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Sonstiges 21.10.2015
Sonstiges 21.10.2015

Gastkommentar Mobile AdBlocker sind da: Probleme kann man lösen, Ängste nicht

Patrick Kollmann, CEO von AddApptr

AddApptr

Patrick Kollmann, CEO von AddApptr

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Das Medienecho war groß: Das neue iOS 9 macht das Blocken von Werbung im Safari-Browser auf iPhones und iPads möglich. Für Patrick Kollmann von AddApptr wird hier aber vor allem viel Panikmache betrieben.

Noch kein anderes Betriebssystem hat im Vorfeld für so viel Furore in der Werbebranche gesorgt wie Apples neues iOS 9. Das im September veröffentlichte Update für iPhones und iPads ermöglicht die Benutzung von AdBlockern im mobilen Safari Browser.

Messianische Stimmen werden laut und beschwören das oft verwendete, aber selten richtig umgesetzte Wort "Native-Advertising". Kritiker aus der Digitalbranche erwarten wiederum hohe wirtschaftliche Einbußen und prophezeien das Ende von Mobile-First. Graue Wolken ziehen auf.

Viel Panikmache

Aus meiner Sicht wird hier viel Panikmache betrieben und wichtige Fakten außer Acht gelassen. Allem voran die Tatsache, dass Mobile AdBlocker nur im mobilen Web und auch dann nur über Apples Safari Browser funktionieren. Der größte Teil des mobilen Traffics wird allerdings über Apps verursacht. Dafür gibt es sie schließlich auch.

Spiele, News und Sportplattformen stehen dabei an erster Stelle. Hier liegen die Vorteile auf der Hand: AdBlocker haben nicht die Möglichkeit, in-App-Traffic zu beschneiden. Es ist technologisch zwar möglich, wie es die App Been-Choice gezeigt hat, allerdings ging das dem iPhone Bauer zu weit - die App wurde nach wenigen Tagen wieder aus dem App-Store entfernt.

Viele Medienhäuser haben mir zudem bestätigt, dass die Klicktraten ihres App-Portfolios, längst die der Desktop- oder Mobile-Browser übertroffen haben. Und das seit Jahren. Ihre Digitalstrategie setzte schon seit Jahren auf unaufdringliche In-App-Werbung, die vom Leser, Gamer oder Sportsfreund so angenehmen und unaufdringlich wie möglich wahrgenommen wird. Ganz nach der Maxime des Native-Advertisings, wird In-App-Werbung in das Look und Feel des App-Designs angepasst. Sie spielt übrigens bei der Medienwahl der Nutzer eine viel größere Rolle, als so manch einer glauben mag. Menschen folgen schon immer der Ästhetik, der Lehre vom Schönen. Für mich ist Mobile-Development Kunst für die Hosentasche.

Ein fragwürdiges Geschäftsmodell

Wer erfolgreich Werbung auf seinem Safari-Browser blockieren möchte, muss dafür eine entsprechende AdBlocker App auf sein Smartphone downloaden. Diese ist meist kostenpflichtig. Richtig: Wer werbefrei surfen möchte, wird oftmals zur Kasse gebeten. Kostenlose Apps gibt es zwar auch und sie funktionieren ähnlich wie auf dem guten alten Desktop-Browser, müssen allerdings separat heruntergeladen werden und zwingen Unternehmen sich in sogenannte "Whitelists" einzukaufen.

Anschließend werden Banner der jeweiligen Werber durchgelassen. Das ist so ein bisschen wie mit dem Handel mit Emissionsrechten. Ein Schelm wer Böses dabei denkt. Wenige User und Unternehmen werden diese Hürde auf sich nehmen. Warum sollten sie auch. Es ergibt sich nur ein sehr geringer Teil von Nutzern, die in die Reichweite eines mobilen AdBlockers geraten. Hinzu kommt auch, dass wie in allen Lebenslagen immer ein Mittel und ein Gegenmittel angeboten wird. Die ersten Anti-AdBlocking-Funktionen befinden sich bereits in Entwicklung und Premium-Publisher werden ihre entsprechenden Inhalte ausschließlich in Apps abrufbar machen. Mit steigender Nachfrage wird auch das Angebot an Anti-AdBlockern wachsen. Ein Paradebeispiel bietet derzeit die Desktopseite der Bild-Zeitung. Leser mit aktivem AdBlocker kriegen einfach keine Inhalte mehr angezeigt. Problem gelöst.
 
Derzeit kursiert eine Meldung vom Wallstreet Journal, dass die deutsche Telekom plane, Werbung aus dem mobilen Datenverkehr herauszufiltern. Als Beispiel nehme man den jamaikanischen Mobilfunkanbieter Digicel, der damit Drittunternehmen zu einer Abgabe der Werbeerlösen zwingt. Das klingt doch ziemlich skurril, wenn man bedenkt, dass die Telekom selbst viel Online-Marketing betreibt. Doch sollte dieser unwahrscheinliche Fall eintreten (Telekom dementierte) würden auch hier Apps Abhilfe schaffen. In der Realität mag das Ganze vielleicht nicht so einfach umzusetzen sein, jedoch würde diese Art von Kanalwechsel zumindest für Ruhe sorgen.

Wahre Schönheit kommt von innen

Geld kann Ängste und Hoffnungen schüren. Finanzexperten prognostizierten einen durch mobile AdBlocker verursachte Umsatzeinbußen von einer Milliarden US-Dollar. Wer hier von Verlusten spricht, liegt nicht ganz richtig. Eher sollte von Verteilung die Rede sein. Die Summe - sollte sie wirklich eintreten - wird durch neue Kanäle kompensiert.

Wir bei AddApptr optimieren beispielsweise die Werbeumsätze von über 1.000 Apps, darunter auch viele Anwendungen mit Millionenpublikum. Bisher hat sich kein einziger Publisher, kleine wie große Medienhäuser oder auch Werber, bei mir zum Thema AdBocker kritisch geäußert.

Das wichtigste Signal in die Branche ist jetzt: Ruhe bewahren. Fest steht, unsere Digitalwirtschaft ist bestens gerüstet, ob technologisch oder mit hochwertigem und App-optimierten Content. Letzteres wird die Lösung zum Problem sein, denn die alten Werte bleiben bestehen. Es wird eine Markt- und Umsatzverschiebung eintreten, hin zu In-App-Advertising. Wer weiterhin auf starke Inhalte setzt, hat nichts zu befürchten. Der Mobile-Only-Markt schreitet unaufhaltsam voran.

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