: Wie bei anderen Start-ups im E-Commerce lief das erste Geschäft von Expondo über eBay, das war ein guter und einfacher Start, weil Gründer hier viele Vorgaben zum Geschäft bekommen und sofort eine große Zielgruppe ansprechen können. Zum Start wurde zwar auch die eigene Plattform aufgebaut, für die ersten Internationalisierungsschritte aber hat Expondo schon in den ersten Jahren weitere Länderportale von eBay, später auch von Amazon bespielt. Gegenwärtig sind wir bei beiden Marktplätzen auf fünf europäischen Portalen aktiv. In den letzten drei Jahren haben wir vor allem an der Internationalisierung der Expondo-Plattform gearbeitet: also Shops in verschiedenen Landessprachen aufgebaut, Muttersprachler für Beratung und Kundenbetreuung eingestellt, um von den Kunden vor Ort akzeptiert zu werden und auch um den kulturellen Background zu bieten, den Kunden von einem Shop in ihrer Sprache erwarten.
Zurzeit verlagert sich immer mehr Geschäft auf Marktplätze - das müssten Sie doch auch spüren. Brauchen Sie überhaupt eine eigene Plattform?
Brede: Tatsächlich hat ein nicht geringer Teil unserer Kunden Expondo über Amazon und eBay gefunden. Das ist eine übliche Entwicklung, die wir aber nicht forcieren. Den Großteil unseres Umsatzes, ich schätze ihn auf mehr als 60 Prozent, machen wir über unseren eigenen Shop und seine Landesableger. Wir können uns hier besser darstellen, positionieren und unsere Klientel - die Beschaffer und Einkäufer in Unternehmen und Werkstätten - ansprechen. Klar kennen die auch Amazon und eBay, aber sie suchen die Sicherheit bekannter Namen und bewährter Prozesse.
eBay oder Amazon - welchen der Marktplätze würden Sie für B2B-Geschäfte empfehlen?
Brede: Persönlich würde ich eher Amazon empfehlen. Der Marktplatz hat gerade mit Amazon Business ein Programm für Geschäftskunden gestartet, das bereits in den USA gut funktioniert und sich auch hier durchsetzen wird. Amazon bietet außerdem einige gute Funktionalitäten zur Darstellung von Produkten und für Werbung. Problem auf beiden Portalen bleibt aber die Kundenansprache, sie ist in der Optik und auch sprachlich sehr stark auf Verbraucher zugeschnitten, also auf Bedürfnisweckung und -Befriedigung in alltäglichen Situationen. Produktbeschreibungen an die Wünsche von Geschäftskunden anzugleichen, funktioniert nicht 100-prozentig. Im Gegensatz zu B2C-Kunden wissen B2B-Käufer sehr genau, was sie brauchen. Sie arbeiten schließlich schon viele Jahre mit Gerätschaften und Werkzeug. Deshalb geht es beim Verkauf um handfeste Fragen, um tiefe Suchmöglichkeiten nach besonderen Stichwörtern und detaillierte Beschreibungen oder -Ansichten und gerade nicht um ein Storytelling rund ums Produkt.
"E-Commerce bietet mehr Möglichkeiten"
Wie erklären Sie auf Expondo Küchengeräte oder Werkzeuge?
Brede: Das ist in erster Linie eine Anforderung an uns - wir brauchen Profis. Unter den Redakteuren für die Produktbeschreibungen sowie im Kundenservice gibt es bei Expondo viele Profis, Quereinsteiger im E-Commerce, die einmal als Koch, Handwerker oder in der Industrie gearbeitet haben und unsere Kunden wirklich verstehen. Wir bieten speziellen Content, der vielleicht nicht so lang oder gründlich ausformuliert ist, aber genau auf den Punkt trifft. Viele Produkte erklären wir nicht nur Fotos und 3-D-Ansichten, sondern seit etwa fünf Jahren auch mit Videos. Spezialisten zeigen darin den Umgang mit Werkzeug und Gerät. So können sich Kunden vorstellen, wie sie Werkzeuge einsetzen. Und so entsteht bei ihnen das Bild: Bei Expondo wissen sie, von was sie sprechen.
Amazon Business ist gerade gestartet, Start-ups wie Contorion entdeckten um 2015 B2B für sich, die Werkzeughersteller starten jetzt erst online: Warum geht der B2B-Markt erst jetzt so richtig los?
