
Kunden und Agenturen dürfen nicht nur auf den Preis achten, sondern müssen auch die Qualität der automatisierten Kampagnen im Blick haben. Das Programmatic Advertising darf nicht zum Wühltisch werden.
Momentan steht die Branche vor einer gefährlichen Entwicklung. Kunden, Agenturen und Vermarkter müssen sich entscheiden, ob sie das Programmatic Advertising entwerten wollen. Und das eigentlich ohne jede Not, denn das Segment hat in den letzten drei Jahren einen enormen Umsatzsprung gemacht. Weiteres Wachstum versprechen der vermehrte Einsatz von Daten, der Ausbau des automatisierten Handels auf mobilen Endgeräten und die sogenannten Private Deals. Speziell im letztgenannten Bereich müssen alle Akteure darauf achten, mit ihrer Werbung nicht auf dem Wühltisch zu landen.
Private Deals an sich sind eine hervorragende Sache. Der Vermarkter vereinbart mit der Agentur die Abwicklung einer Kampagne mithilfe der Programmatic-Advertising-Logiken und Infrastruktur. Es werden Zielgruppe, Umfelder und Budget festgelegt und dann der Knopf gedrückt. Den Rest macht die Technologie.
Der Vorteil: Vermarkter und Agenturen haben weniger Aufwand mit dem Handling. Der Computer findet die Zielperson und spielt die Anzeige aus. Fertig. Allerdings geht dabei unter Umständen eine wichtige Sache verloren: Der prüfende Blick des Planers, der so wichtig ist.
Programmatische Berührungsängste
Lange gab es in Deutschland programmatische Berührungsängste. Programmatic Advertising hatte Startschwierigkeiten, weil die Vermarkter nur C- und D-Inventar auf die Plattformen einstellten. Die Folge: Das Inventar ließ sich schwer verkaufen. Erst als die Vermarkter hochwertige Umfelder einstellten, begann die Erfolgsgeschichte. Das Image der Resterampe war widerlegt, damit wurden programmatische Modelle für die gesamte Branche interessant.
Mit schädlichen Private Deals könnte allerdings der Wühltisch-Gedanke wieder aufkommen. Achten Werbungtreibende nämlich weniger auf die Qualität der Umfelder und Erfüllung von Leistungswerten, sondern auf bequeme und schnelle Abwicklung und vor allem den Preis, finden Kunden ihre Anzeigen auf Seiten, wo sie normalerweise nicht werben würden.
Solche Auslieferungen verbergen sich oft hinter Rotationen oder anderen schönen Labels. Doch die Billig-Private-Deals gehen in fast allen Fällen auf Kosten der Performance und der Qualität. Wer zu billige Schnitzel haben will, bekommt am Ende Gammelfleisch. Ein entsprechendes Szenario in der Werbebranche hatte Thomas Koch 2013 bereits als "Gammel-Media" bezeichnet. Auch programmatische Gammel-Werbung, die nun droht, kann nicht im Sinne des Kunden sein.
Nicht verführen lassen
Es gilt, programmatische Angebote genau zu prüfen und sich nicht von Billigangeboten verführen zu lassen. Denn das kann auf Dauer nicht gut gehen. Wenn es nur um das Prädikat billig geht, kann der Computer sehr gut alleine den niedrigsten Preis ermitteln. Das optimale Angebot und das beste Preis-Leistungs-Verhältnis herauszufinden - gerade auch mit langfristiger Perspektive - das ist die Domäne des Menschen.
Es geht um nichts weniger als den kritischen Blick der Mediaexperten im automatisierten Handel und die Vermeidung des Gammelfleischskandals im Programmatic Advertising.