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Frederike Voss
Sonstiges 10.11.2015
Sonstiges 10.11.2015

Expert Insights Weg von der Komplexität: Wachstumstreiber für Programmatic Advertising

Frederike Voss, Co-Founder und CEO von orbyd

Frederike Voss, Co-Founder und CEO von orbyd

Die Transformation von klassischen zu automatisierten Buchungen geht hierzulande nur schleppend voran. Es mangelt an Technologiekonzepten, und bei deutschen Medienfirmen an Kompetenzen, Know-how und Ressourcen.

Keine Frage - Programmatic Advertising ist längst im deutschen Markt angekommen. Nach aktuellen Brancheneinschätzungen schließen wir das Jahr 2015 in der DACH Region mit einem automatisiert gehandelten Anteil digitaler Medien zwischen 15 und 21 Prozent der Gesamtausgaben ab.

Europäische Nachbarländer wie Frankreich, Niederlande und Großbritannien, die sich etwas risikofreudiger und schneller in der Implementierung neuer Marktkonzepten zeigen, werden laut IAB in 2015 bereits einen Anteil von 30 und 48 Prozent im Display-Werbemarkt durch Programmatic Advertising umsetzen.

Dieselbe Entwicklung ist in den kommenden drei bis fünf Jahren auch in Deutschland zu erwarten, da Unternehmen sich durch den Einsatz von Technologien nicht nur eine langfristige Effizienz- und Umsatzsteigerung, sondern auch eine Verbesserung der Kundenbeziehungen versprechen. Soweit die Theorie.

Schleppende Umsetzung

Dennoch geht die Transformation von klassischen zu automatisierten Buchungskonzepten im deutschen Markt in der Praxis nur schleppend voran. Es ist hierzulande noch keine technologiebasierte Digitalstrategie ausgearbeitet worden. Lediglich zehn Prozent der digital relevanten Unternehmen wissen laut der KPMG Studie 2015 bereits, wie sie Technologiekonzepte ganzheitlich und erfolgreich einsetzen sollten. Dies führt mittel- bis langfristig zu einem Kompetenz-, Know-how- und Ressorcen-Mangel bei deutschen Medienunternehmen, dessen Konsequenzen unseren Markt mehrere Jahre hinter die Entwicklung anderer europäischer Länder stellen werden. Was genau sind für diese Entwicklung ausschlaggebende Faktoren?

Betrachten wir den Programmatic-Advertising-Markt:

Agenturen und Einkäufer sind bereits sehr aktiv auf dem Vormarsch in Richtung programmatischen Einkauf. Oft sind es die US-amerikanischen Muttergesellschaften, die die Richtung maßgeblich vorgeben. Werbebudgets werden kontinuierlich in den automatisierten Einkaufskanal umgeshiftet und ein signifikanter Anteil der Display-, Mobile- und Video-Spendings fließt bereits in das Programmatic-Advertising-Geschäft.

Auf der technischen Ebene werden die automatisierten Buchungen über unterschiedliche DSPs allokiert. Die Verkaufsseite von Media dagegen zeigt sich noch zurückhaltend. Viele Fragen und Bedenken scheinen auch noch heute - annähernd fünf Jahre nach Einführung von ersten Programmatic Advertising Konzepten in den deutschen Markt - ungeklärt zu sein.

Zu viele ungeklärte Fragen

Wird mein Inventar über den programmatischen Verkaufskanal nur noch verramscht? Was geschieht mit meinen präferierten Einkäufern? Verliere ich den direkten Kontakt zu meinen Partnern? Welche Vorteile hat ein Open Marketplace, welche ein Private Marketplace? Wo bekomme ich Daten über meine Nutzer her und wie wird der Datenschutz gehandhabt? Mit welcher Technologie soll ich überhaupt arbeiten?

Das Resultat aus diesen ungeklärten Fragen: Inventar und insbesondere Premium-Inventar wird dem programmatischen Handel in Qualität und Quantität nur unzureichend zur Verfügung gestellt. Der steigende Druck durch die Einkäufer, die ihre Kampagnen programmatisch bestmöglich platzieren wollen, fordert die Verkaufsseite auf zu handeln und Technologien zu implementieren, die es Publishern und Vermarktern erlauben, ihre Inventare in automatisierten Marktplätzen bereitzustellen. Doch welche SSP-Technologie ist für die Verkaufsseite zur Abbildung unterschiedlicher Handelskonzepte geeignet? Diese Frage kann nicht pauschal beantwortet werden.

Viele Hürden erschweren den Einstieg

Eine SSP-Technologie soll Vermarktern und Publishern die Monetarisierung ihres Inventars erleichtern und für mehr Effizienz sorgen. Die Herausforderungen, vor der die Marktteilnehmer der Verkaufsseite in der Transformation jedoch stehen, fangen schon mit der Auswahl eines geeigneten Anbieters an.

