
Espen Lund, Vice President Northern and Central Europe von Kenshoo
Espen Lund, Vice President Northern and Central Europe von Kenshoo
Der Kunde kommt an zahlreichen Punkten mit einer Marke in Kontakt - wo können Werbungtreibende ihn am besten abholen? Vier Kernelemente, die Unternehmen gut im Blick behalten sollten.
Heute denken Endverbraucher nicht mehr wirklich darüber nach, in welchen verschiedenen Kanälen sie mit Marken und Produkten interagieren, sie tun es einfach. Dabei bewegen sie sich mühelos und selbstverständlich zwischen den einzelnen Kanälen und Plattformen und wechseln je nach Situation ihre Geräte zum Surfen, dass die Grenzen ihres Engagements immer mehr verschwimmen - und so auch Unternehmen zwingen, ihre Strategie der Interaktion mit ihren Zielgruppen neu zu definieren. Aus Sicht des Users aber ist es ganz einfach: für ihn ist der einfachste Weg der erfolgreichste: das beste Produkt, zum besten Preis finden - jederzeit und überall.
Dass dieses Konsumverhalten längst nicht mehr einfach nur ein Trend ist, bestätigt mittlerweile auch eine Vielzahl von Studien. So zeigt etwa eine Befragung von PwC, dass die Mehrheit aller Endverbraucher mindestens einmal pro Monat über einen Desktop-PC online shoppt; 24 Prozent gehen mindestens einmal pro Monat mobil auf die digitale Einkaufstour. Hier zeichnen sich bereits zwei Erkenntnisse ab: erstens, die Bedeutung der digitalen Kanäle an sich steigt ungebrochen und zweitens, eine Verknüpfung beider Kanäle muss her. Verlängern wir Mobile und Desktop jetzt auch noch in den stationären Handel, erweitert sich die Anzahl potenzieller Kanäle erheblich - denn natürlich beeinflusst das Online-Surfverhalten auch das Offline-Kaufverhalten und umgekehrt. Für Marketingexperten ist spätestens hier klar: der (potenzielle) Kunden kommt an zahlreichen Punkten mit einer Marke in Kontakt - wo holen sie ihn also am besten ab?
Mobile-first ist gut, Consumer-first ist besser
Um sich in diesem dichten Dschungel digitaler und stationärer Wege behaupten zu können, müssen Werbungtreibende in erster Linie ein einzigartiges Marken- oder Produkterlebnis für jeden User schaffen - egal, in welchem Kanal dieser sich gerade bewegt. Und schon sind wir bei einer der größten Herausforderungen für eine nachhaltige Marketingstrategie: die Konsistenz und Agilität über alle Kanäle hinweg sicherzustellen.
Wie können sich Werbungtreibende dieser Herausforderung nun am besten stellen? Zugegeben, eine leichte Aufgabe ist das nicht, angesichts der Komplexität des digitalen Marketings und des Wettbewerbs. Allerdings sind Werbungtreibende bereits sehr gut beraten, wenn sie die folgenden vier Kernelemente gut im Blick behalten.
Mobile-first ja, aber Consumer-first ist noch besser: Viele User verbringen mittlerweile viel mehr Zeit auf ihren Smartphones und Tablet als an Desktop-PCs - sei es in Apps oder auf mobilen Webseiten. Folglich müssen Werbungtreibende verstehen, dass sie ihre Angebote und Kampagnen eben auch für Mobile optimieren und in ihre Strategien integrieren müssen. Aber Vorsicht: Nicht das Gerät per se sollte im Fokus stehen, sondern die User Experience, also die Art und Weise, wie sie direkt genutzt werden. Denken wir an Steve Jobs, als er sagte: "Du musst mit der Consumer Experience beginnen und dich dann rückwärts zur Technologie arbeiten - und nicht umgekehrt".
