
Durch Direktkauffunktionen ähneln Vergleichsportale wie Idealo.de oder Check24 immer mehr Marktplätzen. Dies kann das Machtgefüge im E-Commerce beeinflussen.
Von Matthias Hell
Check24 macht es seit zweieinhalb Jahren, Idealo hat im Juni damit angefangen und auch der Autoteile-Preisvergleich Daparto tut es: Alle drei Preisvergleicher gingen dazu über, auf der Webseite auch den Kauf der angezeigten Produkte zu ermöglichen. Für Shop-Betreiber eröffnet diese Entwicklung spannende neue Möglichkeiten, besteht doch durch das Verschmelzen von Preisvergleich und Marktplatz für das Marketing die Chance, zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.
Dass man mit der neuen Funktion auf dem Weg sei, ein Marktplatz zu werden, das Argument will Jörn Rehse, CTO bei Idealo.de, jedoch nicht gelten lassen: "Ein E-Commerce-Marktplatz fokussiert auf den Kaufabschluss zulasten des neutralen Vergleichs - davon grenzen wir uns klar ab", betont er. Der Direktkauf sorge lediglich dafür, dass der Kunde das beste Angebot auch dann einfach und sicher haben könne, wenn der Weg in den Shop einen zu großen Medienbruch darstelle.
In der Tat stellt der Idealo Direktkauf nur einen vergleichsweise kleinen Eingriff in die Funktionsweise der Vergleichsplattform dar: Das Feature entspricht einem Express-Checkout, bei dem der Kunde über den Payment-Dienstleister Heidelpay die Bezahlung via Paypal, Sofortüberweisung oder Kreditkarte vornimmt. Der Kaufvertrag kommt dabei zwischen dem Endkunden und dem Händler zustande.
Der Direktkauf nach dem Cost-per-Order-Verfahren stellt für Idealo eine Ergänzung zu dem weiterhin standardmäßigen Cost-per-Click-Modell der Preissuchmaschine dar. Als ausschlaggebendes Motiv für die Einführung der neuen Option macht Jörn Rehse den Wunsch nach mehr Direct Traffic aus. So werde auch in Zukunft sichergestellt, dass die Handelspartner von Idealo auf einen qualitativ sehr hochwertigen gelieferten Traffic vertrauen können: „Idealo Direktkauf ist ein Baustein auf dem Weg zu diesem Ziel.“
Höhere Konversionsraten dank Marktplatzkonzept
Kein Problem mit dem Begriff Marktplatz hat Check24-Geschäftsführer Timm Sprenger. Da das Portal aus dem Bereich Versicherungen/Finance kommt, habe der reine Preisvergleich für Check24 schon immer eine geringere Rolle gespielt. Als Check24 mit dem Vergleich von Elektronikgeräten startete, gingen reiner Click-Out-Preisvergleich und On-Site-Kauf noch Hand in Hand. Inzwischen erfolgt der Kaufabschluss standardmäßig auf der Seite. Die Kunden werden dabei über den Liefer-, Zahlungs- und Rücknahmeservice des jeweiligen Anbieters informiert. Der Kaufvertrag wird bei Check24 zwischen dem Portal und dem Kunden geschlossen - ein Konzept, das klar weiter geht als das bei Idealo.
"Als Marktplatz ist der Aufwand für Check24 deutlich größer als für klassische Click-Out-Preisvergleiche: Wir sind zum Beispiel der erste Ansprechpartner bei Fragen rund um die Lieferung oder Zahlung", berichtet Sprenger. Doch die Mühe lohne sich: "Wir wissen, dass es unseren Nutzern nicht nur um den Preisvergleich geht, sondern dass auch die Kaufabwicklung für sie ein wesentlicher Aspekt ist. Kunden einfach nur auf das Händlerangebot weiterzuleiten, das ist uns zu dünn."
