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Anton Waitz
Sonstiges 22.08.2018
Sonstiges 22.08.2018

Expert Insights Vom Pitch zum Investment: Wie und wann überzeuge ich Investoren?

Anton Waitz, Partner bei Project A

Anton Waitz, Partner bei Project A

Von Freunden über Business Angels bis zum strategischen Investor. Wer ein Unternehmen aufbaut, steht vor verschiedenen Möglichkeiten der Finanzierung. Welche die richtige ist, ist von Fall zu Fall unterschiedlich.

Die Basisidee steht, ein erster Prototyp auch. Wenn es dann um die erste Finanzierungsrunde geht, stellen sich Gründern zunächst viele verschiedene Fragen. Wann ist der richtige Zeitpunkt für eine externe Finanzierung? Was sind meine Möglichkeiten? Wie nehme ich Kontakt zu potenziellen Investoren auf? Gerade bei der ersten Finanzierungsrunde herrscht über diese Themen oft Ratlosigkeit.

Wann ist der richtige Zeitpunkt für die erste externe Finanzierung?

Die Frage, die sich häufig als erstes stellt ist, wann überhaupt der richtige Zeitpunkt für die erste externe Finanzierung ist. Grundsätzlich sollten Gründer eines Start-ups sich am Anfang die Frage stellen, ob sie überhaupt schon externes Kapital benötigen oder erstmal ohne auskommen. Das Konzept, ohne eine externe Finanzierung in das operative Geschäft einzusteigen, nennt sich Bootstrapping. Dabei sind Zeit und Ressourcen oft begrenzt, was Vor- und Nachteile mit sich bringt. Einerseits werden Gründer von Anfang an gezwungen, die Kostenstruktur unter Kontrolle zu halten. Zudem halten sie weiterhin 100 Prozent an dem Unternehmen und künftige externe Kapitalgeber sind häufig beeindruckt vom Durchhaltevermögen der Teams. Andererseits liegt der Fokus erst einmal darauf, so schnell wie möglich positive Cash Flows zu generieren, was auf Kosten des Produkts gehen kann. Das Wachstum ist oft weniger aggressiv, da die Mittel zur Kundenakquise begrenzt sind. Zuletzt bringen externe Investoren im Idealfall zusätzlichen Wert neben reinem Kapital, der bei Bootstrapping ebenfalls wegfällt.
 
Eine andere Möglichkeit der Finanzierung in dieser frühen Phase sind Freunde, Familie und Bekannte. Das hat den Vorteil, dass Gründer ihre Idee auf Potential testen und wertvolles Feedback einholen können. Ein so frühes Investment ist eine starke Wette auf das Team hinter der Idee, wer ist also passender, als die Personen, die einem am nächsten stehen? Hier gilt es zu beachten, Feedback zu hinterfragen, da Familie und Freunde häufig keine Experten in dem Bereich sind. In Deutschland sind Freunde und Familie leider häufig noch sehr unüblich als Kapitalgeber.

Wie nehme ich Kontakt zu potenziellen Investoren auf?

Fragt man Gründer, die bereits eine Finanzierung haben nach ihren Tipps, dann bekommt man nicht selten zu hören, dass sie zur richtigen Zeit am richtigen Ort die richtigen Leute getroffen haben. Das klingt zunächst sehr stark nach Zufall, doch auch das lässt sich planen - oder kann zumindest begünstigt werden, wenn Gründer ein paar Dinge beachten. Und letztendlich müssen auch Gründer, die per Zufall an die richtigen Leute geraten sind am Ende durch Team und Performance überzeugen.

Wichtig ist, selbstbewusst genug zu sein, auf das eigene Netzwerk zuzugreifen und proaktiv um Intros zu bitten. Business Angels und institutionelle Investoren sehen jährlich oft eine Vielzahl an Start-ups. Da ist es sehr von Vorteil, wenn ein Unternehmen von einem gemeinsamen Kontakt empfohlen wurde, dem beide Seiten vertrauen. Das hilft nicht nur einen Fuß in die Tür zu bekommen, sondern ist auch für die Gründer wichtig, um einschätzen zu können, wie gut ein Investor zu ihnen passt. Denn eines sollte nie unterschätzt werden: Der persönliche Fit sollte in der Wahl des Investors genauso wichtig sein wie das Kapital selbst.

