Seit zehn Jahren gibt es nun schon das gesetzliche Widerrufsrecht im Onlinehandel. Bereits in der Vergangenheit gab es zahlreiche Änderungen an den entsprechenden Vorschriften. Nach der großen Reform aus dem Juni 2010, treten morgen erneut umfangreiche Änderungen in Kraft. Worauf Shopbetreiber achten müssen, erklärt Martin Rätze, Mitarbeiter der Rechtsabteilung der Trusted Shops.
Der EuGH hat am 3.9.2009 in seinem Messner-Urteil die bisher geltenden deutschen Normen zum Wertersatz wegen Nutzung beziehungsweise Verschlechterungen der Ware während der Widerrufsfrist wurden für teilweise europarechtswidrig erklärt. Der Gesetzgeber hat mit der jetzt erfolgten Änderung dieses Urteil umgesetzt.
Änderungen beim Wertersatz
Hierdurch wurden die für den Wertersatz im Fernabsatz einschlägigen Vorschriften des BGB (neuer § 312e und § 357 Abs. 3) geändert. Das Gesetz sieht nun vor, dass der Verbraucher Wertersatz - sowohl für eine Verschlechterung der Ware als auch für gezogene Nutzungen - nur noch dann schuldet, wenn er mit der Ware in einer Art und Weise umgegangen ist, die über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsfähigkeit hinausgeht. Außerdem muss der Kunde auf diese Rechtsfolge schon vor der Bestellung hingewiesen werden und spätestens unverzüglich nach Vertragsschluss eine korrekte Widerrufsbelehrung in Textform (zum Beispiel per E-Mail) erhalten, wenn der Händler den Wertersatz vollumfänglich beanspruchen will.
Neuformulierung der Musterbelehrungen
In der Musterwiderrufsbelehrung wird die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise noch definiert, als das, was in einem Ladengeschäft möglich und üblich ist. Leider ist dieser Erklärungsversuch aber auch nicht eindeutig, da schon unklar bleibt, welche Art von Ladengeschäft gemeint ist.
Bei den Änderungen handelt es sich entgegen vieler Meldungen nicht um eine tatsächliche Einschränkung der Wertersatzpflicht des Verbrauchers. Im Wesentlichen sind dies sprachliche Anpassungen unter Verwendung der Formulierungen des EuGH. Schon bislang hat die Rechtsprechung diesen Wertersatzanspruch im Wege der europarechtskonformen Auslegung sehr restriktiv gehandhabt, wie zum Beispiel der BGH im sogenannten Wasserbett-Urteil, das auch nach der neuen Rechtslage nicht anders ausfallen würde.
Durch den neuen § 312e und einen weiteren neuen § 312f BGB verschieben sich die für den Beginn der Widerrufsfrist relevanten Normen nach hinten. Dadurch wird auch der erste Teil der Musterbelehrungen umformuliert und die Paragraphenkette angepasst.
Drei Monate Übergangszeit?
In dem neuen Gesetz ist zwar eine Übergangsvorschrift von drei Monaten vorgesehen, sodass die gesetzliche Privilegierung bei Verwendung der „alten", seit 11. Juni 2010 gültigen Muster noch für einen Zeitraum von drei Monaten (also bis zum 04. November 2011) gilt. Händler belehren also mit dem alten Muster in diesen Zeitraum noch korrekt über das Widerrufsrecht. Dennoch ist zu empfehlen, den eigenen Shop möglichst schnell zu überarbeiten. Denn wer weiterhin das alte Muster nutzt, hat z.B. keinen Anspruch auf den neuen Nutzungswertersatz nach § 312e BGB n.F, da mit der alten Belehrung nicht ausreichend hierüber informiert wird. Zudem drohen nach Ablauf der Frist wieder neue Abmahnungen von Konkurrenten.
Trusted Shops bietet ein kostenloses Whitepaper mit Mustern zum neuen Widerufsrecht zum Download an.