
Georg Schardt, Vorstand und Chief Marketing Officer der Payment Network
Georg Schardt, Vorstand und Chief Marketing Officer der Payment Network
Das Payment-Markt ist stark in Bewegung: Amazon will sein System "Bezahlen über Amazon" etablieren, Google hat in den USA seine "eWallet" gestartet und vielerorts laufen Pilotprojekte zum Mobile Payment - um nur einige Beispiele zu nennen. Welche Bedeutung das Payment für den E-Commerce und darüber hinaus hat, schildert Georg Schardt, Vorstand und Chief Marketing Officer von Payment Network im Gespräch mit internetworld.de.
Herr Schardt, warum ist ein funktionierendes Payment so wichtig?
Georg Schardt: Ein funktionierender Zahlungsverkehr ist eine der Kernfunktionen des kompletten Wirtschaftslebens. Ohne sichere Wege, Gelder zu transferieren, kann es keinen Verkauf geben. Deswegen ist auch in den Ländern, in denen es ein breit gefächertes, gut funktionierendes Payment-Angebot und eine zuverlässige Logistik gibt, der E-Commerce am stärksten. Der Kunde will sicher bezahlen und er will sich darauf verlassen, dass seine Bestellung auch in akzeptabler Zeit bei ihm ankommt. Das sind wichtigere Faktoren als zum Beispiel die Internetaffinität der Bevölkerung.
Können Sie ein Beispiel nennen?
Schardt: In Europa war der Distanzhandel auch schon in der Zeit vor dem Internet in den Ländern überproportional stark, wo es entsprechend funktionierende Strukturen gab, nämlich in Nord- und Mitteleuropa. In Südeuropa hatte der Versandhandel nie relevante Marktanteile. Oder schauen Sie zum Beispiel mal nach Afrika: Dort ist mobiles Bezahlen heute schon in vielen Ländern viel weiter als hier. Und mit der Verbreitung des Mobile Payments ist in Ländern wie etwa Kenia das Wirtschaftswachstum angesprungen. Plötzlich ist es kein Problem mehr, Löhne auszuzahlen, Waren zu bezahlen, Geld zu überweisen - selbst abseits der Großstädte. Damit können Menschen am Wirtschaftsleben teilnehmen, die bisher davon ausgeschlossen waren. Das treibt die Wirtschaft kräftig an, Mobile Commerce ist kräftig im Kommen.
Warum ist mobiles Bezahlen dort so stark?
Schardt: Weil es keine gewachsene Infrastruktur wie bei uns gibt. Es gibt eben nicht fünf Geldautomaten in Umkreis von 200 Metern, kein Filialnetz wie bei uns. Gleichzeitig fehlt oft auch ein Telefonfestnetz. Die Mobilfunkanbieter sind in diese Lücke gestoßen. Sie haben Mobilfunknetze aufgebaut und sind gleichzeitig ins Payment eingestiegen. Kenias größter Paymentanbieter ist ein Mobilfunkanbieter. Das Land hat damit einige Entwicklungsstufen, wie sie bei uns stattgefunden haben, schlicht übersprungen. Das zeigt: Online- oder auch Mobile-Banking ist einer der am dynamischsten wachsenden Märkte.
Die Amerikaner könnten bald auch den europäischen Payment-Markt dominieren
Hinkt Europa deswegen in Sachen mobile Payment hinterher?
Schardt: Es hat sich in den vergangenen Jahren gezeigt, dass sinnvolle Entwicklungen nicht mehr nur in einem Land passiert sind und sich dann von dort aus verbreitet haben, sondern dass sie an vielen Stellen gleichzeitig stattgefunden haben. So ist es auch mit dem Mobile Payment: Egal, ob in den USA, in Südkorea, in Japan, in Afrika - in vielen Ländern sind Verfahren entstanden und verändern den Markt. Europa allerdings leidet unter seiner Kleinteiligkeit, das macht langsam, ein gemeinsamer Binnenmarkt existiert auf dem Papier, jedoch sind die Ländergrenzen häufig noch Grenzen für das Geschäft im E-Commerce, beziehungsweise für technische Lösungen. Deswegen kann es gut sein, dass sich in Europa entweder ein amerikanischer Anbieter oder ein Klon etablieren wird. Das war ja in der Vergangenheit in anderen Ecommerce-Geschäftsmodellen mehrfach so: In den USA gab es Zappos, hier kam Zalando in den Markt, in den USA gab es Groupon, hier kam Citydeal und so weiter.
Und was ist mit Google und Apple, Amazon und Paypal?
Schardt: Es ist gut möglich, dass die Amerikaner in einigen Jahren den europäischen Payment-Markt zumindest im E-Commerce dominieren werden und wir hier ein oder mehrere Systeme übergestülpt bekommen, die andernorts entwickelt wurden. Wir halten den Paymentsektor im E- und M-Commerce für eine strategisch wichtige Schlüsselbranche, in der es auch europäische Player geben sollte.
Ein ausführliches Interview lesen Sie in der INTERNET WORLD Business, Ausgabe 13/2011. Dort erfahren Sie auch, warum Georg Schaft die Abschaffung des Bargelds erwartet.