
Wer in Rom ist, soll es den Römern gleichtun: Auch wenn Kreditkarte und Paypal weitverbreitete Zahlungsmethoden sind, die das Vertrauen der internationalen Kundschaft genießen, lohnt es sich für Internet-Händler, "Local Payment Heroes" aufzuspüren. Dadurch erhöht sich die Chance, international erfolgreich zu sein und das Risiko für Zahlungsausfälle zu reduzieren.
Deutsche Online Shopper lieben den Rechnungskauf. Viele Niederländer bestellen nur im Internet, wenn sie per iDeal bezahlen können. Franzosen bestehen auf der Carte Bleue, Italiener und Portugiesen bezahlen Online-Käufe am liebsten per Bareinzahlung am Postschalter. Jeder dritte Brite verwendet für den Online-Kauf seine Maestrocard - das deutsche Gegenstück, die EC-Karte, ist hierzulande für den Online-Einkauf wiederum gar nicht zugelassen.
Deutsche E-Commerce-Händler, die ihre Waren im europäischen Ausland verkaufen wollen, stehen einer großen Vielfalt an länderspezifischen Zahlungsverfahren, auch "Local Payment Heros" genannt, gegenüber (siehe Tabelle). Ein Verkauf ins kontinentale Ausland verkompliziert die Lage noch mehr. Welche Bezahlverfahren sind ein Muss? Auf welche bestehen die ausländischen Kunden wirklich, welche sind optional? Und: Lohnt es sich überhaupt, beim Start des Auslandsgeschäfts, auf diese lokalen Besonderheiten einzugehen? Diese Fragen müssen Online-Händler auf dem Weg ins Ausland ebenso beantworten wie die nach der passenden Internationalisierung ihres Shops oder einem für den internationalen Vertrieb angepassten Marketing.
Aller Weisheit Anfang
Bevor ein Shop-Betreiber sich jedoch den Kopf über iDeal, Carte Bleue oder Dankort zerbricht, muss zunächst die Pflicht für das internationale Zahlungsgeschäft erfüllt werden. Das bedeutet: Kreditkarte und zunehmend auch Paypal. "Grundsätzlich vertrauen Kunden auf bewährte Zahlungsmethoden", meint Jens Riga, E-Payment-Experte und Webshop-Manager bei Docdata Commerce. "Ohne Frage sind Kreditkarten international akzeptiert. Paypal ist allerdings auf dem Vormarsch und gewinnt zunehmend an Akzeptanz." Doch Experten warnen: Obwohl die Kreditkarte von allen internationalen Banken akzeptiert wird und die Kreditkartenzahlung bei den meisten Kunden ein hohes Vertrauen genießt - und damit in Sachen Kaufabbruch bessere Werte erzielt - ist sie nicht der Weisheit letzter Schluss, genauso wenig wie Paypal. Denn: Nur ein vergleichsweise kleiner Anteil aller Online-Käufer in Europa besitzt eine Kreditkarte oder ein Paypal-Konto. "Selbst Kreditkarte und Wallets zusammen haben in den meisten Ländern Europas und dem Rest der Welt nicht genügend Verbreitung, um die Mehrzahl der Konsumenten zu erreichen", erklärt Ralf Ohlhausen, President Safetypay Europe. "Grundsätzlich hat jedes Land sein Präferenzen, wenn es ums Bezahlen geht", fügt Christa Wagner, Executive Vice President Consumer Goods bei der Wirecard AG, hinzu. "Dabei stehen weniger einzelne Verfahren im Vordergrund, vielmehr handelt es sich um einen Mix aus verschiedenen Zahlungsmethoden, die von den Konsumenten verwendet und damit akzeptiert werden." Jeder deutsche Händler weiß, wie schädlich es für die Conversion Rate ist, wenn Kauf auf Rechnung nicht angeboten wird - und Ähnliches gilt auch für den internationalen Online-Shop, der dem französischen, polnischen, italienischen oder britischen Kunden eben nicht die Zahlungsart anbietet, die dieser sucht. Wer das berücksichtigt, profitiert: "Kunden kaufen nur, wenn sie so zahlen können, wie sie es gewohnt sind. Daher kommt es vor allem darauf an, ihnen die Zahlmethoden anzubieten, die im jeweiligen Land präferiert werden", meint Uwe Hoffmann, Geschäftsführer von Der-zooexperte.de, der seine internationalen Zahlungen über den Payment Service Provider Ogone abwickelt. "Damit konnte ich meinen Umsatz innerhalb eines Jahres verdoppeln." Doch noch gehört Hoffmann zu einer Minderheit: Weniger als zehn Prozent der deutschen Händler bieten Local Payment Heroes in ihren internationalen Shops an.
