
Anleger, die früh den richtigen Riecher hatten, haben die Senkrechtstarter der Internet-Ära reich gemacht. Doch nicht nur die Aktionäre, die zu spät kamen, hatten das Nachsehen. Auch diejenigen, die aufs falsche Unternehmen gesetzt haben, hatten wenig Freude an ihren Anteilen. Denn einige frühe Stars der Branche entpuppten sich als schnell verglühende Supernovas der Dotcom-Blase

Im Juni 1999 wagte die Salon Media Group aus San Francisco, die unter anderem die Nachrichten-Site Salon.com betreibt, den Gang an die Börse. Emissionsvolumen: 26,3 Millionen US-Dollar. Allerdings lief hier von Anfang an nicht alles rund, am Abend des ersten Tages verlor die Aktie um 4,8 Prozent an Wert.
Von Oktober bis Dezember 2014, dem dritten Quartal des Geschäftsjahres 2015, erwirtschaftete die Salon Media Group einen Nettoumsatz in Höhe von 1,5 Millionen US-Dollar, was einem Minus um 22 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht. Die Zahl der Unique Visitors von Salon.com kletterte in 2014 dagegen um 82 Prozent nach oben und lag mit 18 Millionen pro Monat auf dem höchsten Level der gesamten Firmengeschichte

Die Internet-Beteiligungsgesellschaft CMGI, die 2004 mit Modus Media zur ModusLink Global Solutions Inc. verschmolz, vollzog binnen weniger Monate einen Niedergang, der einem freien Fall glich - der Kursverlust betrug 99 Prozent. Im Januar 1994, als das Unternehmen aus dem US-Bundesstaat Delaware an die Börse ging, war das noch nicht absehbar: Bei einem Emissionsvolumen von 9,9 Millionen US-Dollar war die Aktie nach dem ersten Tag exakt den Ausgabepreis wert.
Der Nachfolgekonzern ModusLink Global Solutions erwirtschaftete im zweiten Quartal (bis 31. Januar) des laufenden Geschäftsjahres 2015 einen Nettoumsatz in Höhe von 148,3 Millionen US-Dollar. Das entspricht einem Minus um 23,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal. Der Verlust pro Aktie betrug 0,03 Dollar in den ersten sechs Monaten des Geschäftsjahres 2015

Deutlich besser, nämlich mit einem Plus von 30,6 Prozent am ersten Tag lief es für den Händler Amazon, der im Mai 1997 an die Börse ging. Das Emissionsvolumen des Konzerns betrug 62,1 Millionen US-Dollar.
Für die Anleger gibt es, obwohl sich der Marktplatzbetreiber zu einem Internet-Giganten entwickelt hat, regelmäßig Grund zu klagen: Gründer und CEO Jeff Bezos verkündet zwar stets neue Bestmarken beim Umsatz, wartet aber auch kontinuierlich mit Verlusten beim Ergebnis auf. Im ersten Quartal 2015 machte der Konzern einen Umsatz von 22,7 Milliarden US-Dollar, der Verlust betrug jedoch satte 57 Millionen Dollar. Der Jahresumsatz lag zuletzt rund 55 Milliarden Dollar, der Marktwert von Amazon wird auf 144 Milliarden US-Dollar beziffert

Der Buchhändler Barnes & Noble, der bereits 1873 in New York City gegründet wurde und inzwischen die Website barnesandnoble.com betreibt, wagte den Schritt an die Börse im Mai 1999. In Bezug auf das Emissionsvolumen, das 517,5 Millionen US-Dollar umfasste, nimmt der Konzern die Spitzenposition unter den hier genannten Unternehmen ein. Mit einem Kursgewinn um 42,4 Prozent reicht es dagegen lediglich zu Rang elf.
Beim Nettoergebnis sah es in den vergangenen Jahren nicht mehr gut aus für Barnes & Noble: Stand 2005 und 2006 noch jeweils ein Plus von rund 150 Millionen US-Dollar zu Buche, schrieb der Konzern zuletzt nur noch rote Zahlen, wobei die Verluste 2014 wieder geringer ausfielen. Nach minus 68,87 und minus 64,84 sowie dem deftigen Minus in Höhe von 157,81 zwischen 2011 und 2013 lag das Minus 2014 bei 47,27 Millionen US-Dollar

