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Die Rechnung, bitte!
Sonstiges 11.09.2013
Sonstiges 11.09.2013

Online-Bezahlverfahren im Überblick Die Rechnung, bitte!

Die Rechnung ist der Deutschen liebstes Bezahlverfahren, wenn sie im Internet shoppen gehen - diese Aussage ist immer wieder zu hören. Aber stimmt das so auch? Und welche anderen Zahlarten braucht es noch, um erfolgreich zu sein? INTERNET WORLD Business hat sich bei Online-Händlern umgehört und deren Erfahrungen mit aktuellen Studienergebnissen abgeglichen.

Zunächst einmal klingt es verständlich, dass Webshopper am liebsten per Rechnung zahlen: Die Ware wird geliefert, danach erst muss der Käufer das Produkt bezahlen, das er bereits sicher empfangen hat. Das Risiko liegt also beim Händler. Die Frage ist allerdings, ob die Rechnung tatsächlich der Deutschen bevorzugtes Zahlungsmittel im Online-Handel ist. Anders ausgedrückt: Kommt ein Webshop-Betreiber am für ihn aufwendigen und daher meist ungeliebten Rechnungskauf tatsächlich nicht vorbei, wenn er potenzielle Käufer nicht verprellen und an die Wettbewerber verlieren will? Und wie wirkt sich der Rechnungskauf auf die Konversionsrate und die Retourenquote aus? Welche anderen Zahlarten braucht es noch, um erfolgreich zu sein? INTERNET WORLD Business hat sich bei Online-Händlern umgehört und deren Erfahrungen mit aktuellen Studienergebnissen abgeglichen.

Leichte Rückabwicklung

Ein paar Eckdaten zu Beginn: 44 Prozent der Webshopper würden am liebsten per Rechnung bezahlen, wenn sie aus allen Zahlarten wählen dürften, hat eine Befragung des Instituts Ibi Research der Universität Regensburg unter gut 1.000 Usern ergeben. Mit großem Abstand folgen auf Platz zwei und drei die Kreditkarte und Paypal, die 16 beziehungsweise 15 Prozent der Käufer als präferierte Zahlart angeben. Die Rechnung punktet beim Kunden vor allem in den Bereichen Sicherheit, Datenschutz und Bequemlichkeit der Kaufrückabwicklung. Bei der Frage nach der Zahlart, die am ehesten einem Freund weiterempfohlen würde, liegt sie ebenfalls ganz vorn.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt die Studie "Der Internetzahlungsverkehr aus Sicht der Verbraucher", kurz IZV 11, die vom ECC Handel vorgelegt wurde. Auch die dafür knapp 2.000 in Deutschland, Österreich und der Schweiz befragten Surfer gaben der Rechnung die Höchstnote und bewerteten sie ebenfalls in Sachen Sicherheit und Rückerstattungsmöglichkeit am besten.

Rechnung für seriöse Kunden

Damit scheint klar zu sein: Wer seine Kunden glücklich machen will, sollte ihnen erlauben, ihren Einkauf per Rechnung zu begleichen. Das Teehaus Bachfischer tut seinen Kunden den Gefallen, der Kauf auf Rechnung hat seit Jahren einen festen Platz im Mix der Bezahlverfahren. Etwa 35 Prozent der Online-Bestellungen in dem Tee-Shop werden von den Käufern so bezahlt. "Wir haben den großen Vorteil, dass die Kunden in unserer Branche relativ seriös sind", erklärt Geschäftsführerin Sandra Bachfischer, "und sie sind sehr treu." Das Teehaus betreibt seit 1988 in der Regensburger Altstadt einen stationären Laden, seit 1990 versendet das Unternehmen seine Produkte auch. Der Shop Teehaus-Bachfischer.de besteht seit 2002.

Weil der Shop über eine so treue Kundschaft verfügt, sprich eine große Zahl an bekannten Stammkunden hat, wickelt er die Zahlungen per Rechnung auch in Eigenregie ab. "Unsere Ausfallquote ist sehr gering", verrät Bachfischer, "sie liegt bei unter 0,5 Prozent". Einzige Sicherheitsmaßnahme: Neukunden dürfen nicht per Rechnung zahlen, erst ab der zweiten Bestellung und einer Registrierung im Shop steht den Teeliebhabern diese Bezahlmethode zur Verfügung. Dennoch kann sich Sandra Bachfischer, die 2002 in der zweiten Generation der Familie in die Geschäftsführung eingestiegen ist, für die Zukunft vorstellen, auf einen Dienstleister zurückzugreifen, der das für den Händler generell höhere Risiko eines Zahlungsausfalls beim Rechungskauf absichert. "Wir wollen ja auch weiter wachsen und dann kann es schon sinnvoll sein, sich einen geeigneten Anbieter zu suchen, der das Risiko übernimmt", meint sie.

