
Internet-Recht Rechtliche Bedingungen bei Werbung mit Rabatten und Gütesiegeln
In der Rubrik "Die wichtigsten Urteile für Shop-Betreiber" fassen die Rechtsanwältinnen Dr. Julia Blind und Rebekka Stumpfrock Urteile aus dem Digitalbereich zusammen. Der aktuelle Beitrag beschäftigt sich mit Werbung mit Testergebnissen, Gütesiegeln und Rabatten.
Von Dr. Julia Blind und Rebekka Stumpfrock
Auch wenn man meinen könnte, dass es im Online-Handel derzeit nur noch ein Thema gibt, nämlich die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), gab es doch auch im vergangenen Quartal wieder viele Gerichtsentscheidungen, die abseits des Datenschutzes für Online Shop-Betreiber wichtig sind.
1. Werbung mit Testergebnissen und Gütesiegeln
Gütesiegel sind bewährte Werbeinstrumente. Wer aus einer Studie der Stiftung Warentest als Testsieger hervorgeht, kann sich sicher sein, hiermit ein wunderbares Verkaufsargument bekommen zu haben. Allerdings stellt die Rechtsprechung an die Werbung mit Testergebnissen und Gütesiegeln hohe Anforderungen, damit der Verbraucher nicht durch vermeintliche Gütesiegel oder veraltete Testergebnisse in die Irre geführt wird. Jüngst sind zu diesen Fragen Entscheidungen des OLG Köln und des OLG Stuttgart ergangen.
In der Entscheidung des OLG Köln hatte ein Wirtschaftsverband ein eigenes "Gütesiegel" erfunden. Hierin sah die Wettbewerbszentrale ein unlauteres Verhalten und mahnte den Webseitenbetreiber ab. Er verwende und bewerbe ein Symbol mit dem Begriff "Gütesiegel", ohne dass dem Gütesiegel entsprechende objektive Prüf- und Akkreditierungskriterien zugrunde lägen. Dies sei irreführend und daher wettbewerbsrechtlich unzulässig.
In beiden Instanzen bekam die Wettbewerbszentrale recht, denn der Verbraucher - so die Gerichte - erwarte, dass ein mit einem Prüfzeichen oder Gütesiegel versehenes Produkt oder Unternehmen von einer neutralen und fachkundigen Stelle auf die Erfüllung von Mindestanforderungen anhand objektiver Kriterien geprüft worden sei. Diesen Anforderungen entspreche das Gütesiegel des Verbandes nicht, denn die einzige Prüf- und Akkreditierungsvorrausetzung sei es, mit der Zielrichtung und den Aussagen des Verbandes übereinzustimmen und diese zu unterstützen. Eine besondere Güte oder Qualität der jeweiligen Unternehmen werde nicht geprüft. Die Werbung mit dem Begriff "Gütesiegel" sei daher irreführend im Sinne des § 5 UWG und zu unterlassen.
Rechtsstreit um Gütesiegel der Stiftung Warentest
Bei dem Rechtsstreit vor dem OLG Stuttgart ging es indirekt dem Gütesiegel der Stiftung Warentest an den Kragen. Ein bekannter Hersteller für Nassrasierer stellte nämlich insgesamt die Werbung mit Testergebnissen der Stiftung Warentest in Frage, da er der Ansicht war, der von Stiftung Warentest durchgeführte Test sei grob fehlerhaft. Vor dem Landgericht Stuttgart bekam der Hersteller noch recht. Das OLG Stuttgart wies hingegen die Klage ab. Einem Testveranstalter komme bei der Auswahl der Prüfungsmethoden ein erheblicher Spielraum zu, dessen Grenzen erst überschritten seien, wenn das Vorgehen sachlich nicht mehr diskutabel erscheine. Demnach müsste die Untersuchung neutral, sachkundig und in dem Bemühen um Objektivität geführt werden. Nach Ansicht des OLG Stuttgart erfüllte der Produkttest der Stiftung Warentest diese Anforderungen. Daher dürfe mit den Testergebnissen auch geworben werden. Die Werbung sei nicht unlauter.
Unser Tipp:
Wer mit Testergebnissen wirbt, hat einiges zu beachten. Der Test darf nicht veraltet sein und er darf grundsätzlich nur in der Werbung für das Produkt verwendet werden, das auch tatsächlich getestet wurde. Die Ergebnisse des Tests dürfen natürlich nicht verfälscht werden. Genauso wenig darf das Testergebnis positiver dargestellt werden, als es eigentlich war: Wer etwa für sein Produkt mit dem Testurteil "gut" wirbt, obwohl es unter den getesteten Produkten das einzige ist, das kein "sehr gut" erhalten hat, könnte irreführend handeln.
Neben den wettbewerbsrechtlichen Vorgaben sind außerdem die Vorgaben des einzelnen Unternehmens, das den Test durchgeführt hat oder die Gütesiegel vergibt, zu beachten. Auch von eigenen "Gütesiegeln" oder Aussagen "geprüfte Qualität" ist abzuraten.
