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Wolfgang Kömpf
Amazon 08.01.2019
Amazon 08.01.2019

Kleiner Nischenanbieter Bauzentrum Kömpf: Mit Kompetenz und Service gegen Amazon

Kömpf-Chef Wolfgang Kömpf setzt bewusst auf Nischen-Shops.

Bauzentrum Kömpf

Kömpf-Chef Wolfgang Kömpf setzt bewusst auf Nischen-Shops.

Bauzentrum Kömpf

Das Bauzentrum Kömpf aus Baden-Württemberg will der Branche zeigen, dass man sich auch als kleiner Nischenanbieter erfolgreich gegen Amazon positionieren kann.

Ein aktuelles Thesenpapier des IFH Köln und der HSH Nordbank zeigt: Der Handlungsdruck in der DIY-Branche wächst. Der E-Commerce-Riese Amazon ist bereits bei mehr als jedem zweiten ­Online-Kauf im DIY-Bereich Bestandteil der Customer Journey und kann eine Konversionsrate von 76 Prozent verbuchen.

Baumärkten droht angesichts dieser Entwicklung die Gefahr, die Funktion als ­erste Anlaufstelle bei DIY-Kunden zu verlieren. Um weiter im Markt zu bestehen, sind neue Geschäftsmodelle und Differenzierungsmerkmale gefordert.

Nicht kampflos ergeben

Im schwäbischen Calw will sich das 1934 gegründete und noch immer inhabergeführte Bauzentrum Kömpf nicht kampflos dem E-Commerce-Riesen Amazon ergeben. Die wichtigste Waffe gegen den Allesverkäufer aus den USA lautet: Kompetenz und Service. Statt alle Pro­dukte über einen großen Online Shop zu verkaufen, setzt das Unternehmen lieber auf 28 verschiedene Nischen-Shops. Wer sich einen Teich in den eigenen Garten bauen möchte, wird auf Oase-teichbau.de abgeholt, wer seinen Zaun renovieren muss, wird auf Mein-zaunshop.de beraten. Es gibt eigene Online Shops für Fliesen, Garagentore, Grills, Bäder, Gartenpflege oder Workwear. Zudem betreibt Kömpf separate Marken-Shops für die Marken Weka, Karibu, Wolf Finnhaus und Skan Holz. Der größte Shop der Gruppe ist der Garten-Shop Mein-gartenshop24.de.

"Wir haben uns vor Jahren bewusst für die Nischen-Shops entschieden, weil man damit mehr Kompetenz vermittelt", erzählt Geschäftsführer Wolfgang Kömpf. Allerdings muss man so auch mehr Aufwand betreiben, damit Kunden, die einmal ein gutes Einkaufserlebnis in einem Online Shop hatten, ihren nächsten Kauf wieder in einem Kömpf-Shop tätigen. Dies versucht der Baustoffhändler beispielsweise, indem alle Shops im Footer oder über die Seite Koempf24.de miteinander verlinkt sind. Darüber hinaus funktioniert die auf Fact-Finder basierende Shop-Suche Shop-übergreifend.

Relaunch: 28 Shops auf einen Schlag

Alle Shops basieren auf der gleichen Software und den gleichen Templates. Aktuell ist dies Magento, Mitte Januar werden sämtliche Auftritte auf Spryker umgestellt. Magento sei nach der Umstellung des Preismodells finanziell nicht mehr attraktiv gewesen, erklärt Kömpf. Zudem sei das System ein bisschen wie eine eierlegende Wollmilchsau, die zwar alles kann, aber eben alles auch nicht ganz so gut. Unter dem modular angelegten Spryker nutze man jetzt beispielsweise das Content-Management-System Neos, das um ein Vielfaches besser arbeite.

Und ein gutes Content-Management-System ist für den USP der 28 Kömpf-Shops wichtig. Denn das Unternehmen ­investiert viel Zeit und Manpower, um Kunden mit gutem Content zu beraten und zu binden. Das fängt schon damit an, dass es für jeden Shop einen Produkt­manager gibt, der für seinen Sortimentsbereich brennt und sich unter anderem um die Kategorisierung im Shop und das Einpflegen neuer Produkte kümmert. Darüber hinaus kümmern sich zwei Kollegen in Vollzeit mit einer wechselnden Zahl von Aushilfen oder Dienstleistern wie Mylittle­jobs ausschließlich um die Produktion von Content. Produktmanager oder Fachberater stehen zusätzlich über YouTube-Videos zur Verfügung. Und seit Anfang dieses Jahres publiziert Kömpf auch ein eigenes gedrucktes Magazin, das zwei Mal jährlich in einer Auflage von 30.000 bis 60.000 Exemplaren allen Bestellungen beigelegt wird.

Ein 800-Kilo-Gartenhaus kommt nicht im Karton

Kunden, die noch immer Fragen haben, können sich per E-Mail, Chat oder Telefon 71 Stunden pro Woche an insgesamt zwölf Fachberater wenden. Sie beantworten nicht nur Fragen, sondern schreiben auch individualisierte Angebote, die die Kunden online anfordern können. Ein weiterer großer USP von Kömpf sind die eigenen Montageteams, die deutschlandweit verteilt sind und beispielsweise Gerätehäuser montieren, aber auch große Grills aufstellen oder den neuen Terrassenboden verlegen.

"Irgendein Saunaduftöl kann jeder verschicken", sagt Kömpf. "Wir müssen schauen, was Amazon nicht ganz so gut kann wie wir. Das sind die großen und ­erklärungsbedürftigen sowie die schwer zu verschickenden Produkte." Um ein 800 Kilo schweres Gartenhaus zu verschicken, braucht man zusätzlich zum Lkw noch ­einen Mitnahmestapler. "Jede Spedition, mit der man spricht, behauptet erst mal, dass sie das kann", sagt Kömpf, "aber wir hatten anfangs wirklich sehr hohe Schadensquoten." Zudem müsse die Spedition auch zu akzeptablen Preisen arbeiten. Durch den großen Wettbewerb im Markt lassen sich die Transportkosten nur ­bedingt auf die Kunden umlegen.

Ein weiterer Benefit, mit dem der traditionelle Baustoffhändler gegenüber Amazon punkten will, ist der Ratenkauf, der über Ratenkauf by Easycredit der Teambank abgewickelt wird. Jeder hundertste Kunde nimmt das Angebot an. Die durchschnittlichen Warenkörbe für Kreditfinanzierungen liegen bei 1.500 Euro. "Das ist deutlich höher als unser durchschnittlicher Warenkorb", weiß der Herr der Baustoffe. Eine aktuelle Studie des Marktforschers Ibi Research gibt ihm recht: Demnach konnten 70 Prozent der Händler durch die Einführung einer Ratenkauf-Option eine Umsatzsteigerung feststellen.

Die rund 100 Kömpf-Mitarbeiter sehen sich für die Zukunft jedenfalls gut gerüstet. Wie sich der Relaunch mit Spryker auswirkt, wird die Zukunft zeigen.

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