
In den bisher eher träge vor sich hindümpelnden Kosmetikmarkt kommt Bewegung. Während Ludwig Beck seinem morgen online gehenden Kosmetikshop noch den letzten Feinschliff verleiht, ging am Wochenende unter www.planet-prestige.de ein Anbieter online, der sich auf die Fahnen geschrieben hat, "die neue Nummer Eins für luxuriöse Kosmetik und ein weltweit einzigartiges Einkaufserlebnis" zu werden. INTERNET WORLD Business sprach mit Mitgründer Mario Tiedemann über die Pläne des neuen Startups.
Herzstück der neuen Parfümerie-Marke ist bislang der am 1. Dezember in der Oranienburger Straße 27 in Berlin eröffnete Flagship-Store. Ihn wollen die Planet-Prestige-Gründer Stanislas Vandier, der über 14 Jahre Führungserfahrung bei L'Oreal verfügt, und Mario Tiedemann, der unter anderem bei SevenVentures Strategien für Commerce und Unternehmensbeteiligungen entwickelte, zu einer Art "Touris-Destination" für Kosmetikfans aufbauen. Angelockt werden sollen vor allem Frauen zwischen 25 und 50 Jahren, die mindestens 50 Euro pro Monat für Beauty- und Körperpflegeprodukte ausgeben und sich von hochqualifizierten Mitarbeitern über internationale Düfte, exklusive Kosmetik- und Pflegeartikel sowie luxuriöse Accessoires beraten lassen. Zwischen Premium-Brands wie Christophe Robin, Serge Lutens, Bond No. 9, Creed und Honoré des Pres versüßen täglich wechselnde Amuese-Gueueles sowie eine hauseigene Champagner- und Espresso-Bar das Einkaufserlebnis. Doch Berlin ist nur der Anfang, lässt Tiedemann wissen. Man sei bereits mit einem kleinen Team in Paris aktiv, das Logistik-Zentrum liege in der Bretagne.
Der Online-Auftritt, für den ursprünglich ein "Silent Launch" vorgesehen war, wirkt dahingehend noch eher nüchtern. "Wir haben aktuell im Flagship-Store einige 1.000 Artikel im Angebot und sind täglich damit beschäftigt, neue Fotos zu shooten und die Daten aufzubereiten", erklärt Tiedemann den Umstand, dass sich hinter vielen Produktkategorien im Shop noch überhaupt keine Produkte befinden. Jedes einzelne Produkt habe über 100 Attribute, doch die Hersteller würden die Daten meist unvollständig und teilweise nur auf Papier liefern. "Wir sind dran und täglich werden es mehr - spätestens zum Valentinstag werden wir alle großen Hersteller im Listing haben", verspricht der Gründer. Der Sortimentsschwerpunkt liege ganz klar bei Premium-Marken und Produkten, die es nicht überall in Deutschland gebe.
Bei der Shopgestaltung orientieren sich die Macher an Fashion-Seiten wie Net-a-Porter, Mytheresa.com oder Mr. Porter. Man lege im Flagship-Store, online und beim Kunden im Wohnzimmer großen Wert auf ein durchgehend emotionales Shopping-Erlebnis, so Tiedemann. Hierzu zählt auch, dass Planet Prestige eigene Schächtelchen designen ließ, in denen Parfums, die als Geschenk geordert werden, verschickt werden. Auch in redaktionelle Inhalte investiert die Parfümerie: Neben einer eigenen Facebook-Seite soll es ab Mitte Dezember unter dem Titel "The Prestige" ein eigenes Online-Magazin geben, das aktuelle Trends und exklusive Produkte auch redaktionell aufgreift. Hierzu, so deutet der Gründer an, wurde auch eine "wirklich strategische Kooperation mit einem großen Telekommunikationsunternehmen" abgeschlossen.
Für einen schnellen Markenaufbau sollen strategische Mediakooperationen, Online-Marketing sowie ab 2013 auch TV-Werbung sorgen, nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich. Darüber hinaus wollen die Gründer ihre Kontakte in Verlage mit relevanten Modetiteln nutzen, um sich in den Köpfen der Zielgruppe zu etablieren. Als größte Herausforderungen in seinem Segment sieht Tiedemann die Skepsis der Branche gegenüber dem Internet. Trotzdem erwartet er für das kommende Jahr vor allem für Player im Premium-Segment ein deutlich stärkeres Wachstum. "Einige interessante Produkte gibt es nur an ganz wenigen Points of Sale in wenigen Metropolen Deutschlands. Online ist da sicher ein toller, alternativer Zugangsweg", sagt er. Dass sich in seinem Segment aktuell einiges an Konkurrenz auftut, sieht der Gründer gelassen: "Der Online-Anteil in der Kosmetik ist europaweit so gering, dass hier sowohl Douglas als auch Flaconi und Point Rouge noch viele Jahre kräftig wachsen können", ist er überzeugt.
Gesellschafter an der Planet Prestige Deutschland GmbH sind die Planet Prestige SE, Mario Tiedemann und Stanislas Vandier. An Planet Prestige SE sind über 20 Aktionäre beteiligt, darunter einer der Gründer von 7Trends, der US-Investor Fabrice Grinda, der Celebrity- und PR-Manager Alexander Elbertzhagen, der Logistikexperte Gunar Graef, Maks Giordano, Verantwortlicher für den Relaunch von Vogue Deutschland, die Mobile App von ProSieben und diverse Online-Projekte bei Burda und T-Online, Christophe Montague, ehemals Geschäftsführer bei Radio NRJ international und Gründer des ersten Media4Equity Venture Fund in Frankreich sowie eine Reihe weiterer E-Commerce-Profis aus Frankreich, Indien, Belgien, Spanien, China, Deutschland und den USA. "Wir sind komplett unabhängig von einzelnen Kosmetikkonzernen und werden das auch mit 100 Prozent Wahrscheinlichkeit bleiben", dementiert Tiedemann Medienmeldungen, wonach die Kosmetikkonzerne Nobilis Group und Coty indirekt über ihre Geschäftsführer an der Gesellschaft beteiligt seien. Nobilis-Group-Mitgründer Thomas Schnitzler sitze lediglich im Verwaltungsrat der SE und habe damit kaum einen Einfluss auf oder Einsicht in das operative Geschäft.
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