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Gerrit Müller von Just Fab

Gerrit Müller Justfab: Profitabilität in diesem Jahr - "wenn es gut läuft"

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Der Modehersteller Justfab aus den USA stand bisher für Schuhe und Accessoires. Jetzt verkauft der Online-Shopping-Club auch komplette Outfits.

Der Modehersteller und Shopping-Club Justfab ging 2010 in den USA an den Start, seit 2012 verkauft das Unternehmen seine Schuhe, Taschen und ­Accessoires auch in Europa - mittler­weile an 650.000 aktive Kunden. Nach der ersten Wachstumsphase steht jetzt die Profitabilität auf der Agenda. Dafür will das Unternehmen sein wertvollstes Gut besser nutzen - seine Bestandskunden. Das betont Europa-Geschäftsführer Gerrit Müller im Interview mit ­INTERNET WORLD Business. 

Herr Müller, seit 2012 ist Justfab in Europa aktiv. Wie läuft das Geschäft?
Gerrit Müller: Wir sind umsatzseitig kräftig gewachsen und konnten deshalb schnell internationale expandieren. 2012 haben wir Justfab in Deutschland gelauncht, Ende 2012 kam Großbritannien dazu. 2013 starteten dann Frankreich und Spanien, später kamen auch noch die Niederlande, Dänemark und Schweden dazu. 

Wie drückt sich das in Zahlen aus? Wie wichtig ist der europäische Markt für Sie?
Müller: Mit unseren Marken Justfab und Fabletics setzen wir in Europa circa 100 Millionen US-Dollar um und zählen über 500.000 aktive Kunden. Zum Vergleich: Weltweit bedienen wir über 3 Millionen Kunden und setzen rund 500 Millionen US-Dollar um. Aktuell beschäftigten wir an unseren drei europäischen Standorten in Berlin, London und Barcelona etwas über 100 Mitarbeiter, weltweit sind es an die 500. Europa ist damit nach den USA unser zweitstärkster Markt - und wir ­sehen hier noch viel Entwicklungspotenzial. Innerhalb Europas sind wir bisher mit Justfab in Frankreich am stärksten auf­gestellt. 

Sehen Sie Unterschiede zwischen Ihren Märkten?
Müller: Durchaus. Die Ziel- und Kundengruppen sind zwar im US- wie im europäischen Markt sehr ähnlich - das Durchschnittsalter liegt in Deutschland bei 34, in den USA und UK bei 35 Jahren. Aber die Märkte unterscheiden sich schon. So funktioniert Bekleidung in Deutschland beispielsweise am besten. Die deutsche Kundin ist im Schnitt weniger preissensibel als britische Kundinnen. Die Warenkörbe in Deutschland sind durchschnittlich etwas größer, dafür ist die Retourenquote hier auch deutlich höher als in anderen europäischen Ländern. Unterschiede gibt es auch beim Style: Booties verkaufen sich in Europa wesentlich besser als in den USA.

Wie gehen Sie mit diesen Unterschieden um?
Müller: Wir steuern unser Marketing sehr länderspezifisch aus. Der Weg der Kundin zur ersten Registrierung ist in jedem Land sehr unterschiedlich, auch die Erstansprache unterscheidet sich. So funktioniert in Deutschland ein "2 zum Preis von 1"-Angebot besonders gut, in Großbritannien läuft ein "50 Prozent auf alles"-Rabatt besser. 80 Prozent des Marketings unterscheiden sich aber nicht: Google, Facebook und große Affiliate Player sind in allen Märkten gleich wichtig, da muss man nur die Sprache anpassen.

Und beim Sortiment?
Müller: Unser Team in London beschäftigt sich den ganzen Tag mit dem Thema Trends, um herauszufinden, was in welchen Märkten gerade gut läuft. Wenn wir in einem Markt etwas Neues probieren wollen, gehen wir immer auf die gleiche Weise vor: Wir fangen einfach damit an, den Kundinnen die neue Ware anzubieten und schauen uns die Reaktion genau an. So hatte Justfab USA bereits schon länger Jeans im Sortiment, also haben wir diese Produkte den europäischen Kunden auch angeboten. Und wir haben schnell ­gemerkt, dass die Nachfrage danach auch in Europe groß ist. Solche Experimente sind leichter, seit wir das komplette Design inhouse machen - so können wir unser Sortiment laufend erweitern. Das Ziel ist auf jeden Fall die ganze Bandbreite von Kopf bis Fuß.

