Hallo Online-Werbemarkt, wie geht's, wie steht's?

Matthias Pantke, Geschäftsführer Adscale
Die Wachstumsrate im Bereich Online-Displaywerbung von 1,4 Prozent für das vierte Quartal 2008, die der Branchenverband Bitkom jüngst gemeldet hat, können wir von AdScale nicht nachvollziehen, da Buchungen bei uns im vierten Quartal hervorragend gelaufen sind. Ich selbst gehe von einem Wachstum year-on-year zwischen 10 bis 15 Prozent netto aus. Das Problem ist die Vergleichbarkeit der verschiedenen Quellen (Bitkom, OVK, Nielsen etc.) – letztendlich sind die Netto-Umsätze relevant, viele weisen die Umsätze jedoch brutto aus.
Die Display-Preise geraten nicht erst seit 2008 unter Druck, der Trend war allgemein in den letzten Jahren zu beobachten. Dies ist jedoch von Format zu Format erheblich unterschiedlich – starke Rückgänge beim 468er konnten zum Beispiel durch neue, großflächige Formate ausgeglichen werden (Super, Med Rec etc.)
Wichtigster Grund für den Rückgang ist das nach wie vor ungebrochene Wachstum beim Internet-Traffic insgesamt. Dadurch entsteht mehr Inventar, die Auslastungsquoten gehen vor allem bei PI-starken Angeboten zurück, wodurch wiederum die Preise unter Druck geraten. Aber durch die neuen Formate sowie verbesserte Targeting-Technologien und Capping konnte das weitgehend ausgeglichen werden, das wird auch im nächsten Jahr so sein.
Der Trend geht zu großflächigen Branding-Werbemitteln in Qualitätsumfeldern, hier werden die Preise weitestgehend stabil bleiben. In weniger qualitativ hochwertigen Umfeldern, insbesondere solche mit hohem PI-Inventar, werden die Preise weiter fallen und ausschließlich nach Performance-Kriterien gebucht werden (niedriger TKP). CPC jedoch nur in Textwerbemitteln und/ oder Text plus Grafik (zum Beispiel Ligatus).
Aufgrund der hohen Brutto/Netto-Schere (analog TV mindestens 50%) sowie der volatilen und dynamischen Preisbindung sind Marktplätze die ideale Plattform, um faire und reale Marktpreise zu ermitteln. Dies geschieht bei AdScale durch einen dynamischen Preisfindungsprozess direkt zwischen Advertiser und Publisher.
Wege aus der "Krise" sind aus unserer Sicht: Targeting, qualitativ hochwertige Umfelder, neue Formate sowie neue Werbeformen (Video!!). Sämtliche Themen wird AdScale in 2009 integrieren.

Eddie Meisel, Co-Geschäftsführer Adjug
Die Stimmung ist sehr verhalten. Die ganze Situation erinnert mich ein bisschen an das Kaninchen, das vor der Schlange steht und nicht weiß, wie arg sie denn nun zubeißen wird. Schauen wir uns die Situation in den USA oder in UK an, dann können wir nur ahnen, was da noch auf uns zukommt. Wir sind hier in Deutschland erst ganz am Anfang der Rezession und die wirklichen Auswirkungen werden wir erst noch zu spüren bekommen. Wir sind gerade erst im Begriff ins "Jammertal“ abzusteigen und dieses zu durchschreiten. Keiner hat eine Ahnung, wie tief das Tal ist und wie lange dies dauern wird. Dazu bräuchten wir schon die berühmt-berüchtigte Kristallkugel. Und das neue Jahr ist gerade mal zwei Wochen alt, und da hört man schon von der ersten größeren Stornierung aus der Telekommunikationsbranche.
Der schweizerische Schriftsteller Max Frisch hat einmal gesagt: "Die Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen“. Dem kann ich mich nur anschließen. Die Krise birgt auch viele Chancen und trennt die Spreu vom Weizen. Sicherlich werden die Preise für Display Werbung stark unter Druck stehen. Aber viel entscheidender wird der Shift von Offline Budgets zu Online Budgets und von Brand Budgets zu Performance Budgets sein. Die Marketer müssen in den nächsten Monaten (und Jahren?) mit weniger Geld ambitionierte Marketing- und Vertriebsziele erreichen und da zählt einzig und allein die Performance der Werbung. Kein Medium ist in seiner Wirkung so messbar wie Onlinewerbung. Und wer in der Lage ist, aufgrund seiner Technologie die Wirkung von Displaywerbung zu optimieren und auch noch Post-Impression Conversions zu tracken, der wird sich in der unmittelbaren Zukunft beim Überleben in der Vermarktungsbranche einfach leichter tun. Wir sehen uns daher bei Adjug, als transparenter Marktplatz für Displaywerbung, für die vor uns liegenden Aufgagen sehr gut gerüstet. Wir können das alles!
Die Zeiten des "leichten Geldverdienens“ sind nun erst einmal vorbei. Ich habe eine ähnliche Situation schon durchlebt und vor allem überlebt, als wir in 2000 mit ValueClick hier in Deutschland an den Start gingen. In solch einer Situation heißt es die Ärmel hochkrempeln, die Kosten im Griff haben, die Strukturen verschlanken, Qualität und Performance abliefern und mit hoffentlich gut gefüllter Kriegskasse sich auf den nächsten Aufschwung vorzubereiten. Das ist das, was die Autobauer momentan mit "Produktion auf Sicht“ proklamieren.