Ausgelagertes Risiko

Für diesen Weg hat sich die Tredex GmbH, Recklinghausen, entschieden. Die 75-Prozent-Tochter von Runnerspoint, einem ursprünglich unter dem Dach von Karstadt angesiedelten Filial-Fachhändler rund um den Laufsport, betreibt den Online Shop Runnerspoint.de. Seit dem Relaunch im Herbst 2012 bietet der Shop den Kauf auf Rechnung an, Dienstleister im Hintergrund ist Billpay. Mit im Rennen waren Wettbewerber wie Klarna und Billsafe, den Ausschlag gaben am Ende die Konditionen, die Billpay angeboten hatte - unter anderem eine Unterstützung bei den Initialkosten.

Die Akzeptanz durch die Kunden ist gut: Bei rund 40 Prozent liegt der Nutzungsanteil der Rechnung seither, dahinter folgen mit etwa 20 Prozent Paypal und mit rund 15 Prozent die Kreditkarte. Die Verwendung der anderen Bezahlverfahren hat sich dementsprechend verschoben. "Die Einführung der Rechnung ging vor allem zulasten von Paypal, der Kreditkarte und der Vorkasse", hat Axel-Marcel Thubeauville, Marketingleiter Online bei Runnerspoint.de, beobachtet. Mit dem Angebot, die Einkäufe auch per Rechnung bezahlen zu können, wollte der Sport-Shop seinen Kunden einerseits mehr Service bieten - "das ist bei einem Premiumprojekt wie Runnerspoint.de sehr wichtig", so Thubeauville -, andererseits sollte die Konversionsrate gesteigert werden. Und hier kann Thubeauville auch Erfolg vermelden: Die Konversionsrate habe sich spürbar verbessert, das Wachstum liege "im zweistelligen Prozentbereich".

Deutlich mehr Retouren

Allerdings schicken die Shop-Kunden, die per Rechnung zahlen, auch deutlich mehr Ware zurück: "Unsere Retourenquote hat sich dadurch drastisch erhöht, sie ist um fünf bis zehn Prozentpunkte gestiegen", räumt Thubeauville ein. Dazu kommen Kosten von rund drei Prozent vom Rechnungsumsatz, die Runnerspoint.de an Billpay zahlt, um das Ausfallrisiko abzudecken. "Wir befinden uns zurzeit in der Auswertung aller Kennzahlen, um die Zahlart Rechnung abschließend zu bewerten", so Thubeauville. Sein Tipp lautet, sehr genau gegenzurechnen, ob die sich durch den Rechnungskauf ergebende höhere Retourenquote mit der besseren Konversionsrate und eventuell größeren Warenkorbsummen tatsächlich gedeckt ist.

Im Online Shop Koffer-direkt.de suchen die Kunden den Kauf auf Rechnung dagegen vergeblich, er steht nicht als Bezahlmethode zur Verfügung. Geschäftsführer Ulf Wickop führt mehrere Gründe dafür an: Zum einen sieht er das hohe Risiko eines Zahlungsausfalls. Dieses könne er zwar über einen der zahlreichen Anbieter - beispielsweise Klarna, Billpay, Billsafe, Ratepay oder auch die Produkte Rechnung by Sofort von Payment Networks und Flexipay der Universum Group - absichern. Dann müsse er aber in die Vorfinanzierung gehen, weil er doch einige Zeit auf den Geldeingang warten müsse. Dazu kämen die Kosten für den Dienstleister. Zum anderen spielen technische Gründe eine Rolle. Sein Shop läuft derzeit noch auf einer älteren Version des Shop-Systems Oxid, sodass die Implementierung technisch nicht so leicht umsetzbar ist. "Drittens bin ich persönlich der Überzeugung, dass sich an der Conversion Rate durch den Rechnungskauf nichts ändern würde", betont Wickop.

