Five People to Watch: Publisher

Wen muss man unter den Publishern kennen? Dwight Cribb, Geschäftsführer der Cribb Personalberatung in Hamburg, nennt die Leute, die derzeit die Themen bestimmen:
Die Zeit der Ratlosigkeit und des Planlos-Seins muss ein Ende haben, jetzt sind Entscheidungen gefragt. So lässt sich die aktuelle Herausforderung für Publisher - gemeint sind die klassischen Verleger - auf den Punkt bringen. Es geht darum, wieder handlungsfähig zu werden und als Akteur in die Zukunft zu gehen, ohne auf den Beistand der Politik zu hoffen. Was gebraucht wird, sind unternehmerisch denkende, konflikt- und risikobereite Unternehmerpersönlichkeiten, die mit einer klaren, nachhaltigen Strategie das Internetgeschäft der Publisher vorantreiben. Aus den Fachabteilungen sind Impulse und Entscheidungen, wie sie jetzt notwendig sind, kaum zu erwarten.
Egal, ob ein Verlag in Internet-Unternehmen investiert, die sein Kerngeschäft ergänzen, ein bunt gestreutes Netzwerk von Unternehmen mit guter Exit-Perspektive aufbaut oder sich für eine weitgehende Online-Abstinenz in Verbindung mit einer nachhaltigen Konzentration auf das Printgeschäft entscheidet: Eine Festlegung dieser Art ist jetzt ein Muss für die Verlage. Stellvertretend würdigen wir deshalb in dieser Ausgabe von Five People to Watch Persönlichkeiten, die den Sprung aus der Print- in die Onlinewelt geschafft haben und mit einem klaren Konzept ihre Ziele verfolgen.

Ein Journalist und Unternehmer, der sich im Internet neu erfunden hat, ist Peter Turi, der mit Turi2 den „Branchendienst reloaded" entwickelt hat. Konsequent nach Web 2.0 Manier wird hier zweimal täglich das wichtigste aus der Medienbranche mit kurzen Kommentaren versehen und verlinkt. Das Angebot erreicht täglich über 25.000 Leser und ist als Aggregator und Kondensator von Informationen selbst ein sehr geschätztes und wirtschaftlich erfolgreiches Unternehmen. Turi2 zeigt: Wer einen Mehrwert liefert, kann im Internet sehr wohl Geld verdienen. Verdichtung und Orientierung ist angesichts der Schwemme redaktioneller und usergenerierter Beiträge ein Ansatz, der auch langfristig Bestand hat.

An Qualität und Substanz glaubt auch Dirk Manthey, der seinerzeit als Kopf der Verlagsgruppe Milchstrasse einige der buntesten und erfolgreichsten Zeitschriften Deutschlands aus der Taufe hob. Nach seinem Rückzug aus dem Verlag meldete sich der Medienunternehmer für viele überraschend mit Meedia zurück, einem Dienst, der sich konsequent entlang der neuen Medienwelt ausrichtet und erkennt, dass Medienmacher und -nutzer sich stark verändern. Auch wenn der Erfolg sich bislang schwer einschätzen lässt, liegen die Nutzerzahlen laut Alexa über denen der Onlineangebote von Kress und Horizont.
Turi und Manthey sind mit Ihren B2B-Angeboten Nischenanbieter und setzen auf Spezialisierung. Im General Interest-Bereich hingegen kann eine Lösung in gemeinsamen Allianzen zwischen den großen Häusern bestehen. Mit dem Ziel, mit ausreichend Kapital und Reichweite neue Vermarktungsformen für Inhalte im Netz durchzusetzen, die ohne Zutun der Verleger kaum entstehen werden.

Ob die Zukunft in Micropayments liegt oder in Flatrates für individuell zusammenstellbare Content-Pakete, ist offen. Die Verleger werden aber nur gemeinsam die Chance haben, solche Plattformen und Systeme zu etablieren. Umso erstaunlicher, dass sich manche Verlagsmanager hinter vorgehaltener Hand darauf zurückziehen, das Internet-Geschäft „nun einmal einfach nicht zu beherrschen". Das war schon einmal anders: Vor der Dotcom-Blase waren es die Verlagskonzerne, die das Internetgeschäft in Deutschland mit starken Marken und hoher Marktdurchdringung dominierten.
An diese Zeit kann sich auch Michael Maier zurückerinnern, der eine Bilderbuchkarriere als Printjournalist bis hin zum Chefredakteur des Stern gemacht hat, bevor er im Jahr 2000 die Netzeitung gründete. Trotz aller Turbulenzen der New Economy überlebte der Titel bislang sechs Eigentümer und hat bewiesen, dass eine Tageszeitung auch ohne Printtitel auskommen kann. Die vielen Wechsel waren dem langfristigen Erfolg sicherlich nicht zuträglich, aber ein Achtungserfolg ist es in jedem Fall. Im Jahr 2006 zog sich Maier zurück, um mit Readers Edition eine konsequente Weiterentwicklung des Newsmedium in Richtung Citizen Journalism voranzutreiben.

Für einen ganz anderen Weg hat sich Hansjörg Zimmermann entschieden, der ebenfalls kein Internetgewächs, sondern Werber und Andersmacher ist. Der Gründer der Argonauten und Inhaber der Agentur Das Goldene Vlies hat das experimentelle Projekt Zeitjung finanziert und versucht damit relevante News von jungen Leuten für junge Leute zu liefern. Ob das den Bedürfnissen der Leserschaft entspricht, wird sich allerdings noch zeigen müssen - die ersten Anzeichen sind aber vielversprechend.

Ebenfalls ein Spezialist für die junge Zielgruppe ist Frank Haring, Verleger des Jugendmagazins SPIESSER. Vor 15 Jahren von ihm in Dresden als Schülerzeitung gegründet, erscheint die Zeitschrift heute mit einer Auflage von einer Million Exemplaren in ganz Deutschland. Lange war unklar, wie sich dieser Erfolg ins Internet übertragen lässt - zumal die VZs den Jugendmarkt extrem gut besetzt haben. Seit Kurzem präsentiert sich SPIESSER.de mit neuem, klar abgegrenztem Profil als Schreibcommunity für Jugendliche, die Spaß am Lesen und Verfassen guter Texte haben und sich für journalistisches Arbeiten interessieren. Damit hat Haring einen gut positionierten (und vermarktbaren) Counterpart zu Chat und Gruscheln geschaffen.
Der Schlüssel zum Erfolg der Verleger im Internet liegt im Aufbau und der Vermarktung von starken Marken, die rund um eine Kernidee Communities versammeln, die bestimmte Werte teilen. Online wird a la carte aus einzelnen Quellen gelesen, was die Monetarisierung schwierig macht. Für ein Angebot oder gar einen bestimmten Artikel zu zahlen kommt für viele nicht in Frage. Die wichtigsten Publisher sollten daher vielleicht überlegen, sich zu einer Art Online-GEMA oder einem Netzwerk zusammenschließen, zu dem nur Zugang bekommt, wer dafür regelmäßig eine kleine Summe zahlt. Die Verteilung der Einnahmen könnte dann nach einem festgelegten Schlüssel erfolgen, der auf Reichweite und Nutzung des angebotenen Contents basiert.