Matthias Ehrlich, Vorstand United Internet Media
Zunächst einmal ist die Erhebungspraxis des BITKOM sicher nicht geeignet, die tatsächliche Entwicklung des Online-Werbemarktes korrekt abzubilden. Eine Markterhebung ohne Beteiligung der relevanten Marktteilnehmer kann kein adäquates Bild der Branche zeichnen.
Die Finanzkrise und der daraus erwachsene Abschwung bei Werbung im vierten Quartal haben einen ganz besonderen Effekt kreiert, der sich 2009 umkehren wird: Im vierten Quartal 2008 haben all die Mediengattungen und Vermarkter noch nicht die volle Wucht der Krise abbekommen, die Anfang 2008 Jahresdeals mit Pönalen für Stornos abschließen konnten. So konnte es für einen Werbekunden in Q4 teurer sein, TV-Media zu stornieren, als die geplante Menge abzunehmen, weil der Verlust von Mengenrabatten mögliche Einsparungen überkompensiert hätte. Um überhaupt in der im Oktober einsetzenden Panik noch Marketingausgaben kürzen zu können, wurde in Q4 bei den freien Linien gespart – auch Google musste so massive Kürzungen hinnehmen. Dieser Wirkungsmechanismus war auf ein Quartal zusammengedrängt und hat damit zu einem untypischen Kriseneffekt geführt.
Das wird 2009 anders sein, das zeigen die Vorbuchungen für das erste Quartal. Wachstum in einer solch fundamentalen Krise ist nie "desaströs“ – klingt knackig, geht aber am Thema vorbei. Und gemessen an den Umsatzrückgängen im mehrstelligen Minusbereich die klassische Mediengattungen, wie von allen Auguren erwartet, hinnehmen sollen, ist das Wachstum in Online immer noch relativ ungebrochen.
Der Trend zur Marktausdifferenzierung wird sich auch in 2009 weiter fortsetzen. Diese Entwicklung ist nicht erst durch den konjunkturellen Abschwung entstanden, sondern hat mit dem massiven Werbeflächenwachstum infolge des rasanten Wachstums
der sozialen Netzwerke eingesetzt. Gewinner dieser fortgesetzten Entwicklung werden vor allem die Vermarkter sein, die das gesamte Portfolio von hocheffizienten, auch fein-targetingbasierten klassischen Werbelösungen – mit für sie entsprechend attraktiven TKPs – über niedrigerpreisige Volumenauslieferungen bis hin zu weitgehend automatisierten Performancelösungen anbieten können und werden.
Anbieter, die ohne Mehrwerte nur über reine Massenperformance abwickeln müssen und keine Gründe für TKP-Stabilisierung nachweisen können, werden nicht mengen-, aber umsatzmäßig massiv leiden.
Wir werden im Laufe des Jahres einen erheblichen Marktbereinigungsprozess beobachten. Zahlreiche der in den vergangenen Jahren entstandenen Vermarkter ("AGOF kleiner Nr. 10“) werden den Anforderungen des sich verschärfenden Wettbewerbs nicht gewachsen sein. Entscheidende Größen sind und bleiben dabei Reichweite, Technologie sowie ausgeprägte Kundenorientierung im Sinne effizienter
Lösungen für den Kunden.

Sven Bornemann, Geschäftsführer Adconion:
Die Wachstumsraten im Online Marketing gerieten - wenn auch nicht so stark wie im klassischen Marketing - im Q4 2008 deutlich unter Druck. Stark gelitten haben insbesondere Budgets im Branding Bereich. Wie schon im Q2 und Q3 zu beobachten war, sind im Q4 viele Budgets stärker unter Performance- und Effizienz-Gesichtspunkten eingesetzt worden. Die Bedeutung des Online Performance Marketings wächst zunehmend, dieser Trend wird auch in 2009 weiter anhalten. Um hiervon profitieren zu können, arbeiten viele Publisher an der werblichen Optimierung ihrer Sites. So wird zunehmend auf gut funktionierende Werbeformate wie z.B. Medium Rectangles gesetzt. Andere, weniger gut performende Formate werden demhingegen seltener eingesetzt.
Viele Vermarkter arbeiten derzeit daran, ihr Spektrum um performance-orientierte Angebote zu erweitern, um nicht mehr ausschließlich von TKP Buchungen anhängig zu sein. Zusammen genommen besteht kein Anlass zum Pessimismus. Die Online Marketing Budgets wachsen nach wie vor, während im klassischen Marketing Budgets drastisch reduziert werden. Der Online Kanal kann nun noch deutlicher zeigen, welches Stärken das Internet als Vertriebs- und Marketing-Kanal hat.
Das Performance Marketing wird aus der aktuell schwierigen Marktlage als klarer Gewinner hervorgehen.