
Multichannel oder No-Line-Handel - alles Quatsch, so das Ergebnis einer aktuellen Studie der Düsseldorfer Strategieberatung SMP und des Marktforschers Innofact. Denn die meisten Kunden würden gar nicht merken, wie bemüht Retailer aktuell versuchen, ihre verschiedenen Vertriebskanäle zu verzahnen.
Weniger als 30 Prozent der Kunden halten es beim Kauf im stationären Laden für wichtig, dass der Händler auch einen Online-Shop betreibt. Umgekehrt ist es für nur 40 Prozent der Online-Käufer wichtig, dass ein Internethändler auch einen stationären Laden hat. Und drei Viertel aller Verbraucher sind bei einem Kanalwechsel vom stationären Handel in Online- oder Mobilformate auch schon ihrem Händler untreu geworden. Das ist das Ergebnis der aktuellen Branchenanalyse "Cross Channel Performance Index (CPX)", die - basierend auf einer repräsentativen Umfrage unter mehr als 2.200 Endverbrauchern - erstmals den Zusammenhang zwischen Cross-Channel-Angeboten und Kundenloyalität über Vertriebswege hinweg aufzeigt. "Wenn der Verbraucher online ist, interessiert die Leistung des Online-Geschäfts. Wenn er im stationären Laden einkauft, steht das stationäre Angebot im Vordergrund", resümiert Handelsexperte und SMP-Partner Fritze von Berswordt.
Keine statistischen Belege für Multichannel als Loyalitätsstreiber
Die Schlussfolgerung, die SMP aus diesem Ergebnis zieht, lautet: Im Cross-Channel-Geschäft kommt es auf individuelle Kanalexzellenz sowie relevante und verlässliche Kundenkommunikation an. Dies seien die Loyalitäts- und Werttreiber. Die Integration der Kanäle spiele hingegen kaum eine Rolle. Ein Zusammenhang sei statistisch nicht zu belegen.
"Aus dem Stationärgeschäft übertragene Preisgestaltung und limitierte Sortimentsbereiche führen dazu, dass Händler die Kunden kaum überzeugen können, sobald diese ins Internet wechseln oder ihren Einkauf begonnen haben", sagt von Berswordt. Händler, die im Internet bestehen wollen, müssen sich daher auch auf die Regeln dieses Vertriebskanals einlassen. "Anstatt teure, komplexe, aber wenig relevante Integrationsfunktionen aufzubauen, sollten die Anbieter lieber in die Exzellenz ihrer eigenen Vertriebswege investieren", so der Handelsprofi. Das heißt konkret: Während bei stationären Geschäften gutes Servicepersonal oder die Lage die entscheidenden Faktoren für den Erfolg sind, sind laut CPX bei Online-Geschäften neben dem Preis die Sortimentstiefe, Verfügbarkeiten, Lieferservices und Bezahlarten wichtig. "Um ambitionierte Potenziale zu realisieren, ist eine neue Herangehensweise der deutschen Händler notwendig", so von Berswordt.
Was sagt der Handel?
Die Ergebnisse der SMP-Studie stehen in krassem Widerspruch zu der Auffassung der meisten großen deutschen Handelsketten, die inzwischen Multichannel für die Rettung ihres Business-Modells halten. INTERNET WORLD Business hat aus früheren Veröffentlichungen in den Medien einige Statements zusammengetragen:
Lovro Mandac, Vorsitzender der Geschäftsführung der GALERIA Kaufhof GmbH
Horst Norberg, CEO Media-Saturn Holding
Michael Melzer, Geschäftsführer Karstadt.de
Michael Rotermund, Pressechef Douglas GmbH
Lovro Mandac, Vorsitzender der Geschäftsführung der GALERIA Kaufhof GmbH
„Unser Kunde will heute die Marke Galeria Kaufhof auf allen Kanälen erleben und nutzen, ob bequem von zu Hause oder beim Shopping in der Stadt. Wir bieten den Online-Kunden jedoch nicht nur rund um die Uhr das vielfältige Galeria-Kaufhof-Sortiment, sondern schaffen für sie einen Mehrwert, indem wir unter dem Stichwort ‚Multichannel-Retailing’ das Beste aus der virtuellen und der realen Filiale verbinden."
(Quelle: Pressemitteilung)
Horst Norberg, CEO Media-Saturn Holding
"Im stationären Geschäft sind wir die Nummer Eins Deutschlands geworden. Mit der Forcierung der Online-Aktivitäten treten wir nun in eine neue Wachstumsphase ein. Unsere Kompetenz in den Märkten zusammen mit den Vorteilen des Onlineshops kann den Kunden vom Start weg einen echten Mehrwert bieten, über den keiner unserer reinen Online-Wettbewerber verfügt. Die Doppelpräsenz macht den Einkauf bei Media Markt attraktiver denn je."
(Quelle: Pressemitteilung)
Michael Melzer, Geschäftsführer Karstadt.de
"KARSTADT setzt ganz klar auf eine Multichannel-Strategie, also auf die Vernetzung von stationärem und online-Handel. Die Entwicklung von mobilen Applikationen ist dabei zentral. Mit den Mobile Experten von Mindbox an unserer Seite werden wir unseren Kunden in Zukunft noch die eine oder andere überraschende Mobile-Aktion bieten."
(Quelle: Mindbox.de)
Michael Rotermund, Leiter Pressestelle Douglas GmbH
"Unser Fokus liegt im Ausbau und der Vernetzung bestehender Kanäle genauso wie der Erschließung neuer Vertriebs- und Kommunikationskanäle etwa im Social-Media-Bereich, (…) Durch die Verknüpfung von Filial- und Onlinegeschäft sind unsere Mitarbeiter nicht auf das Sortiment ihrer jeweiligen Filiale beschränkt, sondern können sich aus dem Vollsortiment des Onlineshops bedienen, der mit Abstand die größte Produktvielfalt aller Parfümerien in Deutschland bietet.“
(Quelle: Der Handel)