Was fremde Sitten kosten
Diese Zurückhaltung gegenüber iDeal, Carte Bleue, Maestro und Co. liegt in einer großen Unsicherheit begründet: Welche Zahlungsarten soll ich überhaupt anbieten? Und: Was kostet mich das? Diese Fragen können Händler nicht pauschal, sondern nur nach einer gründlichen Analyse beantworten. Zunächst gilt es, den Zielmarkt genau anzuschauen: Welche Zahlungsarten sind dort verbreitet, was bietet die ansässige Konkurrenz an? Danach lohnt ein Gespräch mit dem eigenen Payment Service Provider: Ist dieser bereits international vernetzt, hat er vielleicht lokale Bezahlarten im Portfolio, die der Händler zu günstigen Bedingungen anbieten kann. Viele Zahlarten sind in Standardverträgen abgedeckt, aber nicht alle. Oft müssen Kosten und Nutzen genau abgewogen werden. "Nicht jedes Bezahlsystem ist in allen Ländern verfügbar, und oft sind die Aufschläge hinsichtlich Währungsumrechnungskurs höher als die Fixkosten", warnt Ohlhausen. Zudem hängen die Kosten von der jeweiligen Branche, dem Umsatz des Händlers, dem Ort seines Firmensitzes und der Höhe von Einzeltransaktionen ab. "Die Kosten für lokale Zahlarten schwanken sehr stark je nach Land", fügt Ralf Gladis, Geschäftsführer von Computop, hinzu: "Eine Online-Überweisung kostet je nach Land zwischen 45 Cent und 3,0 Prozent. Die Kosten für Payment Service Provider (PSP) liegen je nach Leistungsumfang bei etwa 40 Euro monatlich plus Transaktionsgebühren von 10 bis 15 Cent je Zahlung." Payment-Module des PSP für den Shop können zudem hohe Integrationskosten einsparen.
SEPA ist noch nicht so weit
Eigentlich soll das Wundermittel SEPA, kurz für: Single Euro Payments Area, dem Zahlungsarten-Potpourrie ein Ende bereiten und einen einheitlichen europäischen Zahlungsraum schaffen. 2009 eingeführt, soll SEPA ab Februar 2014 verbindlich für alle Lastschrift- und Überweisungszahlungen werden. Doch die Entwicklung hängt dem Zeitplan hinterher, auf Banken- wie auch auf Unternehmensseite. "Gerade ausländische Banken haben das XML-Format, das die Grundlage zur Verarbeitung von SEPA-Lastschriften ist, noch nicht eingeführt", berichtet Mirko Hüllemann, Geschäftsführer von Heidelpay. "Das hat zur Folge, dass ausländische Banken SEPA-Transaktionen noch nicht bearbeiten können." Selbst wenn der Übergang zu SEPA wie geplant vonstatten geht: Die Meinungen zu dem Nutzen des Systems für den E-Commerce-Händler gehen auseinander: "Die SEPA-Lastschrift und der SEPA-Rechnungskauf bringt für deutsche Händler kaum Fortschritte, denn die SEPA-Lastschriftregeln werden für sie wesentlich schwerer zu erfüllen sein als die gegenwärtigen deutschen Lastschrift- und Einzugsermächtigungsregeln", warnt Ohlhausen. Dagegen erklärt Kai-Uwe Mokros, Geschäftsführer Geschäftsbereich Billing & Payment von Arvato Infoscore: "Die SEPA-Lastschrift hebt sich durch ihre Internationalität und ihren Kostenvorteil von anderen Zahlverfahren ab. Der Internet-Händler erreicht so über eine beliebte und kundenfreundliche Zahlart grenzüberschreitend mehr Konsumenten und kann seine Konversionsrate dadurch signifikant steigern."
Doch auch wenn SEPA wie geplant in Kraft tritt: Die europäische Kundschaft wird voraussichtlich auch weiterhin ihren "Lokalmatadoren" treu bleiben - und Online-Händler, die diese Kundschaft gewinnen wollen, werden sich weiterhin mit anderen Zahlungssitten auseinandersetzen müssen. Das gilt in gleichem Maß für Möglichkeiten, ausbleibende Zahlungen im Ausland einzufordern.