Es war einmal ein Unternehmen namens Internet Advertising Network, das ein Jahr nach seiner Gründung 1995 aufgekauft und in Doubleclick umbenannt wurde und mit einer neuen Geschäftsidee aufwartete: Den Verkauf von Werbeplätzen in Online-Medien. Seinen IPO hatte das Unternehmen im Februar 1998 - mit einem Emissionsvolumen in Höhe von 68,4 Millionen Euro. Nach dem ersten Tag an der Börse kletterte der Kurs um 57,4 Prozent nach oben.
Als Doubleclick 1999 mit der Datenerfassungsagentur Abacus Direct fusionierte, rief das Datenschützer auf den Plan. Die Befürchtung: Doubleclick könne anonyme Profile der User mit persönlichen Informationen aus der Abacus-Datenbank verknüpfen. Dem Erfolg tat das allerdings keinen Abbruch. Nachdem die Firma im April 2005 von Hellman & Friedman übernommen und in zwei separate Geschäftszweige gesplittet worden war, schnappte sich im Jahr 2007 schließlich Google den Dienstleister Doubleclick, während Abacus bereits im Dezember 2006 an Epsilon Interactive verkauft worden war

Von einem größeren Konzern übernommen wurde auch Netscape Communications, eine Software-Firma, die ab 1994 den Web-Browser Netscape Navigator entwickelte. Im August 1995 ging das Unternehmen an die Börse, mit einem Emissionsvolumen in Höhe von 161,0 Millionen US-Dollar. Den Anlegern bescherte der Kursgewinn am ersten Tag ein Plus von 108,0 Prozent.
Weniger gut lief es für Netscape selbst: Die Marktanteile sanken stark zugunsten des Internet Explorer, dessen Entwickler Microsoft sich im sogenannten Browser-Krieg mit einer aggressiven Vermarktungspolitik, die später kartellrechtlich abgestraft wurde, entscheidende Vorteile erarbeiten konnte. Trotzdem versuchte Netscape Communications, das im Januar 1998 das Mozilla-Projekt ins Leben gerufen hat, im Herbst 1998 mit dem Netscape Communicator 4.5 einen Neuanfang, dem im November die Übernahme durch AOL folgte. Zunächst bestand Netscape Communications innerhalb des AOL-Konzerns, der sich mit Microsoft außergerichtlich auf eine Zahlung von 750 Millionen US-Dollar wegen des Browser-Kriegs einigte, weiter. Im Juli 2013 wurde Netscape Communications jedoch aufgelöst, die Rechte an der Browser-Technologie wurden auf die Mozilla Foundation übertragen

Ursprünglich als reine Tauschbörse für Musikstücke ging die Website MP3.com online. Der IPO folgte am 20. Juli 1999 mit einem Emissionsvolumen in Höhe von 289,8 Millionen US-Dollar. Den ersten Tag schloss die Aktie mit einem Kursgewinn von 126,1 Prozent ab. Neben den Anlegern fanden auch viele unabhängige Musiker Gefallen an der Seite und nutzten MP3.com für die Vermarktung ihrer Arbeiten.
Am 2. Dezember 2003 wurde die Plattform jedoch geschlossen, nachdem sie von CNET übernommen worden war. Zwischenzeitlich entstand unter der Domain eine Plattform für etablierte Künstler, die mit den Diensten Gamespot.com und TV.com als Entertainment Network verknüpft war. Seit November 2006 ist MP3.com wieder mit dem ursprünglichen Konzept online

Ungeachtet aller Probleme, die Marissa Mayer als aktueller CEO derzeit mit den Anlegern hat: Yahoo war eindeutig eine Erfolgsgeschichte, als der Konzern im April 1996 an die Börse ging und gleich am ersten Tag einen Kursgewinn von 153,9 Prozent erzielte. Das Emissionsvolumen umfasste dagegen - im Vergleich zu anderen Senkrechtstartern der 1990er-Jahre - eher bescheidene 33,8 Millionen US-Dollar

Mehr als doppelt so hoch wie das Emissionsvolumen von Yahoo war das von eBay - es umfasste 72,5 Millionen US-Dollar. Und auch der Kursgewinn nach dem ersten Tag fiel bei dem Online-Auktionator mit 163,2 Prozent noch etwas höher aus als beim Portalbetreiber. Für die Top Five unseres Rankings reicht es damit allerdings noch nicht für eBay, das im September 1998 an die Börse ging und 2014 einen Umsatz in Höhe von knapp 18 Milliarden US-Dollar erwirtschaftet hat