Genauer Blick auf die Zielgruppen
Eine "Consumer-first"-Strategie beginnt daher immer mit einem genauen Blick auf die Zielgruppen und wie genau die eigentlich mit der Marke interagieren - von welchem Gerät aus sie surfen, wo sie sich lokal befinden, wie schnell sie auf Inhalte zugreifen, wie stark sie bereits an die Marke gebunden sind. Aus diesem Verhalten lassen sich wertvolle Erkenntnisse für die konkrete Kampagnenplanung ziehen, die auf den User zugeschnitten ist. Besonders erfolgreich können hier Mobile und Native Advertising sein. Denn dadurch fördern Werbungtreibende gleich zwei wichtige Bereiche: potenzielle Neukunden finden und die Beziehungen zu ihren Bestandskunden intensivieren und pflegen. Neue RTB-Exchanges und Netzwerke stellen mühelos das passende Inventar zur Verfügung, so dass sich Marketing-Experten voll und ganz auf das Wesentliche konzentrieren können - nämlich das Publikum, das sie wirklich erreichen wollen, und zwar in Echtzeit.
Mobile Anwendungen werden weiterhin ein wichtiger Bestandteil vieler Strategien sein. Investitionen in Mobile Advertising wachsen immer noch schnell - eine aktuelle von Kenshoo zeigte, dass die Ausgaben für mobile Facebook-Werbung in der zweiten Hälfte des Jahres 2014 kontinuierlich wuchsen und im November einen Rekordwert von 234 Prozent erreichten. User also auf eine App aufmerksam zu machen und sie zum Download zu bewegen, ist nur der Anfang. Werbungtreibende müssen dort ansetzen und sicherstellen, dass die Kunden bleiben, mobile Angebote regelmäßig verwenden und so eine langfristige Beziehung zu Unternehmen und Marke aufbauen - und so den Unternehmenswert steigern. Wie wichtig das ist, machte Compuware kürzlich deutlich: nur 16 Prozent aller User testen eine App mehr als zwei Mal, bevor sie sie von ihren mobilen Geräten löschen.
Konsistenz auf allen Kanälen
In einer "Omni-Channel-Welt" erleben Kunden Produkte und Marke nahezu immer und überall. Sie sehen Anzeigen in ihren Facebook-Newsfeeds, oder auf Google, auf Twitter, auf der offiziellen Unternehmens-Website und auch offline auf einer Plakatwand auf dem Weg zur Arbeit. Nichts ist also wichtiger als Konsistenz in allen Kanälen zu gewährleisten. Einer weltweiten Kundenbefragung von SDL zufolge erwarten 90 Prozent aller Kunden, in jedem Kanal die gleiche Erfahrung mit Unternehmen und Marken zu machen. Andere Studien unterstreichen die Preissensibilität der User: weichen Online- und Offline-Angaben extrem voneinander ab, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie sich an anderer Stelle umsehen und zur Konkurrenz wechseln.
Diese Konsistenz zu erreichen, mag schwierig erscheinen, zahlt am Ende aber auf die wichtigsten Punkte ein: die Ansprüche und Wünsche der Kunden zu treffen und gleichzeitig eine hochwertige Experience zu liefern - egal in welchem Kanal. Dabei kann eine integrierte Kommunikation von Preisen, Verfügbarkeiten und Botschaften sehr helfen. Ein Beispiel: Intelligente Technologien erstellen auf der Basis der leistungsstärksten Produkte eines Onlineshops und/oder von Google Shopping-Kampagnen automatisiert Facebook-Anzeigen und tragen sie ins soziale Netzwerk. Werbekunnden müssen somit nicht mehr jede Facebook-Anzeige für jedes Produkte einzeln erstellen, sondern bewerben nur die mit der höchsten Nachfrage und besten Performance.
Die heutige Customer Journey ist immense komplex
Attribution hilft, das Budget im Gleichgewicht zu halten: Die heutige Customer Journey ist immense komplex und beinhaltet zahlreiche Touchpoints über mehrere Kanäle hinweg, die letztendlich alle zur Conversion führen sollen. Marketer müssen daher die relativen Auswirkungen jeder einzelnen Interaktion in jedem Kanal verstehen, um ihre Strategien entsprechend planen und abstimmen zu können. Nicht zu vergessen, sicherzustellen, dass Werbebudgets in wirklich alle Kanäle fließen, die eine Konvertierung begünstigen.