In seinem Shop bezahlen gut 50 Prozent der Kunden per Vorkasse, 25 Prozent nutzen Paypal, 20 Prozent zahlen per Kreditkarte, rund 3,5 Prozent per Nachnahme, 1,5 Prozent per Sofortüberweisung. "Ich bin, was die Rechnung angeht, sehr zwiegespalten", gibt er zu. "Es ist zwar immer wieder zu hören, dass die Konversionsrate sich durch den Rechnungskauf deutlich steigern lässt, gleichzeitig berichten aber auch viele Shop-Betreiber, dass der Schuss nach hinten losgegangen sei, weil eben auch die Retourenquote sprunghaft angestiegen sei." Dennoch will auch Koffer-direkt.de sich umschauen: "Wir werden demnächst auf die neue Version unseres Shop-Systems umsteigen und dann werden auch wir den Rechnungskauf über einen Dienstleister testen", so Wickop. Welcher das sein wird, steht noch nicht fest. Erst einmal wolle er sich einige Anbieter anschauen und auch klären, inwieweit eine White-Label-Lösung infrage käme. Als entscheidende Kriterien für die Auswahl nennt er die Möglichkeit einer automatischen Anbindung an die bestehende Enterprise-Ressource-Planning-Lösung sowie natürlich die Kosten. "Wenn der Rechnungskauf tatsächlich vielleicht auf ein Volumen von 20 Prozent aller Zahlungen kommt, spielt die Kostenstruktur schon eine sehr große Rolle", betont er. Trotz aller Zweifel misst auch er dem Kauf auf Rechnung prinzipiell ein recht großes Potenzial bei - und macht deutlich, dass es in der Tat schwer ist, diese von den Kunden so geschätzte Zahlart nicht anzubieten.

Fortsetzung: Online-Bezahlverfahren im Überblick

Vorkasse braucht Anreize

Wie jedoch kommt es, dass bei Koffer-direkt.de die Mehrheit der Kunden bereit ist, per Vorkasse zu zahlen? Denn die Vorkasse ist eine der unbeliebtesten Zahlarten bei den Online Shoppern. Nur ein Prozent der Befragten in der aktuellen Ibi-Research-Studie "Erfolgsfaktor E-Payment" nannte die Vorkasse als präferierte Zahlart. Und für 88 Prozent steht fest: Wenn ein Webshop ausschließlich die Vorkasse als Bezahlverfahren anbietet, brechen sie den Kauf dort ab und suchen sich einen anderen Händler. Wer also seine Kunden zwingt, die Ware vorab zu bezahlen, riskiert durch die hohe Abbruchquote massive Umsatzverluste. Wieso also ist bei Koffer-direkt.de der Anteil an Vorkassezahlungen so groß? Zum Vergleich: Beim Teehaus Bachfischer liegt der Vorkasse- Anteil bei rund fünf Prozent, bei Runnerspoint.de bei etwa neun Prozent. "Wir gewähren unseren Kunden einen Rabatt von fünf Prozent, wenn sie per Vorkasse bezahlen", lüftet Geschäftsführer Wickop das Geheimnis. "Das ist ein sehr wirkungsvolles Steuerungselement. Ohne den Rabatt sähe die Verteilung der Zahlarten ganz anders aus", ist er sich sicher. Studiendaten untermauern das: Der Ibi-Research-Studie zufolge lässt sich schon durch einen Rabatt von drei Prozent knapp ein Fünftel der Online Shopper dazu bewegen, per Vorkasse zu bezahlen. Doch die Studienautoren haben noch etwas anderes herausgefunden: Noch wirkungsvoller als ein prozentualer Rabatt auf den Warenwert ist der Erlass der Versandkosten. 44 Prozent der Online-Einkäufer würden ein solches Angebot annehmen und die Bestellung vorab bezahlen, wenn ihnen im Gegenzug keine Versandkosten berechnet würden - und das sogar noch dann, wenn der prozentuale Rabatt aufgrund eines recht hohen Warenwerts rein rechnerisch höher ausfallen würde als die Versandkosten.

Hoher Warenkorbwert durch Amex

Ulf Wickop geht noch in einem anderen Punkt einen eher ungewöhnlichen Weg: Neben den beiden in Deutschland am gebräuchlichsten Kreditkarten Visa Card und Mastercard akzeptiert Koffer-direkt.de auch die Karte von American Express. Die Begründung ist einfach: "Kunden, die per American-Express-Karte zahlen, haben bei uns einen wesentlich höheren Warenkorbwert als andere", freut sich Wickop - ganz so wie der Kartenherausgeber das auch verspreche. Dafür könne man auch die etwas höheren Gebühren in Kauf nehmen. Grundvoraussetzung ist freilich, dass eine entsprechende Anzahl der Shop-Kunden diese Karte auch besitzt. Bei Koffer-direkt.de ist das gegeben: Mit einem Männeranteil von 65 Prozent verfüge der Shop über eine recht zahlungskräftige Zielgruppe, was sich auch in einem relativ hohen Durchschnittsbon niederschlage: "Viele unserer Kunden benötigen unsere Produkte geschäftlich. Sie können und wollen sich etwas leisten", erklärt Wickop den durchschnittlichen Warenkorbwert von 150 Euro.

