
Macht sich die Krise zunutze: Gründer Vogel
Macht sich die Krise zunutze: Gründer Vogel
ezebee.com erinnert auf den ersten Blick an das Bildernetzwerk Pinterest. Das Social-Commerce-Portal will Kleinstunternehmern und jungen Kreativen eine günstige Verkaufsplattform bieten. Gründer Ossian Vogel sprach mit INTERNET WORLD Business über den Relaunch der Seite, den Zweck der Alternativwährung Beecoin und warum die wirtschaftliche Situation in den Krisenländern Südeuropas Auslöser für die Geschäftsidee war.
Herr Vogel, wie sind Sie auf die Idee gekommen, ein Online-Portal für Kleinstunternehmer und junge Kreative zu gründen?
Ossian Vogel: Ich lebe seit drei Jahren in Spanien. Anlässlich der Wirtschaftskrise und der hohen Jugendarbeitslosigkeit in den Ländern Südeuropas habe ich mich mit anderen darüber unterhalten, was Leute in dieser Situation machen müssen, wenn sie etwas im Web verkaufen wollen. Einen eigenen Onlineshop zu betreiben ist sehr teuer und aufwändig, und man ist erst mal nur ein kleines Molekül im Internet. Unsere Seite wendet sich an Leute wie junge Designer, Künstler, Freelancer, die typischen Kleinunternehmer eben.
Seit wann ist ezebee.com auf dem Markt?
Vogel: Ursprünglich wollten wir erst im Mai offiziell online gehen, wurden aber von dem unerwarteten Ansturm förmlich überrannt. Am 15. Januar 2013 sind wir online gegangen, inzwischen haben wir knapp 380.000 Seitenaufrufe im Monat mit über 20.000 Produkten aus 45 Ländern. Wir gewinnen etwa 1.000 neue Mitglieder im Monat und 10.000 neue Produkte hinzu - rein generisch. Wir geben kein Geld für Werbung aus. Die Verbreitung geschieht ausschließlich über Mund-zu-Mund-Propaganda. Über Nacht kamen lauter neue Showrooms hinzu, auch aus Ländern wie Kenia und Namibia.
Aus welchen Ländern stammen Ihre Nutzer?
Vogel: Die meisten Nutzer kommen aus Deutschland, gefolgt von den USA und Spanien. Gerade unter den deutschen Nutzern ist eine große Bereitschaft da, weil unser Konzept dem von Dawanda ähnlich ist. Wir werden von Dawanda-Verkäufern sehr stark als Alternativ-Plattform benutzt, weil dort Provision und Paypal-Gebühren anfallen.
Worin unterscheidet sich ezebee.com von anderen Online-Marktplätzen?
Vogel: Alle Leute, die auf unserer Plattform verkaufen, stellen sich gleichzeitig in einem sozialen Netzwerk dar. Es gibt eine starke Interaktion, alle Produkte können auch geteilt und geliked werden. Ähnlich wie bei Facebook hat jeder Verkäufer ein eigenes Profil, nur mit dem Unterschied, dass er auch Produkte verkauft. Bei Bezahlsystemen wie Paypal fällt durch Gebühren gerade bei kleinen Summen zu viel Gewinn weg, deshalb haben wir uns für eine eigene Währung entschieden, die Beecoins. Der kostenlose Zahlungstransfer funktioniert gut.
Sie bieten Nutzern den Service kostenlos an. Wie finanziert sich ezebee.com?
Vogel: Die Plattform finanziert sich zum Beispiel über gesponserte Produkte und Showrooms. Wer seine Produkte prominent auf der Startseite platzieren will, zahlt dafür 80 Cent pro Produkt. Die Seite ist ausschließlich werbefinanziert, wir machen Bannerwerbung, aber keine Adsense-Werbung, die uns nicht gefällt.
Wie entwickeln Sie die Plattform weiter?
Vogel: Gerade sind wir mit unserem Relaunch online gegangen, der schrittweise vollzogen wird. Künftig soll jeder seinen Showroom direkt auf der Oberfläche bearbeiten können, das ist viel angenehmer als eine umständliche Backendlösung, bei der der Verkäufer erst in den Admin-Bereich des Shops gehen muss. Zudem wird das Bestellwesen vereinfacht. Das heißt: Für den Einkäufer wird das Kaufen so einfach wie bei einem normalen Shop. Viele Freelancer auf unserer Seite bieten individualisierte Produkte wie zum Beispiel Handtaschen an, der Anbieter muss deshalb in der Lage sein, ein Angebot für Sonderwünsche zu schreiben. Bisher musste er das über ein externes Angebotstool oder per E-Mail machen. Wir haben ein einfaches Rechnungswesen entwickelt, das es ermöglicht, diese Angebote direkt auf ezebee.com zu schreiben.
"Mit Kostendeckung hat das noch nichts zu tun"
Was hat sich am Design der Seite geändert?
Vogel: Mit der Masse an Produkten, die wir inzwischen haben, wird es schwierig, das Angebot schön und übersichtlich darzustellen. Deswegen machen wir das Design flüssig, das heißt: Es passt sich automatisch der Bildschirmbreite an. Ich sehe mehr auf einen Blick, ohne scrollen zu müssen. Für Tablets müssen wir daher keine eigene Version entwickeln.
Soll es auch eigene Apps geben?
Vogel: Da wir sehr viele Daten bewegen, kommen wir da gar nicht drum herum. Von der Programmierung her gesehen ist die Seite ein soziales Netzwerk wie Facebook. Das heißt, wir haben keine statischen Daten, die wie bei einem Shopsystem abgerufen werden, sondern jeder Nutzer sieht seine eigene Version der Seite. Die App-Entwicklung braucht allerdings Zeit, anders als Facebook haben wir nur sieben Programmierer.
Wann sollen die ersten Apps auf den Markt kommen?
Vogel: Wir sind gerade in den ersten Programmierschritten. Wir gehen davon aus, dass wir in zwei bis drei Monaten für die Hauptgeräte Apps haben, die erste wird eine Apple-App für iPhone sein.
Welche weiteren Ziele haben Sie für die Zukunft?
Vogel: Wir wollen unseren Unternehmern gute Werbetools zur Verfügung zu stellen, weil jeder, der seinen Showroom vermarktet, auch indirekt uns mitvermarktet. Dazu entwickeln wir gerade weitere Applikationen.
App-Entwicklung kostet Geld. Woher nehmen Sie das?
Vogel: Ende des Jahres werden wir frisches Kapital brauchen. Wir fangen bereits an, nach Investoren Ausschau zu halten, um unsere weltweite Präsenz weiter auszubauen. Auch Crowdfunding, an dem sich unsere Mitglieder beteiligen, können wir uns vorstellen. Derzeit haben wir 17 Mitarbeiter und machen etwa 10.000 Euro Umsatz, aber mit Kostendeckung hat das natürlich noch nichts zu tun. Momentan kommt das meiste Geld noch aus unserem Privatvermögen, inzwischen haben wir schon den Gegenwert eines Einfamilienhauses ins Netz investiert - ungefähr 350 000 Euro, unsere Arbeitszeit nicht miteingerechnet.