Seit September 2015 bieten Sie in Europa komplette Outfits an. Rund 5.000 neue ­Modeartikel sind bis jetzt zum Sortiment dazugekommen. Wie kommt das bei den Kunden an? Man kannte Sie doch bisher ausschließlich als Eigenmarke für Schuhe, Taschen und Accessoires.
Müller: Das stimmt, und die meisten Neukunden kommen auch weiterhin über den Schuhbereich zu uns - auch weil wir den am meisten vermarkten. Allerdings haben wir die Einführung der Outfits diesmal mit der sehr erfolgreichen Social-Media-Kampagne #100 Looks begleitet, das hat  dem Strategiewechsel viel Aufmerksamkeit beschert. Zusätzlich sehen wir aber grundsätzlich, dass das Interesse an Bekleidung in den persönlichen Feeds sofort stark ansteigt, wenn Neukunden zu Bestandskunden geworden sind. Das hat schon das Jeans-Experiment gezeigt, und das bestätigt sich auch jetzt wieder bei den kompletten Outfits. Die Warenkorbgrößen steigen dadurch deutlich an, so weit wir das bisher beurteilen können. Außerdem erhöhen sie die Aktivität unserer wertvollen Bestandskunden. Das bedeutet für uns, dass wir das Apparel-Thema bei den Bestandskunden weiter vorantreiben müssen; hier werden wir auch stark auf Storytelling setzen, um für die Kunden Produktwelten zu schaffen. Einen Anfang haben wir da schon gemacht mit der ­Modetrendsgeschichte "Märchenhafter Herbst in Paris". Aktuell promoten wir die Winterkollektion unter der Storytelling-Kampagne "Baby, it’s cold outside".

Liegt Ihr Augenmerk also aktuell eher auf dem Ausbau des Bestandskundengeschäfts statt auf weiterer Expansion?
Müller: Ganz genau. Neue Märkte sind in den nächsten 24 Monaten kein Haupt­augenmerk. Stattdessen wollen wir beispielsweise stärker in Mobile investieren, um unseren Bestandskunden schönere mobile Erlebnisse anzubieten - schließlich greifen über 50 Prozent von ihnen mit ­mobilen Endgeräten auf unseren Shop zu. Auch unsere Promotion-Aktivitäten wollen wir genauer auf Bestandskunden ­zuschneiden, um die Kunden zu halten und immer wieder neu zu begeistern, zum Beispiel mit Sonderangeboten während der Cyber Week oder mit themenbezogenen Rabattaktionen - aktuell verkaufen wir beispielsweise alle Fuzzie-Stiefel für 19,90 Euro. Außerdem müssen wir unser Sortiment immer attraktiv halten; aktuell ­haben wir rund 6.000 Produkte, jedes Jahr kommen neue Artikel dazu.

Wie sieht es mit Ihrer Eigenmarke Fabletics aus, unter der Sie modische Sportkleidung vertreiben?
Müller: Der Trend, sich auch im Alltag ähnlich zu kleiden wie im Yoga-Studio, schwappt gerade aus den USA nach Europa herüber. Der stärkste Markt ist aktuell England, hier erwarte ich in den nächsten Jahren aber noch viel Entwicklung. In den USA sind wir hier schon deutlich weiter - dort betreiben wir beispielsweise bereits fünf Fabletics-Filialen. In Europa wollen wir den Bereich jetzt vorantreiben. Ich denke da auch an Kooperationen, zum Beispiel im Health-Bereich, etwa mit einer Fitnessstudio-Kette. Auch Fabletics-Filialen sehe ich für Europa kommen.

Und für Justfab?
Müller: Eher nicht, solange wir mit unserer Marke noch vornehmlich für Schuhe stehen. Schuhe brauchen auf der Stationärfläche nun mal viel mehr Platz als Bekleidung. Außerdem: Solange wir im Kerngeschäft Online noch weiterwachsen, müssen wir uns hier mit dem Gang in die Fläche noch nicht beschäftigen.

Wie werden Sie diese Aktivitäten finanziell stemmen?

Müller: Aus uns selbst heraus, hoffe ich. Wir werden dieses Jahr, wenn es gut läuft, die Profitabilität erreichen. Danach ist ­unser vorrangigstes Ziel das nachhaltige Wachstum mit schwarzen Zahlen.

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