Viele Optionen und Möglichkeiten werden geboten, um Inventare über unterschiedliche technologische Marktmodelle programmatisch zugänglich zu machen. Jede SSP hat Vor- und Nachteile in Bezug auf Funktionen, Bedienbarkeit, Servicelevel oder Kompatibilität mit technischen Einkaufslösungen, also DSPs. Zwar können in der Theorie alle Systeme unproblematisch miteinander kommunizieren, und so den automatisierten Mediahandel ermöglichen, doch die Praxis gestaltet sich oft anders als ursprünglich angenommen.

Flexibel reagieren auf die präferierte Einkaufslösung

Ausschlaggebende Vorteile von Programmatic Advertising wie Transparenz, Planbarkeit, Effizienz und Kostenersparnis können bei der technisch-operativen Anbindung von SSP und DSP und somit bei der Umsetzung des automatisierten Digitalgeschäfts verloren gehen. Auf Grund unterschiedlicher Technologiesysteme, die jeweils miteinander interagieren, kann es zu Reibungsverlusten wie Intransparenz, Zähldifferenzen, Reporting-Unterschieden und Abrechnungskomplexitäten kommen.

Daher müssen insbesondere Inventargeber des Marktes in der Lage sein, flexibel auf die präferierte Einkaufslösung ihrer Partner zu reagieren und die Inventare auf der für das Handelsszenario optimalen Technologie zu platzieren. Deshalb setzen Publisher und Vermarkter häufig mehrere SSP-Technologien gleichzeitig ein.

Zeit- und ressourcenintensiv

Letztendlich erhält derjenige Medienpartner einen relevanten Anteil der programmatischen Werbeausgaben, der in der Lage ist, die Inventare analog zur Nachfrage auf der präferierten technischen Plattform bereit zu stellen. Diese Herangehensweise ist nicht nur sehr zeit- und ressourcenintensiv, sondern verkompliziert den gesamten Prozess. Effizienz und Kostenersparnis, die der programmatische Mediahandel eigentlich mit sich bringen sollte, werden durch diesen Mehraufwand oft aufgehoben.
 
Publisher und Vermarkter haben viele Herausforderungen gleichzeitig zu überwinden: Zum einen gilt es mehrere SSP Technologien zu bedienen und vor allem stetig zu optimieren. In jeder einzelnen SSP müssen die Rahmenparameter für den automatisierten Handel digitaler Media definiert und individuelle eingestellt werden. Die Möglichkeiten variieren von Kampagnenkriterien wie Targeting und Frequency Caps bis zu Black- und Whitelisting. Dazu kommt, dass SSP-Technologien in Bezug auf Aufbau und Umsetzung einzelner Funktionalitäten unterschiedlich strukturiert sind. Das fängt bei Begrifflichkeiten oder der Sprache an und endet in Formatmöglichkeiten, der Kostenstruktur und dem Service-Level.

Die Technologien werden darüber hinaus fortlaufend weiterentwickelt und neue Features werden integriert. Um die eigene Technologiestrategie im Programmatic Advertising zu optimieren, müssen alle Kanäle zusammengebracht und ausgewertet werden. Hinzu kommt, dass unterschiedliche Benutzeroberflächen genutzt werden müssen und somit wichtige Informationen über den Nutzer und mögliche Rückschlüsse auf sein Verhalten für die Optimierung nicht genutzt werden können. Zur Nutzung von SSPs kommen zudem noch häufig der Einsatz von proprietären Adservern und Data Management Plattformen hinzu. So kann der Aufwand für den Einsatz von Technologien schnell den zusätzlich generierten Umsatz übersteigen.

Transparenz ist das A und O

Das Thema Transparenz spielt im Programmatic Advertising Geschäft eine zentrale Rolle und zählt zu den meistgenannten Argumenten für die Nutzung des automatisierten Media-Handels. Die Komplexität des Marktes durch die Vielzahl an Teilnehmern führt aber immer wieder dazu, dass diese stark eingeschränkt wird.

Damit ein Einkäufer das Inventar eines Unternehmens auch als jenes identifizieren kann, müssen DSP und SSP im Austausch agnostisch miteinander kommunizieren können. Diese Voraussetzung ist in der Praxis häufig nicht gegeben. Es besteht die Gefahr, dass Einkäufer kein Interesse an Inventar zeigen, bei dem sie im klassischen Media-Handel zugeschlagen hätten, da ihre DSP und die SSP des Verkäufers wichtige Informationen wie beispielsweise das Umfeld nicht übermitteln können.

Einkäufer präferieren daher mehrere DSPs um diese Tatsache zu umgehen. Im Umkehrschluss sind die Vermarkter und Publisher wiederum gezwungen ihr Inventar auf mehreren SSPs zu allokieren. Womit wieder die Problematik der unterschiedlichen Plattformen und deren Bedienung greift.      

Fehlendes Know-How kostet Zeit und Ressourcen

Zur komplexen Bedienung der technologischen Plattformen kommt außerdem das fehlende Know-how in den Unternehmen hinzu. Einer der großen Irrtümer ist, dass eine Maschine am Ende über alle entscheidenden Faktoren des Mediahandels bestimmt und diese nur noch der Kontrolle von Algorithmen und Bietmechanismen unterliegen.

