
Segmüller steigt in den Online-Handel ein. Unter der Domain daheim.de eröffnet der Möbelhändler heute einen Shop rund ums Wohnen und Einrichten. Zum Start sind 3.600 Produkte im Sortiment, das vom Bett bis zur Blumenvase reicht. Wartezeiten soll es nicht geben, alle gelisteten Artikel sind sofort lieferbar.
Der Name ist gut gewählt: daheim.de, das vermittelt Behaglichkeit und klingt nach einem Ort, an dem man sich von der Welt zurückziehen kann. Nach lauen Sommerabenden auf der Terrasse und gemütlichen Winter-Sonntagen auf dem Sofa. Die URL lässt sich gut merken und ihr Preis war nicht zu hoch.
Für Segmüller hat die Domain des neuen Online-Shops noch einen weiteren Vorteil: "Unter einem neuen Namen können wir leichter etwas ausprobieren, ohne auf die Assoziationen zur Stamm-Marke festgelegt zu werden", sagt E-Commerce-Leiter Patrik Holtz. Allen, die den Möbelhändler kennen – und das sind vor allem jene Menschen, die südlich des Mains leben – soll der Zusatz "von Segmüller" Vertrautheit vermitteln.
Noch wird getestet. Heute wird der Shop mit einem Sortiment von 3.600 sofort lieferbaren Artikeln eröffnet. Zum Start sind noch nicht alle Funktionen online – und nicht alle Produkte. Die Bereiche Wohnzimmer und Esszimmer sind erfasst, weitere Räume folgen. "Wir wollen erst einmal beginnen und dann Erfahrungen sammeln", erklärt Holtz. "Jede Woche, die wir live sind, hilft uns weiter." Bis Dezember kann experimentiert werden, dann muss alles klappen: "Wir wollen das Weihnachtsgeschäft mitnehmen."
Von den zehn umsatzstärksten Möbelhändlern in Deutschland ist die Hälfte noch nicht im E-Commerce aktiv, darunter auch Höffner und XXXLutz. Das hat zwei Gründe: Die Datenerfassung, also die Bemaßung der Produkte, ist sehr komplex, ebenso die Logistik. "Da sprechen wir mit Lieferanten über Details wie Kantenschutz", sagt Holtz, der zuvor bei Chip Communications die Bereiche Marketing und E-Commerce geleitet hat. "Kleidung und Schuhe sind Basics dagegen." Mit daheim.de möchte Segmüller in erster Linie Menschen jenseits des typischen Möbelhauskunden für sich gewinnen. Kernzielgruppe sind Frauen zwischen 25 und 49 Jahren, denn die sind es meist, die über die Einrichtung der eigenen oder gemeinsamen Wohnung entscheiden.
daheim.de versucht, von der Erfahrung aus dem stationären Geschäft zu lernen und so den großen Wurf zu landen. "Wir übernehmen das Wissen aus dem Möbelhaus", erklärt Holtz – das betrifft das Sortiment wie auch die Auswahl der Partner. "Wenn mir ein Kollege sagt, dass es bei einem Lieferanten manchmal Probleme bei der Verpackung gibt, kommt dieser für uns als Partner nicht infrage." Wichtig sind auch Rückmeldungen zu Reklamationen. Auf diesem Weg hofft Holtz, die Retourenquote gering halten zu können, die im E-Commerce häufig über Gewinn oder Verlust entscheidet.
Im Gegensatz zum Möbelhaus, das möglichst viel in Eigenregie übernimmt und eine Flotte von 400 Fahrzeugen unterhält, setzt daheim.de auf externe Dienstleister. Das im vergangenen Jahr gegründete E-Commerce-Team ist mit derzeit zehn Mitarbeitern übersichtlich, viele Erfahrungen müssen erst noch gemacht werden, gibt Holtz zu: "Die Online-Expertise muss sich das Haus erst erarbeiten." Den Magento-Shop hat mediawave umgesetzt, die Logistik übernimmt Fiege, das Payment EOS, das Online-Marketing Blue Summit. Beim Tracking verlässt sich daheim.de auf Adobe. Auch die Fotografie wurde ausgelagert. Das liegt nicht nur an Kapazitätsengpässen beim hauseigenen Studio, so der E-Commerce-Leiter: "Online hat eine andere Bildsprache als der klassische Prospekt."
