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Ingo Notthoff
Sonstiges 08.08.2018
Sonstiges 08.08.2018

Expert Insights Weg von den App-Silos: Leben nach der APPokalypse

Ingo Notthoff, Leiter Marketing bei T-Systems Multimedia Solutions

Ingo Notthoff, Leiter Marketing bei T-Systems Multimedia Solutions

Bald vier Millionen Apps im Play Store, weit über zwei Millionen bei Apple. Warum? Messenger wie WeChat zeigen, wie die Zukunft aussieht. Keine kleinteilig verteilten Apps mehr auf dem Smartphone, alles aus einer Hand. Was bedeutet die Entwicklung für Unternehmen, Entwickler und Marketing-Experten?

Der Sommer ist da und der nächste Urlaub steht vor der Tür. Die ganze Familie ist schon voller Vorfreude. Aber so ein bisschen geplant werden will der Spaß auch noch. Schließlich hat jeder seine Vorlieben und alle wollen auf ihre Kosten kommen. Ich zücke mein Smartphone und überlege. Als erstes mal die reine Reiseplanung: Flug, Hotel und Mietwagen. Ah ja, das mache ich am besten über meine Scyscanner App. Gut, erledigt. Hab ich dort immer Internet-Empfang für die Routenplanung per Google Maps? Wer weiß, lieber auf Nummer sicher gehen und ein paar Karten über die ADAC-App schon mal downloaden. Wie ist es denn mit Restaurants? Richtig, Trip Advisor. Auf zum nächsten Icon und der nächsten App. Wir wollten doch auch wandern. Was sagt denn die Outdooractive App zu Routen in der Nähe unserer Unterkunft? So wühle ich mich immer weiter durch die bunten Buttons auf meinem Display. Fast jede Aufgabe hat ihre eigene App. Am Ende rufe ich Spotify auf: Nicht um mich etwa mit Musik von dem App-Wust zu entspannen, sondern, um für die Anreise je nach Gusto eine Playlist zusammenzustellen - jeweils eine für meine Kinder, für meine Frau und für mich.

Ja, ich weiß, viele Apps erleichtern uns das Leben. Aber mit den Jahren hat sich aus einigen wenigen Apps ein gigantischer, unüberschaubarer Kosmos entwickelt. Wie vor einem Süßigkeitenregal im Supermarkt stehen wir und überlegen, welche denn nun die beste für uns ist. Die Süßigkeitenfrage lässt sich glücklicherweise meist schnell klären, auch ohne Kinder.

Bei Apps sieht es mitunter anders aus. Obwohl sie mit wenigen Klicks deinstalliert sind, häufen sich die App-Leichen schnell auf dem eigenen Smartphone an, vergessen zwischen den anderen bunten Icons. Vielleicht unterscheiden sich zwei Apps auch ganz marginal voneinander und ich finde die Filter der einen Foto-App etwas ansprechender, dafür die Auswahl an zusätzlichen Emoticons bei der anderen. Vielleicht kann ich mich auch nicht zwischen zwei verschiedenen Buchungstools für meinen nächsten Urlaub entscheiden. Also behalte ich lieber beide. Zwei weitere Icons auf meinem Display für ein und dieselbe Aufgabe.

Nutzererlebnisse anreichern statt neue App-Silos schaffen

Aber schauen wir uns mal Messenger an, die möglichst viele verschiedene Funktionen an einem Ort vereinen. Ein Icon, viele Möglichkeiten.

Während WhatsApp, der Favorit hierzulande, größtenteils nur zum Austausch von Nachrichten, Bildern und Videos zum Einsatz kommt, ist beispielsweise die App WeChat schon mehrere Schritte voraus. Einem Freund Geld überweisen? Bargeldloses Zahlen in Restaurants? Shopping? Gaming? Den nächsten Verkehrsstau finden und das Wetter von morgen kennen? Kein Problem mit dem Messenger! Sind solche Apps denn dann überhaupt noch als Messenger zu bezeichnen oder vielmehr eine grenzüberschreitende Kommunikations-, Transaktions- und Interaktionsplattform? Ich persönlich benötige heute zumindest noch weit mehr Anwendungen auf meinem Smartphone, um all diese Aufgaben erfüllen zu können.

Doch welche Bedeutung hat die Bündelung der Funktionen für die App-Vielfalt? Vielleicht ist es einfach an der Zeit, die Millionen von App-Silos aufzulösen und sie nutzerfreundlich als Add-Ons für bestehende oder noch zu programmierende Kommunikationsdienste aufzubereiten.

Unternehmen müssen lernen miteinander zu kooperieren

Welcher aktuelle Messenger die Grundlage hierfür bilden wird und ob er überhaupt schon existiert, werden wir sehen. Im Grunde ist das aber auch egal. Vielleicht muss die Grundlage nicht einmal ein Messenger sein. Die Tendenz zu multifunktioneller Software ist nicht zu leugnen und für den Nutzer einfach überschaubarer - sofern verschiedene Anbieter gut kooperieren und das gemeinsame Endergebnis den Nutzer aufgrund der Fülle an Informationen nicht noch zusätzlich verwirrt.

Das Ziel für den Nutzer wird zukünftig immer mehr sein: Möglichst einfach und komfortabel alle Funktionen an einem Ort zu haben. Durch die nächsten 3.000 Apps im Store wird dieses Ziel sicher nicht erreicht. Also, wie soll es weitergehen?

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