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Mercateo-Vorstand Peter Ledermann im Interview
Sonstiges 01.04.2011
Sonstiges 01.04.2011

Mercateo-Vorstand Peter Ledermann im Interview "Wir machen uns nicht von Google abhängig"

Auf Expansionskurs: Ledermann

Auf Expansionskurs: Ledermann

Absperrband, ein Pfosten für den Parkplatz, eine Klingel für die Rezeption - Mercateo hat sich auf B2B-Produkte spezialisiert, die selten nachgefragt werden. Mit internetworld.de sprach Vorstand Peter Ledermann über das Sortiment aus 5,4 Millionen Artikeln, die Internationalisierung und die Öffnung seiner Plattform.

Mercateo gibt es seit 1999. Warum ist jetzt der Zeitpunkt zur Expansion gekommen?

Peter Ledermann: Wir wollten zuerst uns im deutschen Markt gut etablieren. Unser Modell hat hohe Anfangsinvestitionen: Die Plattform zu entwickeln hat rund 50 Millionen Euro gekostet - und wir sind eigenkapitalfinanziert. Das zu schaffen war anstrengend genug - und jetzt ist die Plattform bereit für eine Internationalisierung.

Warum haben Sie sich gerade für die Niederlande als ersten fremdsprachigen Markt entschieden?

Ledermann: Nach den ersten Auslandserfahrungen in Österreich 2009 wollten wir in einen weiteren interessanten Markt, der jedoch Teil der Eurozone sein sollte. RWE, einer unserer größten Kunden, hat in den Niederlanden den Energieversorger Essent gekauft und wollte auch dieses Unternehmen auf die gleiche Beschaffungsplattform umziehen. Im Rahmen der Internationalisierungspläne haben wir mit dem Aufbau der Plattform in den Niederlanden begonnen. Wir sind hier noch in der Beta-Phase.

Belassen Sie es jetzt erst einmal dabei oder werden in Kürze andere Länder folgen?

Ledermann: Der Start in Frankreich, Italien und Spanien ist in den nächsten Monaten  geplant. Angebote in Großbritannien, Tschechien und Polen sollen gegen Ende dieses Jahres folgen.

Mercateo ist auf sogenannte Randbedarfsartikel spezialisiert, die nur selten bestellt werden. Welche Strategie verfolgen Sie mit Ihrem Angebot?

Ledermann: Wir haben uns im Rahmen des Management-Buy-outs 2003 für ein horizontales und ein unbeschränktes Sortiment entschieden, wollen uns also nicht auf eine Branche beschränken und kein eigenes Lager aufbauen. Zudem bieten wir unseren Lieferanten keine Exklusivität, denn nur wenn diese im Wettbewerb stehen, können wir unseren Kunden gute Konditionen bieten.

Um die Konditionen vergleichen zu können, muss ein Kunde Mercateo erst einmal kennen. Wie finden Ihre Kunden zu Ihnen?

Ledermann: Ein Unternehmen braucht einen Absperrpfosten für den Parkplatz und kommt über Google zu uns. Wenn der Kunde beim nächsten Mal etwas sucht, was sein Rahmenvertragspartner nicht im Sortiment hat, kommt er gleich zu uns – und die Bestellintervalle werden kürzer. Denn wenn Sie sich in einem Geschäft wohl fühlen, kommen Sie wieder, egal ob im Laden oder im Internet.

Stichwort Google: Wie wichtig ist für Sie Suchmaschinenmarketing?

Ledermann: Bei uns im Haus sind drei von 150 Mitarbeitern für SEM und SEO zuständig, wir buchen 280.000 Suchbegriffe bei AdWords, die wir ständig auf Rentabilität überprüfen, unser SEM-Budget liegt bei 25.000 Euro im Monat. Wir machen uns da aber strategisch nicht von Google abhängig, Zwar gewinnen wir 8.000 neue Kunden im Monat, viele davon schon über Mundpropaganda, doch 90 Prozent unseres Umsatzes kommt von Bestandskunden.

Eine Plattform für alle Bestellungen

Kann der Kunde erkennen, bei welchem Lieferanten er über Mercateo einkauft?

Ledermann: Der Kunde sieht nicht, wo die Ware herkommt. Er sucht in unserem Katalog mit 5,7 Millionen Artikeln, bestellt die Ware, der Lieferant verschickt sie in unserem Namen, wir zahlen dem Lieferanten einen Einkaufspreis und der Kunde bezahlt uns den Verkaufspreis per Rechnung. Für den Kunden ist das ideal, weil er nur eine Rechnung bekommt und einen Ansprechpartner hat - egal bei wie vielen unserer Lieferanten er bestellt. Für uns bedeutet das, dass wir proaktiv reagieren können, wenn sich zum Beispiel eine Lieferung verspätet.. Bei unseren größeren Kunden geht das soweit, dass wir mit deren Warenwirtschaftssystemen durch zum Beispiel OCI- Schnittstellen eng verbunden sein müssen. Wir bieten allen unseren Kunden auch eine Warenkorboptimierung nach unterschiedlichen Kriterien wie Preis oder Lieferzeit an.

Sie bieten Ihren Kunden an, alle Bestellungen über Ihre Plattform abzuwickeln - auch die von externen Anbietern.

Ledermann: Große Konzerne kaufen 80 Prozent ihrer Waren bei 20 Prozent der Lieferanten, mit denen sie Rahmenverträge haben - für den Rest sind wir da. Deshalb haben wir unsere Kunden eingeladen, ihre Lieferanten kostenlos in unsere Software zu integrieren. Obwohl wir diesen Service erst seit vergangenem Jahr bieten, nutzen ihn bereits 40 Unternehmen.

Wie sieht der Prozess aus Kundensicht aus?

Ledermann: Der Kunde sucht über alle Kataloge hinweg, über unsere und seine eigenen. In den Suchergebnissen sind die eigenen Lieferanten des Kunden hervorgehoben, einige unserer Kategorien können auch auf Wunsch ausgeblendet werden. Die Kunden nutzen uns als Beschaffungsplattform, Randbedarf bei uns, Rahmenvertragseinkauf bei ihren Lieferanten. Die Bestellung geben wir an die Direktlieferanten des Unternehmens und an unsere Lieferanten weiter. Das erfolgt natürlich alles automatisiert bis hin zu den Genehmigungsverfahren.

Ein cleverer Schachzug. Wer Ihre Plattform für die gesamten Bestellungen nutzt, wird es sich dreimal überlegen, sich einen anderen Anbieter zu suchen.

Ledermann: Für die Unternehmen ist das eine gute Lösung, die sich sofort rechnet - weil sie nichts kostet. E-Procurement hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert; die Kunden sind deutlich professioneller geworden und der Markt der Anbieter hat sich konsolidiert. Derzeit beobachten wir eine zweite Investitionswelle, da die bestehenden Systeme den Anforderungen nicht mehr genügen - und da kommen wir mit unserer Lösung gerade zum richtigen Zeitpunkt.

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