Das zeigt schon der erste Blick auf die Webseite, die angenehm leicht wirkt und von einem großformatigen Foto dominiert wird. Auf dieser Bühne werden unter der Überschrift "Inspirieren" wechselnde Themen und Saisonware präsentiert. Weitere Navigationspunkte sind "Einrichten" mit der Sortierung nach Wohnräumen, "Dekorieren", "Haushalt" und "Sonderangebote".
Im September 2013 beginnt das Marketing für den neuen Shop.
Marketing startet im September
Überhaupt, die Fotos. Auf die ist man bei daheim.de besonders stolz: Jedes einzelne Produkt im Sortiment wurde neu aufgenommen. Herausgekommen sind Bilder, die lebensnah wirken. Da hat die Bettwäsche auch mal Knitterfalten, neben dem Bett liegt ein Laptop am Boden, am Küchentisch lehnt eine Einkaufstüte.
Jeder Artikel wird in einer Vorschau, die sich über die Seite legt, und einer Produktdetailseite präsentiert. Angereichert wird die Webseite durch Tipps und Entscheidungshilfen. Die Beratung übernimmt ein Callcenter von buw, dessen Mitarbeiter bereits geschult wurden. Die Erreichbarkeit erinnert noch stark an den stationären Handel: Montag bis Freitag von acht bis 20 Uhr, samstags von acht bis 16 Uhr. "Das muss aber nicht so bleiben", erklärt Holtz. "Wir werden auswerten, wann die Anrufe reinkommen, und die Zeiten gegebenenfalls anpassen."
Die Preise orientieren sich nicht an denen des Möbelhauses, sondern an der Konkurrenz im Web. Um marktfähig zu sein, scannt das Team die Preise von 20 Shops. Die Lieferung mit DHL kostet 4,95 Euro und ist ab 50 Euro Warenwert kostenlos, Möbel werden für 19,95 pro Lieferung nach Hause gebracht, ein Montageservice kann zusätzlich gebucht werden. Neue Produkte können in zwei Wochen aufgenommen werden. Auch hier lässt sich Holtz von den Kollegen aus den Möbelhäusern beraten, was gerade vermehrt nachgefragt wird.
Im September startet das Marketing - vor allem im Web. "Das läuft über alle Kanäle: SEO, SEM, Retargeting, Display und Affiliate", kündigt Holtz an. Social Media soll erst im kommenden Jahr folgen: "Der Shop ist noch im Aufbau und wir wollen noch weitere Features integrieren, bevor wir uns in Facebook wagen."
Wie viel der Einstieg in den E-Commerce kostet, darüber schweigt sich der Möbelhändler aus. Nur so viel kann Holtz preisgeben: "Die Firmeninhaber stehen voll hinter dem Projekt und wollen eine zukünftig tragende Säule nachhaltig aufbauen." Das Motto bei Segmüller sei: Wenn das Unternehmen etwas mache, dann richtig – das gelte für die Häuser ebenso wie für online. Ziel ist die Marktführerschaft: "Wir wollen unter die ersten Fünf." Der Zeitraum, in dem das erreicht werden soll, bleibt noch offen.
Das Internet wird zunehmend zum Möbelhaus. In Deutschland haben im vergangenen Jahr 23 Prozent der User Möbelstücke oder Einrichtungsgegenstände online gekauft. Das entspricht mehr als zwölf Millionen Deutschen. Zum Vergleich: 2011 waren es noch acht Millionen. Das ergab eine Umfrage des Bitkom.