Für die Abwicklung der Kreditkartenzahlungen greift Koffer-direkt.de auf die Dienste des Payment Service Providers Heidelpay zurück. Rund zwei Prozent Disaggio fallen dafür an, für die American-Express-Karte etwas mehr. Neben den Kosten sprach für den Dienstleister dessen Angebot in Sachen Internationalisierung. Der Shop plant schon seit Längerem eine Ausweitung des Geschäfts ins nahe Ausland, jetzt steht die Expansion nach Frankreich, Italien und Großbritannien absehbar auf der Tagesordnung. Darüber hinaus zeigt sich Wickop mit der Blacklist von Heidelpay sehr zufrieden; die Zahl der Betrugsfälle sei durch die Zusammenarbeit mit Heidelpay deutlich zurückgegangen.

Runnerspoint.de wickelt seine Kreditkartenzahlungen über eine Schnittstelle des Payment Service Providers Concardis ab, die Kosten dafür liegen bei unter drei Prozent. Ein Preis, den Sandra Bachfischer definitiv nicht zahlen möchte. "Unsere Warenkörbe sind mit durchschnittlich 40 Euro Warenwert nicht so hoch, da rechnet sich eine Kreditkarte nicht", begründet sie.

Bei ihr ist die meistgenutzte Zahlart die Lastschrift, fast zwei Drittel ihrer Kunden bezahlen so. Ob das in Zukunft allerdings so bleiben wird, ist fraglich, denn ab Februar 2014 sind nur noch SEPA-Lastschriften möglich. "Damit wird sowohl für uns als auch für den Kunden alles viel komplizierter", bedauert Bachfischer, "ich bin sehr skeptisch, inwieweit die Kunden das annehmen. Allein die Vorankündigung der Buchung 14 Tage vor der Fälligkeit ist doch ziemlich verwirrend." Dennoch bereitet sie sich vor: Die Kontonummernkonvertierung sei schon weit fortgeschritten, auch die Software sei bereits angepasst, es fehle aber noch der Bereich Mandatsumwandlung. "Und das ist ein Riesenthema", stöhnt sie. Um den Kunden einen Ersatz zu bieten, möchte sie Paypal in ihr Bezahlartenportfolio aufnehmen. "Das ist einfach in der Handhabung und viele Online Shopper kennen es bereits", erklärt sie den Schritt. Damit die Kunden Zeit haben, sich umzugewöhnen, soll es schon ab Herbst zur Verfügung stehen. Ob eine Anbindung in Eigenregie erfolgt oder ob ein Dienstleister Hilfestellung leistet, ist derzeit noch in der Prüfung. Außerdem denkt Sandra Bachfischer darüber nach, künftig auch Zahlungen per Sofortüberweisung anzubieten. Eine Entscheidung ist aber noch nicht gefallen.

Auch bei Runnerspoint.de macht man sich Gedanken über eine Ergänzung des Zahlartenportfolios durch Sofortüberweisung. Bis Herbst 2012 war die Zahlart im Angebot, mit dem Relaunch wurde sie erst einmal abgestellt. Bei etwa sieben bis acht Prozent lag damals der Nutzungsanteil - im Mix mit Vorkasse, Paypal und Nachnahme. "Die Kosten bei Sofortüberweisung liegen bei unter einem Prozent", hebt Thubeauville hervor und nennt damit ein häufig zu hörendes Argument für diese Bezahlmethode. Die nächste große Veränderung steht für ihn auch im Rahmen einer Internationalisierung an. Die Webshop-Eröffnung in Österreich steht kurz bevor und damit auch die Einführung des dort weitverbreiteten Internet-Überweisungsverfahrens EPS (Electronic Payment Standard). Ebenfalls noch in diesem Jahr geht es dann nach Frankreich, dort sollen Zahlungen über die Carte Bleu angeboten werden. Gespräche mit Payment Service Providern laufen bereits.

Definitiv kein Thema ist für ihn Bezahlen über Amazon. "Bei einer Nutzung von Bezahlen über Amazon hätte ich die Befürchtung, dass die Warenkorb-Informationen an Amazon gehen. Und da Amazon in diesem Bereich ein Konkurrent ist, möchte ich das nicht", stellt er klar. Und noch eine weitere Zahlart hat Thubeauville verworfen. "Wir haben darüber nachgedacht, Barzahlen ins Portfolio aufzunehmen." Darüber kann der Kunde seinen Einkauf in stationären Geschäften bar bezahlen. "Letztlich stellt sich für uns aber die Frage, wie viele verschiedene Bezahlverfahren ein Kunde verkraftet, wir wollen ihn ja auch nicht zu sehr verwirren", so Thubeauville.

Welche Bezahlarten Online-Käufer in Deutschland bevorzugen und wie sich der Payment-Markt generell entwickelt - etwa im Bereich mobiler Bezahlverfahren oder beim Micropayment -, haben bereits mehrere Studien erhoben, die INTERNET WORLD Business ebenfalls im Dossier Payment zusammengefasst hat.

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