2. Gestaltung des Online Shops
Der Gesetzgeber macht den Online-Händlern in §§ 312c ff. BGB und Artt. 246a ff. EGBGB strenge Vorschriften zur Gestaltung des Online Shops und des Bestellablaufs. So hat der Online-Händler den Kunden "unmittelbar" vor der Bestellabgabe unter anderem über die wesentlichen Merkmale der zu erwerbenden Waren zu informieren. Dies erfolgt üblicherweise in einer Bestellübersicht, in der dem Kunden die Waren, der Preis und die voraussichtliche Lieferzeit angezeigt werden. Wie genau die Waren in der Bestellübersicht zu beschreiben sind, hat das LG München entschieden. In der Entscheidung (LG München, Urteil vom 04.04.2018, Az. 33 O 9318/17) ging es um den Online-Kauf eines Sonnenschirms. Auf der Produktseite war der Sonnenschirm detailliert beschrieben, auf der Bestellübersicht fanden sich lediglich ein Foto, sowie Angaben zu Größe, Form und Farbe. Ein Link zur Produktseite war nicht vorhanden. Das sei für Angaben zu den "wesentlichen Merkmalen" nicht ausreichend, so das LG München. Was wesentlich sei, sei im Einzelfall zu entscheiden. Bei einem Sonnenschirm seien aber zumindest der Bezugsstoff, das Material des Gestells sowie das Gewicht wesentliche Merkmale. Der Online-Händler komme seinen gesetzlichen Pflichten nicht nach und handle daher gem. § 3a UWG wettbewerbswidrig.
Unser Tipp:
Halten Sie die Produktinformationen auf der Bestellübersicht nicht zu knapp. Die wesentlichen Eigenschaften einer Ware müssen auf der Bestellübersicht angegeben werden. Ein Link zur Produktseite genügt nicht!
3. Werbung mit Rabatten
Wer erinnert sich nicht an die Werbung eines Baumarkts "20 Prozent auf Alles - außer Tiernahrung" - ein klassischer Blickfang. Rabattaktionen sind gute Werbung. Allerdings gibt es auch dabei wettbewerbsrechtliche Stolpersteine, vor allem wenn "...auf Alles", dann eben doch nicht alles ist. Wann "Alles" wirklich noch "Alles" ist und wann eine Irreführung der Kunden beginnt, haben aktuell das OLG Köln und das OLG München entschieden. Denn ein eherner Grundsatz im Wettbewerbsrecht ist das Verbot der irreführenden Werbung gem. § 5 UWG.
Dieses Gebot hatten zwei Werbetreibende nicht beachtet, sodass sie vom OLG Köln beziehungsweise OLG München zur Unterlassung der irreführenden Werbung verurteilt wurden. Zwar ergingen die Entscheidungen zu Printwerbung. Online würde jedoch nichts Anderes gelten. In der Entscheidung des OLG Köln (Urteil vom 20.04.2018, Az. 6 U 153/17) hatte ein Möbelmarkt in einem Prospekt mit der Aussage "30 Prozent auf fast Alles" geworben. Das Wort "fast" war kleiner und dünner gestaltet als die übrigen Worte. Tatsächlich ergab sich aber aus einer Anmerkung zu der Werbung, dass nicht nur bereits reduzierte Waren und Angebote aus Prospekten, Mailings und Anzeigen, sondern auch Artikel von 40 namentlich genannten Herstellern nicht unter die Rabattaktion fielen.
Das OLG Köln stufte die Angabe "30 Prozent auf fast Alles" nicht nur als irreführend, sondern als objektiv falsch und sogar als dreiste Lüge ein. Ein Verbraucher erwarte bei einer solchen Blickfangwerbung, dass große Teile des Sortiments von der Rabattaktion umfasst seien und nicht gerade das Gegenteil, nämlich, dass große Teile des Sortiments gerade ausgenommen sind.
Im Fall des OLG Münchens warb ein anderes Möbelhaus mit "25 Prozent Geburtstagsrabatt auf fast Alles". Mittels eines Sternchenhinweises erfolgte die Einschränkung "gültig nur bei Neuaufträgen, ausgenommen bereits reduzierte Ware und alle Angebote aus unseren Prospekten, Anzeigen und Mailings". Das OLG München sah hierin eine irreführende Werbung, denn für den Verbraucher sei gar nicht ersichtlich, was nun von der Rabattaktion ausgenommen sei. Es sei lebensfremd, dass der angesprochene Verbraucher jede Prospektanzeige und Mailing des werbenden Unternehmens kenne und somit wisse, was nicht mehr von der Rabattaktion umfasst sei.
Unser Tipp:
Wenn Sie mit Rabattaktionen werben und Teile Ihres Sortiments von dieser Rabattaktion ausnehmen wollen, achten Sie darauf, dass Sie die Verbraucher klar und deutlich darüber informieren, welche Produkte oder Produktkategorien von der Rabattaktion ausgenommen sind. Dies kann zwar grundsätzlich mit einem *Sternchenhinweis erfolgen. Der Hinweis im Sternchen darf aber nicht zu weit vom eigentlichen Blickfang erläutert werden. Wenn Sie umfassend Produkte aus einer Rabattaktion ausnehmen wollen, verzichten Sie lieber auf Slogans wie "fast Alles" und beschränken Sie sich etwa auf Aussagen wie "20 Prozent auf viele Produkte".
4. Link zur OS-Plattform
Kaum zu glauben, wie der Link http://ec.europa.eu/consumers/odr/ die Gerichte beschäftigen kann. Es handelt sich um den Link zur Online-Streitbeilegungspraxis der EU-Kommission. In Art. 14 der Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten ist geregelt, dass in der Union niedergelassene Online-Händler und Online-Marktplätze auf ihren Websites einen Link zur OS-Plattform einzustellen haben. Wer dies nicht tut, handelt wettbewerbswidrig. Das OLG Hamburg (Beschluss vom 24.04.2018, Az. 3 W 39/18) hat nun entschieden, dass die bloße textliche Wiedergabe der Internetadresse ohne Verlinkungsfunktion kein Link im Sinne der Verordnung und daher die Pflicht nach Art. 14 der Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten nicht erfüllt sei.
Unser Tipp:
Ein Link ist ein Link ist ein Link.
In ihrem Beitrag zum ersten Quartal 2018 befassten sich Dr. Julia Blind und Rebekka Stumpfrock mit rechtlichen Rahmenbedingungen aus dem Bereich des Influencer Marketings.