Ich stehe kurz vor ersten Gesprächen mit Investoren. Was jetzt?

Vor dem ersten Gespräch sollten Gründer sich überlegen, worauf der Gesprächspartner womöglich besonderen Wert legen wird. Das hängt in der Regel von der Phase ab, in der sich ein Start-up befindet: In besonders frühen Phasen, wenn es um die Vorfinanzierung der Entwicklung oder um das Erreichen erster Anzeichen von Product-Market-Fit geht, spielen aus unserer Sicht das Team hinter der Idee, klares Wissen über den Markt, eine Idee mit Substanz und die Vision der Gründer eine besonders wichtige Rolle.

Je spätphasiger ein Unternehmen, umso stärker rücken Zahlen in den Vordergrund, da sich das Team dann häufig schon bewiesen hat. Wenn es Richtung Series C oder Series D (so werden spätphasige Finanzierungsrunden bezeichnet) geht, basieren Entscheidungen dann oft einzig und allein auf Zahlen. Die Sympathie zu den Gründern spielt dann keine so große Rolle mehr wie in früheren Phasen.

Eine klare Vorstellung haben

In initialen Investoren-Gesprächen sollten Gründer auch immer eine klare Vorstellung darüber haben, weshalb der Gesprächspartner der passende Partner für diese Runde wäre. Investoren sind sich in der Regel bewusst darüber, dass Gründer mit mehreren Kapitalgebern in Gesprächen sind. Deshalb ist es wichtig, dass beide Parteien den Mehrwert des jeweils anderen genau verstehen und einschätzen können.

Welcher Partner passend ist, kann sich von Runde zu Runde ändern, auch unter institutionellen Investoren. So gibt es frühphasige Investoren, die mit dem Markt vertraut sind und Zugang zu ersten potenziellen Kunden bieten - oder die bereits Start-ups in einem ähnlichen Markt oder mit einem ähnlichen Geschäftsmodell im Portfolio haben und die dadurch gewonnene Erfahrung mit einbringen können. Für spätere Finanzierungsrunden macht es dann Sinn, sich nach Investoren umzusehen, die mit Unternehmen in Wachstumsphasen vertraut sind und in der Lage sind, größere Kapitalbeträge zu investieren.

Ich stehe vor mehreren Möglichkeiten. Wie soll ich entscheiden?

Wer hohes Wachstum aktiv vorantreiben will, für den sind größere Beträge notwendig. Wir sprechen hier oft von hohen ein- oder zweistelligen Millionenbeträgen. Da kommen dann in der Regel Venture Capital Geber ins Spiel. Das langfristige Ziel ist der Exit, also Verkauf, und somit das bis zu x-fache des eingesetzten Kapitals zurückzugewinnen. Gerade wegen dieser Wachstumsgetriebenheit können private Investoren wie Business Angels oder auch sehr frühphasige Programme wie Accelerator am Anfang der bessere Fit sein. Business Angels haben häufig ein kleineres Portfolio als institutionelle Investoren, was ihnen erlaubt, ihre Zeit großzügiger zu allokieren. Gute Accelerator-Programme haben zudem ein strukturiertes Netzwerk an Experten, auf das Gründer zugreifen können.
 
Grundsätzlich gilt: Die Chemie muss stimmen - beide Parteien sollten ein gutes Gefühl bei dem Deal haben. Wer vorzeitig größtmögliche Geldmittel einholt, dessen Höhenflug kann schnell beendet sein, da oft zu hohe und nicht erfüllbare Erwartungen auf allen Seiten geweckt werden. Ein Investment ist schließlich wie eine Partnerschaft und Investor und Team arbeiten im Idealfall mehrere Jahre zusammen.

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