
Augmented Reality (AR) wird gerne als Hypethema der Kreativen bezeichnet. Doch das trifft es nicht: Richtig eingesetzt kann AR die Marketingstrategie eines Unternehmens mit relevanten Mehrwerten bereichern. Worauf Sie bei der Umsetzung achten sollten, erklärt Oliver Schiffers, Head of Marketing Strategy and Analysis bei SapientNitro.
1. Bieten Sie echte Mehrwerte:
Die meisten webbasierten AR-Anwendungen, die heute im Einsatz sind, bedienen sich einer Marker-Technologie. Diese ermöglicht es, etwa durch Drehen eines Katalogs, 3D-Modelle von darin enthaltenden Produkten zu generieren. Dauerhaften Mehrwert bekommen Ihre Kunden dadurch aber nicht - denn 3D-Modelle lassen sich auch einfach am Computer per Maus bedienen. Gestalten Sie Ihre AR-Anwendung daher so, dass sie Ihrem Kunden wirklich einen relevanten Mehrwert bietet, den er auf keinem anderen Kanal schneller und bequemer bekommen kann. Die intuitive Nutzbarkeit der Anwendung ist dabei eine Grundvoraussetzung für deren Erfolg.
2. Zeigen Sie ortsbezogene Informationen:
Überlegen Sie, welche Informationen Ihr Kunde an dem Ort, an dem er sich gerade aufhält, wirklich benötigt. Mit welcher Intention nutzt er Ihre Anwendung gerade hier? Möchte er etwa wissen, wo Ihre nächste Filiale ist, erwartet er, genau diese Information zu bekommen - wenn möglich in Verbindung mit aktuellen Angeboten oder Specials, die es aktuell genau hier gibt. Relevante lokationsbezogene Informationen müssen nicht mobil und auch nicht per GPS angepasst werden: Auch spezielle Lokationen eines Kiosks in bestimmten Umgebungen oder ein interaktives AR-Tool innerhalb von Digital Signage können je nach Umgebung bestimmte relevante Angebote bieten, die dann "offline" weitergeführt werden können.
3. Liefern Sie relevante Informationen:
Die Relevanz einer Information beschränkt sich nicht nur auf die Lokation: Vielmehr sollte sie aus Interaktivität und Dialog geschöpft werden. Denken Sie bei Ihrer Anwendung daher schon gleich an den nächsten Schritt und eröffnen Sie Ihrem Kunden Wege, weiter mit Ihnen oder Dritten zu interagieren. Beschränken Sie sich also bei Ihrer Anwendung beispielsweise nicht nur darauf, dem Kunden die relevanten Informationen zu einem Produkt anzuzeigen. Sagen Sie ihm stattdessen auch, wo er dieses in der Nähe am günstigsten erwerben kann und eröffnen Sie ihm Zugang zu weiteren (auch unabhängigen) Ressourcen, die für ihn in seinem Entscheidungsprozess von Interesse sein können.
4. Gestalten Sie Ihre Anwendung sozial:
AR-Anwendungen werden heute hauptsächlich von Einzelanwendern im eigenen Wohnzimmer oder unterwegs auf dem Smartphone genutzt. Dauerhaft erfolgreiche Modelle erweitern die dabei gemachten persönlichen Erfahrungen um kollaborative Aspekte oder Feedback aus den sozialen Netzwerken des Endkonsumenten. Ermöglichen Sie es Ihrem Kunden also, die Meinung seiner Freunde oder Kollegen mit einzubeziehen. So bleibt er im Privaten nicht nur seiner eigenen Urteilskraft überlassen, ob das neue Wunschsofa in der Wohnung auch wirklich gut aussieht; vielmehr kann er auf das Echtzeit-Feedback oder zeitversetzte Tipps seiner Freunde bauen. Bei geschäftlichen Anwendungen ergeben sich unabhängig von der jeweiligen Branche völlig neue kollaborative Möglichkeiten bei Konfiguration, Entwicklung und Planung.
Binden Sie die Freunde ein
5. Bieten Sie soziale Interaktionen in Echtzeit:
Die Verbindung von kamerabasierten Spielekonsolen und Computern wird die heimische Augmented Reality über die bisherigen Gimmicks markerbasierter Nutzung in Zukunft vorantreiben. Speziell Geräte mit Kinect-Funktion wie die Xbox von Microsoft eröffnen hier dem Social Commerce enorme Potenziale. Ermöglichen Sie es Ihrem Kunden daher nicht nur, beispielsweise Kleidung am heimischen Fernseher anzuprobieren, sondern das virtuelle Spiegelbild gemeinsam mit Freunden anzusehen und in Echtzeit mittels Videochat zu bewerten. Auch im stationären Handel können die durch Kinect angedeuteten Potenziale neue Steuerungs- und Interaktionsfunktionen sowie eine freie Bedienung und individuelle Konfiguration digitaler Schaufenster ermöglichen.
6. Ermöglichen Sie Erfahrungen im persönlichen Kontext:
Eine AR-Anwendung bleibt eine Spielerei, wenn sie nicht ein persönliches Bedürfnis des jeweiligen Nutzers anspricht. Richten Sie Ihre Anwendung daher auf eben diesen persönlichen Kontext hin aus. Wie bei der Kleideranprobe im heimischen Wohnzimmer, bei der nicht nur die Ware in 3D angezeigt wird, sondern auch, wie sie am eigenen Körper wirkt, liegt der wahre Mehrwert von Augmented Reality auch bei entsprechenden Anwendungen am Point of Sale und Kiosk oder bei geschäftlichen Anwendungen darin, zielgenau die Bedürfnisse des Kunden zu adressieren.
7. Bleiben Sie gespannt:
Vieles ist bereits heute möglich bei AR, vieles ist aber auch noch in naher Zukunft zu erwarten. Momentan arbeiten Entwickler beispielsweise an neuartigen visuellen Erkennungsverfahren, die nicht nur Marker identifizieren, sondern auch echte Objekte mit 3D- und CAD-Daten abgleichen können. Die Voraussetzung hierfür liegt in der Schaffung einer Datenbasis mit realen und virtuellen 3D Objekten, die erkannt und weiterverarbeitet werden können. Unter dem Stichwort Computer Vision werden aktuell Verfahren entwickelt, die künftig noch schneller den Transfer aus der Realität ins 3D-Modell leisten und so zahlreiche neue Möglichkeiten eröffnen. Daher: Bleiben Sie gespannt auf die stetigen Weiterentwicklungen bei AR und überlegen Sie sich, welche Sie wie für Ihr Unternehmen oder Ihre App nutzbringend übernehmen können.