
Seit die Energieeinsparverordnung in Kraft getreten ist, werden Heizungsanlagen samt Montage auch im Internet gehandelt. Der Heizungsbauer Thermondo profitiert davon.
von Kristina Schreiber
Wenn eine Heizanlage älter als 30 Jahre ist, muss sie - bis auf Ausnahmen - ausgetauscht werden. Das schreibt die neue Energieeinsparverordnung (EnEV) seit Januar 2015 vor. Das SHK-Handwerk (Sanitär, Heizung, Klima) wird davon profitieren. "Allerdings sind die Prozesse dort noch ineffizient und der Markt ist fragmentiert", sagt Stephan Herwig, zuständig für die Kundenakquise bei Thermondo, einem Ende 2012 gegründeten Heizungsbauer mit E-Commerce-Ansatz. Es dauere, bis sanierungswillige Hausbesitzer das Angebot eines SHK-Betriebs erhalten. Zudem gebe es von diesen Handwerksfirmen im Web nur spärlich Informationen zu aktuellen Sanierungsthemen.

Thermondo hat dieses Potenzial erkannt. Die Berliner setzen auf einen schnellen, einfachen Heizungswechsel für Ein- und Zweifamilienhäuser. Dazu haben sie den Kaufzyklus neu ausgerollt und digitalisiert. Thermondos Online-Kommunikation fußt im Wesentlichen auf Google Adwords, Display Advertising und Content-Marketing sowie einigen regionalen Landing Pages.
Zielgruppe: Hausbesitzer
Zielgruppe sind online-affine Hausbesitzer ab 55 Jahren. Inhaltlicher Aufhänger ist beispielsweise ein Vergleich der Heizkosten vor und nach der Sanierung. Ein Newsletter liefert potenziellen Kunden immer wieder Tipps, um ihre Entscheidung reifen zu lassen. Denn der Kauf wird nicht von heute auf morgen entschieden. "Vom Traffic-Einkauf bis hin zur Conversion kann es schon drei bis vier Monate dauern", sagt Herwig.
Das tut dem Erfolg von Thermondo keinen Abbruch: Schon 2014 rühmte sich der SHK-Neuling mit einem monatlichen Umsatzwachstum von 30 Prozent, "größter Installateur Deutschlands von Heizungen für Ein- bis Zweifamilienhäuser" zu sein. Angesichts dieser Entwicklung verpassten im April die Gesellschafter Eon, IBB Beteiligungsgesellschaft, Grey Corp, Holtzbrinck Ventures und Rocket Internet dem Start-up eine Finanzspritze in Höhe von sechs Millionen Euro.
TV-Spots werden geschoben
Der Prozess bis zum Kauf einer neuer Heizanlage dauert bei Thermondo in der Regel bis zu vier Wochen - je nach Nachfrage und Region. Ausgangspunkt ist meist ein datenbankgestützter Algorithmen-Check, der anhand von 16 Eckdaten wie Baujahr, Wohnfläche oder Brennstoff das beste Angebot herausfiltert.
Ein Thermondo-Handwerksmeister übermittelt dem Kunden das von ihm geprüfte Angebot binnen 45 Minuten per E-Mail: Neben Heizung und Montage enthält dies auch Demontage und Entsorgung des alten Brenners. Außerdem werden Fördermöglichkeiten geprüft und die Kommunikation mit dem Schornsteinfeger und dem Netzbetreiber geregelt. "Grundsätzlich können wir zwei Tage, nachdem der Kunde das Angebot angenommen hat, einbauen", berichtet Herwig stolz. Wenn sich Verzögerungen ergäben, seien diese meist auf Förder- oder Finanzierungsanträge zurückzuführen.
Thermondo Heizungshelden-App
Die Handwerkerteams kommen gut ausgerüstet zur Baustelle. Mit der "Thermondo Heizungshelden"-App scannen sie alle verbauten Artikel und errechnen so das benötigte Material. "Unser Warenwirtschaftssystem löst eine Nachorder beim Großhändler aus, sodass sich unsere Handwerker auf die Installation konzentrieren können", sagt Herwig.
Weil das Unternehmen mit Online-Werbung eine höhere Nachfrage erzielt als mit klassischer Reklame, haben die Berliner TV- und Radio-Werbung erst einmal auf 2016 verschoben. Aber auch die digitalen Werbemaßnahmen werden ständig an die aktuelle Situation angepasst. Im Moment werde beispielsweise weniger in Banner und in Paid Search investiert: Die Handwerker sollen zwar optimal ausgelastet sein, aber ohne dass die Qualität darunter leidet.