Genau das Gegenteil ist jedoch der Fall, denn am Ende sind es die SSP- und DSP-Technologien, die von Menschen bedient werden müssen. Auch der Dialog zur Partnerseite geht im programmatischen Mediahandel nicht verloren, sondern wird durch Geschäftstypen wie Private Marketplaces oder der Aufsetzung von Deals gefördert. Dieses Technologieverständnis muss erst einmal bei Entscheidungsträgern vermittelt und aufgebaut werden um das neue Geschäftsfeld zu erschließen. Im Anschluss gilt es das richtige Team aufzubauen und mit Know How und Technologiekompetenzen auszurüsten.

Das richtige Team aufbauen

Der Programmatic Advertising Markt befindet sich in Deutschland noch in einer frühen Evolutionsphase, und Experten auf dem Gebiet sind stark nachgefragt. Ebenso sind die Angebote an Weiterbildungsmaßnahmen wie Schulungen und Workshops überschaubar. Das richtige Team im eigenen Unternehmen aufzubauen, wird daher durch zwei Komponenten stark erschwert: Zum einen sind Mitarbeiter mit der entsprechenden Expertise für führende Positionen nur sehr schwer zu finden. Zum anderen fehlt es an Schulungsmaßnahmen für bereits bestehende Teams. Die Einarbeitungsphase in das Thema für den Wissensaufbau nimmt Zeit und Ressourcen in Anspruch. Bis die geeigneten technologischen Plattformen gefunden sind, die der programmatische Verkauf des Inventars in die Strategie integriert und die Bedienung der Systeme erlernt wurde, verbüßen die Unternehmen wiederum wichtige Ressourcen. Die inhouse Technologiekompetenz ist allerdings wichtig und zählt zu den Erfolgsfaktoren einer übergreifenden und langfristigen Digitalstrategie.
 
Des Weiteren wird der Einstieg stark dadurch erschwert, dass viele Technologieanbieter nur den direkten und harten Einstieg in den Markt per Self Service anbieten. Der Einsatz von SSP-Technologien muss sich also bereits in der Startphase von eigenen und gut geschulten Teams abbilden lassen. Diese Herangehensweise ist beim aktuellen Fachkräftemängel häufig nicht umsetzbar, was dazu führt, dass sich Vermarkter und Publisher dem Thema Programmatic Advertising gegenüber ganz versperren oder den Überblick verlieren, was dazu führt, dass die Umsetzung nicht ausreichend erfolgt.
 
Zwar ist das Interesse am Thema Programmatic Advertising immens, doch die Herausforderungen und immer noch offenen Fragezeichen in der operativen Umsetzung bremsen viele Media-Verkäufer noch stark in der Implementierung einer ganzheitlichen digitalen Unternehmensstrategie.

Reduzierung der Komplexität

Die große Herausforderung ist es, die Komplexität aus dem Thema zu nehmen, damit Markteilnehmer neben ihren Ängsten bei den ersten Schritten im Programmatic Advertising Neuland sich nicht noch weiteren Hürden gegenüber sehen, um operativ starten zu können.
 
Die Lösung dieser Problematik ist die Schaffung einer zentralen Meta-Ebene, die über den einzelnen Systemen agiert. Die angeschlossenen Systeme müssen fähig sein, die Funktionalitäten und Prozesse aus den untergeordneten Technologien auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen und in einer einheitlichen Benutzeroberfläche abzubilden. Dies scheitert oftmals schon an der Zusammenführung, denn nicht alle Technologien weisen die technischen Voraussetzungen auf, um an eine übergreifende Ebene angeschlossen zu werden. Offene API Schnittstellen sind hierbei eine der Grundvoraussetzungen, um Informationen von der Basis Technologie in übergeordneten Meta-Systemen verwendbar machen zu können.

Kontrolle zurück zu den Medien-Unternehmen

Derartige Meta-Konzepte vereinfachen nicht nur den Aufwand, sondern sie bringen auch die eigentlichen Vorteile des programmatischen Handels zurück in die Hände der Marktteilnehmer. Dazu zählen neben Zugang zu automatisiert gehandelten Mediabudgets auch die Möglichkeit einer übergreifenden Steuerung und Optimierung. Ebenso finden Vertragsvereinbarungen mit einzelnen Technologieanbietern gebündelt statt und im Falle der orbyd Meta SSP auch nach deutschem Recht und Währung in Euro anstatt US-Dollar.
 
Einen Einstieg in den automatisierten Mediahandel in Etappen wird durch die Option eines kompletten Managed Services geboten, der nach erfolgreicher Einstellung von Teams und entsprechenden Wissensaufbau nahtlos in einen Self Service übergehen kann. Somit wird die Kontrolle zurück in die Medien-Unternehmen gebracht und das zuständige Team muss nicht ad hoc die komplette Steuerung übernehmen.
 
Um die Entwicklung des programmatischen Handels in der DACH Region weiter vorantreiben zu können, müssen vereinfachende Konzepte gefunden werden, um dem Thema, dem Einstieg und der langfristigen erfolgreichen Umsetzung gerecht werden zu können.

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