Attribution spielt hierbei eine große Rolle - richtig eingesetzt, kann sie den echten Customer Path zur Conversion aufzeigen und abbilden, wie wichtig welcher Kanal für diese Kaufentscheidung gewesen ist. Erkenntnisse wie diese wiederum sind entscheidend für Prognosen und künftige Investitionsentscheidungen - wo sollten etwa Ausgaben erhöht werden, wo nicht?
Bei zahlreichen Touchpoints aber verdichtet sich natürlich auch die Komplexität der Bewertung. Während viele Marketer mittlerweile verstanden haben, dass die Budgetzuweisung aufgrund des letzten Klicks (Last Touch Attribution) stark vereinfacht ist, ist der Weg zum Einsatz fortgeschrittener Lösungen noch lang. Laut einer Studie von Forrester Consulting (Cross-Channel Attribution Must Convert Insight Into Action) nutzt nur jeder neunte Advertiser solche neuen Lösungen. Etwa ein Viertel (23 Prozent) dagegen verlässt sich noch immer auf die Single-Klick-Modelle, die entweder den ersten oder den letzten Klick begünstigen.
Die gute Nachricht: Marketer haben zunehmend Zugang zu mehr und besseren Daten - über Kunden und deren Surf- und Kaufverhalten - und auch die Technologielösungen, um die Daten in Echtzeit zu verwerten. Dadurch wird es zunehmend leichter, wirklich ganzheitliche Cross-Channel-Attributionslösungen zu entwickeln, die das Budget auch wirklich dem richtigen Punkt entlang der Customer Journey zuweisen. Weg mit den Silomauern - Kunden möchten nicht mehr nur länger auf einen Kanal begrenzt interagieren. Die moderne Customer Journey ist grenzüberschreitend und kennt keine Silos.
Targeting-Goldgrube
Daten, Daten, Daten: Mehr digitale Kanäle bringen aber auch enorme Mengen an Daten zu Tage. Werbungtreibende müssen ihre analytischen Fähigkeiten nutzen, um sie in aussagekräftige Informationen zu verwandeln, um die Multi-Channel-Customer Journey noch besser zu verstehen. Doch obwohl es eine Fülle von Daten gibt, finden es viele Marketer schwierig, damit zu arbeiten. Eine Lösung kann sein, genau zu beobachten, welchen Einfluss eine Aktion in einem Kanal auf eine Aktion in einem anderen Kanal hat. Über "Intent-Driven Marketing" können Werbekunden beispielsweise konkrete Intentionen in den Suchmaschinen erfassen und den Interessenten und Kunden bis auf Facebook folgen - und auch noch der eigentlichen Zielgruppe ähnliche Interessenten finden (Facebook’s Audience Network). Diese Search Intent-Daten sind auch sehr effizient, wenn sie in anderen Marketingkanälen ausgespielt werden, zum Beispiel Mobile oder Desktop. Viele Marken haben diesen Zusammenhang bereits erkannt - und die positiven Auswirkungen auf den ROI.
Fazit: Die Customer Journey ist um einiges komplexer geworden als sie es früher war. Es gibt viel mehr Touchpoints und Kanäle als zuvor. Positiv ist, dass Werbungtreibende nun Zugang zu viel mehr Daten über das direkte Kundenverhalten erhalten haben. Diese Erkenntnisse sollten sie dafür nutzen, die Journey noch besser zu verstehen und dementsprechend die Strategie zu planen. Da die Grenzen zwischen den einzelnen Kanälen immer starker verschwimmen, brauchen agile Marketer einen Multi-Channel-Ansatz, der den Consumer in den Mittelpunkt aller Planungen stellt.