Als DistriVision wurde 1994 ein weiterer Star der Dotcom-Ära gegründet. Im Juni 1999 folgte der IPO des E-Commerce-Pioniers aus Walneu Creek in Kalifornien, der seit 1997 als Commerce One firmierte. Mit dem Emissionsvolumen in Höhe von 79,7 Millionen Euro und einem Kursgewinn am ersten Tag von 190,5 Prozent gehört das Unternehmen zu den Top Five der Senkrechtstarter.
Weit weniger ruhmreich verliefen allerdings die Folgejahre für den Liebling des B2B-Sektors zählte, dessen Anteil an freihandelbaren Aktien von 20 auf 600 kletterte, ehe er im Dotcom-Crash kollabierte. Nach der Übernahme von Veo Systems für 300 Millionen Dollar, kündigte Commerce One im Oktober 2002 an, 400 Arbeitskräfte entlassen zu wollen - 36 Prozent aller Mitarbeiter. Im Februar 2006 wurde das Unternehmen schließlich von Perfect Commerce übernommen

Die Finanz-Website TheStreet.com ging 1996 online, im Mai 1999 erfolgte der Gang an die Börse. Das Emissionsvolumen betrug 120,2 Millionen US-Dollar, der Kursgewinn nach dem ersten Tag lag bei 215,8 Prozent. Die Website ist noch immer aktiv, seit 2010 existiert auch eine mobile Version. Während der Marktwert des Betreibers TheStreet Inc. im Jahr 1999 noch auf 1,7 Milliarden US-Dollar beziffert wurde, war die Firma, die im NASDAQ gelistet ist, 2014 nur noch weniger als 80 Millionen Dollar wert

Der Name war Programm und eToys einer der ersten Online-Händler für Spiele und Spielzeug. Kurzzeitig war das Unternehmen, das 1997 gegründet wurde und eine Marktkapitalisierung von fast zehn Milliarden US-Dollar erreichte, sogar Marktführer im Online-Spielzeughandel. Auch der Börsenstart verlief bestens: Bei einem Emissionsvolumen von 191,4 Millionen US-Dollar erzielte eToys am ersten Börsentag im Mai 1999 einen Kursgewinn von 282,8 Prozent.
Nach einem Streit mit der Künstlergruppe etoy um die Rechte am Domain-Namen etoy.com, den eToys verlor, lief es nicht mehr rund. Im Februar 2001 beantragte das Unternehmen Gläubigerschutz, im Rahmen der Insolvenz wurden unter anderem das Inventar und der Firmenname an die Spielzeugladen-Kette KB Toys veräußert. Die Website wurde seitdem einige Male weiterverkauft, zuletzt 2009 an Toys 'R' Us

Ganz anders als bei eToys verliefen die vergangenen Jahre bei Priceline.com, einem Reiseportal mit Sitz in Norwalk im US-Bundesstaat Connecticut. Das Unternehmen, das seit 2014 als The Priceline Group firmiert, wurde 1997 gegründet, im März 1999 stand der Börsengang an. Das Emissionsvolumen umfasste 160,0 Millionen US-Dollar, der Kursgewinn betrug am ersten Tag satte 331,3 Prozent.
Nach der Jahrtausendwende kaufte Priceline.com, das erst 2001 erstmals Gewinne erwirtschaftete, fleißig zu. Inzwischen gehören ActiveHotels.com (seit 2004), Booking.com (2005), der asiatische Anbieter Agoda (2007) und Rentalcars.com, das 2010 noch als TravelJigsaw übernommen wurde, sowie das Reiseportal Kayak (2013) zu dem Konzern, der sein Portfolio 2014 um das Restaurant-Portal OpenTable erweitert hat

Schon am 1. November 1998 sorgte das US-Start-up theglobe.com für Schlagzeilen, als der Social-Networking-Service den größten Kursgewinn am ersten Tag nach Börsengang hinlegte, den es in der Geschichte bis dahin gegeben hat. Er betrug bei einem vergleichsweise bescheidenen Emissionsvolumen in Höhe von 26,3 Millionen US-Dollar erstaunliche 605,6 Prozent. Doch bereits ein Jahr kollabierte der Kurs infolge der Dotcom-Blase. Im Jahr 2008 stellte theglobe.com seinen Dienst schließlich ein.