Brede: Im Privatleben hat sich der Online-Handel etabliert, Verbraucher bestellen immer mehr online - und erwarten jetzt den gleichen Service-Standard im Arbeitsumfeld. Einkäufer wollen nicht immer nur mit Vertretern verhandeln, manchmal muss es außerdem schneller gehen. Fehlt beispielsweise ein Werkzeug auf der Kirmes, auf dem Weihnachtsmarkt oder auf der Baustelle, bietet der E-Commerce mehr Möglichkeiten. Wir verzichten bewusst auf Vertreter, um die Kostenstruktur niedrig zu halten, aber die Lieferung auf Baustellen oder direkt zu den Buden auf dem Marktplatz gehört bei uns ebenso zum Alltag wie bei den Herstellern und Großhändlern.

Expondo betreibt Lager in Berlin und Polen und liefert mit Hilfe von Speditionen Werkzeug direkt an Baustellen oder auf Marktplätze.
Expondo
Wie schaffen Sie diese Lieferungen?
Brede: Wir arbeiten mit mehreren Paketdiensten zusammen, aber auch mit Speditionen, die in punkto Größenverhältnisse einer Sendung sowie zeitlich flexibler sind. Wir liefern aus unserem Lager in Polen, aber auch aus Berlin.
Geräte für die Gastronomie, Werkzeuge, Industriebedarf - wie groß ist eigentlich Ihr Geschäft und Ihr Markt?
Brede: Den Großteil der Erlöse, gut 50 Prozent, erzielen wir in der Gastronomie, der Rest verteilt sich gleichmäßig auf Industrie und Handwerk. Daher wollen wir den Gastro-Bereich mit neuem Online Shop und spezialisiertem Angebot weiter ausbauen. Aus Marktbeobachtungen und persönlichen Interessen der beiden Gründer ist das Sortiment in den vergangenen Jahren gewachsen und hat sich zunehmend spezialisiert. Wir wollen damit auch zeigen, dass wir die Handwerke verstehen. Wie groß der Markt ist, wie viele Millionen oder Milliarden in unseren Teilbereichen pro Jahr umgesetzt werden - darüber fehlen schlicht aussagekräftige Zahlen. Bis 2020 sollen die Umätze im Bereich Gastronomie in Deutschland auf fünf bis sieben Milliarden Euro im Jahr wachsen, bei Werkzeugen kursieren Schätzungen von 30 bis 40 Milliarden Euro im Jahr. Sicher ist aber, dass die Märkte zersplittert und weitgehend von mittelständischen Anbietern und Herstellern geprägt sind.
Zu Expondo gehören zwei Schwester- oder Landesgesellschaften, eine in Polen, eine in China.
Brede: In Polen betreiben wir Lagerkapazitäten, aber auch eigenes Geschäft, in China lassen wir fertigen und suchen neue Werkzeuge. Ein großer Teil der Mitarbeiter dort kümmert sich um die Qualitätssicherung unserer Produkte.
Ist China für Expondo auch ein Markt?
Brede: Noch nicht, aber in den nächsten fünf Jahren wollen wir weitere Kontinente angehen. Asien und China sind sehr interessant für den Verkauf von Gastro-Produkten, Werkzeugen und Industriebedarf.
Sie wollen in diesem Jahr um 50 Prozent wachsen - wie?
Brede: Wachstum steht bei uns auf zwei Säulen: einerseits auf der Internationalisierung und dem Marktstart in fünf weiteren Ländern. Andererseits setzen wir auf neue Produktideen und haben in den letzten Jahren Einiges in Technik, Ingenieure und Design sowie ins Sourcing investiert, um unsere Angebote weiter an Kundenbedürfnisse anzupassen. In diesem Jahr werden folglich eine Menge neuer Produkte ins Sortiment aufgenommen, die zu Umsatzwachstum führen werden. Bisher liegen wir gut auf Kurs, unsere Ziele zu erreichen.
Welche Vorteile zieht Expondo aus seinem vertikalisierten Geschäftsmodell?
Brede: Händler zu sein, ist einfach. Wer aber hinter seinen Produkten steht, spezialisiert und Profi sein will, sollte Produktions- und Qualitäts-Know-how im Unternehmen aufbauen. Das meiste Wissen entsteht bei der Entwicklung von Produkten, bei uns eben in den Feldern Gastronomie, Werkzeugen und Industriegeräten. Wir können so schneller auf Bedürfnisse reagieren und besser auf Unternehmenskunden eingehen.