Auch für Händler biete das Modell von Check24 nach Ansicht des Geschäftsführers klare Vorteile. Statt für jeden Klick - auch ohne Verkauf - müssen diese auf der Plattform nur dann eine Gebühr zahlen, wenn tatsächlich ein Kauf stattfinde. "Außerdem haben wir festgestellt, dass die Conversion für Händler im Marktplatzmodell ungefähr drei bis vier Mal so hoch ist wie im Click-Out-Modell."
Der Direktverkauf als Umsatzbringer
Der Direktkauf auf Vergleichsportalen soll sich für teilnehmende Händler also als Umsatzbringer erweisen. Der größte deutsche Elektronikversender Notebooksbilliger.de kann diesen Effekt nur in begrenztem Maße bestätigen. "Wir testen den Direktkauf bei Check24 und Idealo und merken, dass das recht gut funktioniert, wenn auch auf kleinem Niveau", erklärt COO David Patzer. Für den Notebooksbilliger-Vorstand ist das vergleichsweise geringe Volumen der mittels Direktkauf erzielten Umsätze jedoch nicht das Kriterium: "Für einen großen Händler wie uns, der den Anspruch hat, selbst mit seinen Kunden Kontakt zu halten, stehen Direktangebote über Vergleichsplattformen nun einmal nicht so im Fokus."
Das ist naheliegend, denn auch Check24-Geschäftsführer Timm Sprenger erklärt, dass der entscheidende Mehrwert des Features für den Endkunden mehr Sicherheit und Vertrauen sei - ein Effekt, von dem kleine Anbieter naturgemäß stärker profitieren als Online-Händler mit einem hohen Bekanntheitsgrad. Positiv ist für Notebooksbilliger-COO David Patzer die einfache technische Anbindung, die bei Check24 wie auch bei Idealo deutlich bequemer gestaltet sei als bei so manchem bekannten Online-Marktplatz.
Amazon ist der wesentliche Treiber
Eine positivere Sichtweise hinsichtlich der in die Rolle von Marktplätzen schlüpfenden Preisvergleichern hat Martin Saftenberger, Vertriebsleiter des Elektronikversenders Technikdirekt: Das Unternehmen habe seit der Einführung des Direktkaufs auf Check24 über die Plattform signifikant mehr Umsatz erzielt. Zusätzlich befeuert werde dieser Effekt durch die von Check24 bereitgestellte Möglichkeit, Exklusivangebote über die Plattform zu vermarkten: "Wir haben schon mehrmals exklusive Angebote auf Check24 angeboten und waren damit nicht immer, aber oft erfolgreich", so Saftenberger.
Laut Alexander Hofmann, Geschäftsführer des Shop-System-Vergleichers Ecomparo, wird die Entwicklung bei den Preisvergleichern vor allem von Amazon angetrieben: "Da Amazon langfristig bestrebt ist, sich zu einer vollwertigen Produktsuche zu entwickeln, gehen Preisvergleichsanbieter sozusagen zum notwendigen Gegenangriff über und transformieren ihre Portale hin zu Marktplätzen."
Für Shop-Betreiber könne das gleichermaßen positive wie negative Folgen haben: Einerseits werden Online-Shops neben dominierenden Marktplätzen zunehmend durch eine vertikale Diversifikation von Preisvergleichen bedroht.
"Steigt die Kundenrelevanz von Preisvergleichen weiter an, so verringern sich für Online-Händler die Möglichkeiten durch direkte Online-Shop-Optimierungen den Umsatz aktiv zu beeinflussen", erklärt Alexander Hofmann. Doch könnten Shop-Betreiber die Direktkauffunktion der Vergleichsportale auch als Alternative zu Amazon nutzen und sich so der dort bestehenden Kannibalisierungsgefahr entziehen.
"Eine größere Bedeutung von Preisvergleichsportalen stärkt die dort gelisteten Shops, wenn diese ihre Produkte nicht auf Marktplätzen wie Amazon anbieten möchten. Durch die Einsparung von Marktplatzprovisionen ist zudem prinzipiell eine Wettbewerbsfähigkeit zu Marketplace-Händlern gegeben", meint der Ecomparo-Chef.