
Lange war es in der Versenkung verschwunden. Jetzt wird die Werbeform mehr und mehr in Games getestet. Steht das In-Game Advertising vor dem großen Durchbruch?
Es war ein ganz heißes Thema. Vor knapp zehn Jahren schwärmten die Spieleindustrie und die Werbewirtschaft unisono von den vielfältigen Möglichkeiten des „In-Game Advertising“ (IGA). In der Platzierung von Werbebotschaften in Computerspielen - etwa als Plakat an einer Straßenrandszene oder als Logo auf dem Trikot eines Sportlers - glaubte man ein Rezept für das Onlinemarketing gegen die allgemeine Werbemüdigkeit der Computernutzer gefunden zu haben.
Studien bescheinigten der Werbeform hohe Akzeptanz und erwarteten rasante Zuwachsraten, Digital-Agenturen bauten eigene Abteilungen auf, der Verband BVDW richtete eine Projektgruppe ein. Alle standen bereit für den großen Hype.
Doch dann kippte die Stimmung. Die Spieleentwickler wollten sich in ihr Design nicht reinreden lassen und keine Platzhalter für Werbeflächen berücksichtigen. Die Werbekunden zauderten, weil sie fürchteten, in irgendeiner unübersichtlichen Ecke eines Games würde sich vielleicht doch ein rechtsradikales Symbol verbergen. Und die Media-Agenturen fragten nach Planungs-Tools und genauen Studien.
Es gab aber niemanden, der etwas Entsprechendes liefern konnte. "Mediaplaner brauchen Daten", sagt Wolfgang Thomas, Geschäftsführer der Online-Media-Agentur Netzwerk Reklame, der auch ein Buch über In-Game Advertising verfasst hat. "Wenn zum Beispiel ein Erfrischungsgetränkehersteller die Zielgruppe der 20- bis 35-Jährigen erreichen möchte, braucht er eine Informationsgrundlage, ob diese Zielgruppe eher auf einem Rennspiel, einem Shooter oder in Strategiespielen erreicht werden kann."

In dieser Gemengelage verebbte auch das Interesse in den Verbänden. Sowohl der BVDW als auch die Computerspiele-Verbände Game und BIU halten das Thema derzeit für wenig relevant. Fall erledigt, könnte man meinen, zumal selbst aus dem digitalen Vorzeigeland USA keine Erfolgsstories kommen.
Produktionskosten senken durch In-Game Advertising
Allerdings gibt es einige, die an das Ende der Werbeform nicht glauben wollen. "In-Game Advertising wird kommen, keine Frage. Es dauert nur noch", sagt Johannes Gözalan. Der CEO der European Games Group verweist auf die Filmindustrie. Dort gebe es heute kaum eine große Produktion, in der die kommerzielle Platzierung von Produkten nicht von Anfang an mit eingeplant werde.

Auch Gözalan hat bei seinen Games die Produktionskosten durch den Einsatz von In-Game Advertising bereits senken können, beispielsweise durch gesponserte Icons. Dabei erhält der Spieler ein Piktogramm gratis, das ihm bei der Fortsetzung seines Spiels hilft und das er ansonsten bezahlen müsste; es wird ihm von einem Markenartikler geschenkt.
Solche Indizien weisen darauf hin, dass sich In-Game Advertising doch noch entwickeln könnte. Außerdem geben die Eckdaten Anlass zu Optimismus: Der Spielemarkt wächst kontinuierlich, die Umsätze verlagern sich von Spielen auf CDs hin zu Smartphone- und Browser-Games, die sich für In-Game Advertising besser eignen. Und die Gamer-Gemeinde ändert sich ebenfalls. Auch wenn vorwiegend junge Männer daddeln: Der Anteil der spielenden Frauen nimmt zu - innerhalb eines Jahres von 30 auf 39 Prozent. Und alle spielen jedes Jahr ein bisschen mehr.
Produkte werden Bestandteil des Spiels
"Es wird vollkommen verkannt, dass es bei Computerspielen nicht nur ums Ballern geht, sondern auch um Spiele wie Rockband, Fifa oder das Quizduell", sagt Holger Rothe, Chef der 1Agency in Nürnberg. "Gespielt wird überall und nicht mehr nur im stillen Kämmerlein, und zwar von allen Bevölkerungsgruppen."
Experten wie Sebastian Wendrich, Chef von Elblabs, versuchen genau dies potenziellen Kunden zu erklären. Mit Game Ad Trading hat er ein Netzwerk aufgebaut, über das unterschiedliche Formate des In-Game Advertising ausgespielt werden können. "Die Stärke des Formates besteht darin, den Nutzer auf intelligente Art und Weise in seinem Umfeld abzuholen", sagt Wendrich. "Durch Markenbindung kann etwa der Realismus eines Spiels gesteigert werden."

Die US-Agentur Rapidfire setzte für die Marke AXE einen Auftritt in einem Computerspiel um
Beispiele dafür gibt es, wenn auch nicht gerade viele. Games gegenüber aufgeschlossenen Marken wie Red Bull oder Axe haben damit bereits experimentiert, aber auch McDonald’s: Im Computerspiel Sims kann der User eine Filiale des Schnellrestaurants errichten. Kürzlich integrierte Elblabs in ein Online-Spiel von Tipp Kick die Marke Klarmobil: Der Name taucht als statische Bandenwerbung und als klickbares Banner im Spiel auf. Mit dieser Verknüpfung von Brand- und Performance-Werbung habe man deutlich verbesserte Klickraten erzielt, sagt Elblabs-Chef Wendrich.
Auch bei der GAN Ströer GmbH glaubt man fest an den Erfolg von In-Game Advertising. "Entscheidend ist, dass Werbung in Spielen die Menschen in der emotionalen Primetime erreicht", sagt Managing Director Daniel Sigmund. "Das Spiel verbindet dabei nicht nur die Menschen untereinander, sondern auch Marken mit ihren jeweiligen Zielgruppen." Produkte werden so zum Bestandteil des Spiels.

Im Computerspiel Sims können sich die User spielerisch mit McDonald's befassen
Jetzt müssen davon nur noch die Mediaplaner überzeugt werden. "Weil Media-Agenturen ihre Budgets bei Sonderformaten wie In-Game Advertising oft kurzfristig planen, kollidiert dies mit der Roadmap eines Spieleentwicklers", sagt Wendrich. Denn der bräuchte den Input viel früher, um alles umsetzen zu können.
Es gilt, noch einige Vorurteile und Hürden zu überwinden, bevor In-Game Advertising wirklich zur Erfolgsstory wird.