
Wenn Retouren zur Last werden
Wenn Retouren zur Last werden
Auch wenn Online-Händler Retouren gerne als Kundenservice herausstellen: Vielretournierer, die nach dem Motto "Kauf vier Schuhe, schick vier zurück" bestellen, will keiner als Kunde haben. Amazon hat jetzt zu einer drastischen Maßnahme gegriffen: "In Ausnahmefällen" schließt der Online-Marktplatz das jeweilige Konto. INTERNET WORLD Business hat sich umgehört, wie Otto, Zalando, mymuesli, C&A und Hessnatur mit dem Retouren-Problem umgehen.
Eine zu hohe Retourenquote kann einen Händler seine Existenz kosten. Zalando ist bereits im vergangenen Jahr dazu übergegangen, Kunden mit zu hoher Retourenquote zu verwarnen oder nur noch per Vorkasse bestellen zu lassen. Einen Schritt weiter geht nun Amazon und schließt exzessiven Rücksendern das Konto - allerdings "nur in Ausnahmefällen nach eingehender umfassender Prüfung", wie das Unternehmen versichert.
INTERNET WORLD Business hat andere Online-Händler gefragt, wie Sie mit Retouren umgehen. Die Antworten lesen Sie auf den folgenden Seiten.
"Da kommt kaum etwas zurück"
Hubertus Bessau, Mitgründer von mymuesli:
"Im Gegensatz zu Elektronik- oder Modeversendern sind hohe Retourenquoten bei mymuesli überhaupt kein Problem. Erstbesteller möchten zunächst einmal probieren - sollte es ihren Geschmack nicht treffen, wird einfach nicht wiederbestellt. Unser Probierpaket mit 12 Müsli-Bechern hilft uns und den Müslifreunden, jeweils das persönliche Lieblingsmüsli zu finden. Da kommt auch kaum etwas zurück.“
"Wir reduzieren hochretourige Produkte"
Marc Sommer, Vorsitzender Geschäftsführer von Hessnatur:
"Wir setzen am Produkt an und arbeiten über ständige Optimierungsprozesse an der Passform unserer Produkte sowie an einer präzisen Farbabbildung und Produktinformation im Katalog und im Web. Das Ganze wird um eine strenge Qualitätskontrolle ergänzt. Darüber hinaus reduzieren wir hochretourige Produkte im Sortiment beziehungsweise bauen Produktsegmente mit niedriger Retourenquote stärker aus. Wir haben eine aktuelle Retourenquote von 45 Prozent (im Gegensatz zu 47,5 Prozent im Vorjahr) und sehen in diesem Prozentsatz auch unseren zukünftigen Richtwert. Die Möglichkeit, den Kunden eine bestimmete Auswahl zu bieten, ist Teil des Geschäftsmodells, daher halte ich mehr von einer produktorientierten Lösung. Gleiches gilt für die kostenlosen Retouren, die Hessnatur trotz der gesetzlichen Änderung beibehalten wird."
"Retouren gehören zur Kundenfreundlichkeit dazu"
Ulrike Abratis, Leiterin Unternehmenskommunikation OTTO:
"Ob und inwiefern die Entscheidung beziehungsweise das Vorgehen von Amazon ein probates Mittel für das Unternehmen darstellen mag, werden wir selbstverständlich nicht kommentieren. Darüber hat Amazon selbst zu befinden. Für uns bei OTTO steht jedoch fest, dass Retouren immanenter Bestandteil des Geschäftsmodells sind und damit konsequenter Weise zur Kundenfreundlichkeit im Onlinehandel dazugehören."
"Wir kontaktieren Kunden, um Hintergründe zu erfahren"
Torsten Rolfes, Corporate Communications C&A
"Obwohl Retouren im Versandhandel immer ein Thema sind, so ist unsere Priorität nicht, Retouren zu vermeiden. Vielmehr ist es uns wichtig, dass unsere Kunden die Ware erhalten, die tatsächlich gefällt, passt und diese dann auch behalten. Daher ist es für uns in Ordnung, wenn Kunden bewusst mehr Artikel zur Auswahl nach Hause bestellen. Natürlich sollen Funktionen wie Größenberater, Beschreibungen etc. die Auswahl erleichtern, aber dies sind Hilfen für den Kunden, nicht primär Maßnahmen zur Vermeidung von Retouren. Allerdings haben auch wir einige wenige Kunden, die immer die gesamte Bestellung zurückschicken. Solche Kunden kontaktieren wir, um die Hintergründe und die Motivation zu erfahren."
"Wir planen keine Schließung von Kundenkonten"
Kristin Dolgner, Corporate Communications, Zalando:
"Die Retourenquote liegt bei Zalando über alle Märkte und Kategorien hinweg bei etwa 50 Prozent. Das Angebot zum kostenlosen Zurücksenden stellt für uns jedoch kein Problem dar, sondern ist fester Bestandteil unseres Serviceversprechens - und spiegelt unser Verständnis von E-Commerce im Allgemeinen wider. Die Umkleidekabine wird ins Wohnzimmer verlegt; unsere Kunden dürfen daher selbstverständlich alles in Ruhe Zuhause anprobieren und auswählen. Wir möchten das Einkaufserlebnis für unsere Kunden so einfach und bequem wie möglich gestalten.
Wir arbeiten jedoch daran, Fehlbestellungen zu vermeiden. Hierzu unterstützen wir die Kunden mit möglichst umfassenden Produktinformationen in Form von Bildern, Texten und Kundenbewertungen, die ihnen eine fundierte Entscheidung ermöglichen. Zusätzlich experimentieren wir mit Produktvideos, Teilkörper- sowie 360°-Ansicht und auch mit einer telefonischen Produktberatung, die dem Kunden auf Wunsch im Auswahlprozess zur Seite stehen soll. Wir kommentieren generelle Marktentwicklungen oder Strategien anderer Unternehmen nicht. Die Schließung von Kundenkonten ist jedoch keine Maßnahme, die wir planen."
Amazon schließt die Konten von Kunden, die zu viele Waren zurückschicken. Das bestätigte der Online-Händler gegenüber der INTERNET WORLD Business: "Amazon.de ist eine Website für Verbraucher, also Personen, die haushaltsübliche Mengen bestellen", heißt es in einem Statement. "Maßnahmen wie eine Kontoschließung nehmen wir nur in Ausnahmefällen nach eingehender umfassender Prüfung vor, wenn eindeutig feststeht, dass bei dem betroffenen Konto kein Einkaufs- und Retourenverhalten eines Verbrauchers vorliegt". Details zu den Prüfungskriterien nannte das Unternehmen nicht. Offen ist auch, wie viele Konten betroffen sind.