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Sonstiges 19.04.2016
Sonstiges 19.04.2016

Expert Insights The Mobile Sports of America

Vom Komfort US-amerikanischer Spielstätten ist man hierzulande noch weit entfernt. Wohin die Ehe aus Apps, Vermarktung und Nutzerfreundlichkeit führen kann, zeigen unter anderem die Minnesota Vikings.

Als erste Stadien in Deutschland bieten die Münchner Allianz Arena und der Dortmunder Signal Iduna Park ihren Besuchern jetzt flächendeckendes und kostenloses WLAN. Gleichzeitig wird während den Heimspielen die eigene App massiv beworben.

Dass sich die Situation auf der anderern Seite des großen Teichs von der hiesigen gravierend unterscheidet, habe ich bereits thematisiert. Insbesondere das (europäische) Stadionerlebnis der Zukunft ist in den USA bereits heute erlebbar. 

Im Juli wird in Minneapolis das U.S. Bank Stadium eröffnet. Die über eine Milliarde teure Super-Arena wird die neue Heimstätte des NFL-Teams Minnesota Vikings und bietet knapp 70.000 Football-Fans Platz. Im Vorfeld der Eröffnung wurde bereits die App der Vikings aktualisiert und gibt einen Einblick, wie sich die Verantwortlichen das neue Stadionerlebnis vorstellen.

Während des Aufenthalts können Besucher über die App Getränke und Speisen bestellen, Tickets ordern, Bonuspunkte sammeln, lokalisierte Push-Nachrichten empfangen und vieles mehr.

Der neue Komfort beginnt aber schon vor der Ankunft im Stadion. Eintrittskarten werden direkt über die App bestellt und bezahlt. Kauft der Besucher mehrere Tickets, kann er diese anschließend direkt an die Apps seiner Begleiter übertragen. Auch anfallende Parkgebühren werden per App beglichen. 

Stellen die Zuschauer dann im Stadion fest, dass die gebuchten Plätze nicht den eigenen Erwartungen entsprechen, können sie bei Verfügbarkeit mit ihrem Smartphone ein Sitz-Upgrade vornehmen. Den Weg zu den Sitzen weist die integrierte In-Venue-Map. Darauf können die Besucher jederzeit ihren aktuellen Standort im Stadion ansehen und sich den Weg zur Toilette mit den kürzesten Wartezeiten anzeigen lassen. Auch Verkaufsstände lassen sich auf diese Weise finden. 

Doch es geht noch komfortabler: Die Vikings-App bietet die Möglichkeit, Speisen, Getränke und Merchandising-Artikel direkt vom Platz aus zu ordern und zu bezahlen. Die Artikel können anschließend einfach abgeholt oder gleich an jedem beliebigen Sitzplatz in Empfang genommen werden. Der aktuelle Status der Bestellung ist jederzeit in der App abrufbar. Persönliche Präferenzen können darüber hinaus gespeichert werden, um beim nächsten Mal noch schneller bestellen zu können. Mit dem integrierten Loyalty-Programm werden zudem Bonuspunkte gesammelt, die sich bei späteren Käufen einlösen lassen.

Push-Nachrichten sind für jeden Anbieter ein probates Mittel, um App-Nutzer über Angebote zu informieren und zum Kauf zu animieren. Auch in diesem Feld kommt in Minnesota modernste Technologie zum Einsatz. So können die Stadionbesucher standortabhängige Push-Nachrichten (Proximity-Based Notifications) empfangen, wenn sie sich einem bestimmten Bereich nähern (zum Beispiel dem Fan-Shop). Dafür müssen sie allerdings Bluetooth auf ihrem Smartphone aktivieren. Damit der eigentliche Grund des Stadionbesuchs durch die neuen Möglichkeiten nicht zur Nebensache wird und um die Zuschauer noch näher ans Spielfeld zu holen, wurde die Vikings-App auch an anderer Stelle aufgebohrt. Entscheidende Spielszenen lassen sich schon knapp fünf Sekunden nachdem sie passiert sind als Replay-Video betrachten. Dafür stehen alle verfügbaren Kamera-Blickwinkel zur Verfügung (Multi-Cam Replay).

Potenzial für Stadien und Vereine

Das U.S Bank Stadium in Minneapolis ist das jüngste Mitglied einer bereits illustren Runde von Football-Stadien und Basketball-Arenen (zum Beispiel die Quicken Loans Arena der Cleveland Cavaliers), die ihren Besuchern gleiche oder ähnliche Angebote machen. Das im kalifornischen Santa Clara befindliche Levi’s Stadium (San Francisco 49ers) verwendet schon seit längerer Zeit die gleiche Technologie wie sein neues Pendant in Minneapolis. Kürzlich wurden von dort einige Zahlen veröffentlicht, die Stadionbetreiber und Vereine auch hierzulande zum Aufhorchen bringen dürften.

Die Zahl der verfügbaren Datensätze unterschiedlicher Stadion-Besucher (Unique Visitors) konnte innerhalb einer Saison von 17.000 auf über 203.000 gesteigert werden. Diese Daten bilden die Basis für personalisierte Upselling-Angebote. Doch nicht nur dafür: Durch eine optimierte Bestandsverwaltung für Lebensmittel und Fan-Artikel konnten die Kosten gleichzeitig um fünf Prozent gesenkt werden.

Die Einnahmen aus Speisen, Getränken, Fan-Artikeln und Parkplatzgebühren legten gegenüber der Vorsaison um 1,25 Millionen US-Dollar zu. Weitere Umsätze wurden beispielsweise aus der verbesserten Identifikation gefälschter Parkausweise (circa 125.000 US-Dollar) und durch App Sponsoring (circa 750.000 US-Dollar) generiert.

Es zeigt sich also, dass Investitionen in die mobile Technologie innerhalb der Stadien nicht nur die Besuchererfahrung verbessern, sondern den Vereinen auch hilft, neue Umsatzpotenziale zu erschließen. Das sollte Grund genug sein, hierzulande schnellstens nachzuziehen. Kostenfreies WLAN in allen Bundesliga-Stadien wäre dabei ein erster Schritt.

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